25 - Der blaue Blazer

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Jetzt hab ich letzten Donnerstag doch vergessen, euch den nächsten Titel zu verraten. Hätte aber die, die Rain II gelesen haben, auch ein bisschen gespoilert. Den blauen Blazer gab es nämlich dort auch. Also, falls sich noch jemand daran erinnert, seit gespannt: jetzt kommt der blaue Blazer. Und dann...?

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25 - Der blaue Blazer

„Wir machen heute einen Mädelsabend.", sagte Amélie am Freitag beim Frühstück. „Nur wir im Zimmer. Bist du dabei?"

Hope sah zwischen ihr, Sophia und Alina hin und her, die anderen beiden sahen sie erwartungsvoll an.

„Klar.", meinte sie dann und ärgerte sich darüber, sobald sie es ausgesprochen hatte. Seit drei Tagen schob sie ihren Entschluss, etwas in ihrer Beziehung mit Grischa zu verändern, vor sich her. Eigentlich hatte sie sich fest vorgenommen, sich am Freitagabend mit ihm zu treffen, aber jetzt bot sich die Gelegenheit, das noch einen weiteren Tag vor sich her zu schieben und Hope hatte, ohne zu zögern, zugeschlagen. Nun, vermutete sie, Samstag würde es sicher auch tun. Wobei, nein, Samstag war sie mit Jela verabredet. Also Sonntag, Sonntag ganz bestimmt.

Vermutlich hätte ihr ihre Abneigung dagegen, mit Grischa einen Schritt weiter zu gehen, einen deutlichen Hinweis geben sollen, dass etwas an diesem Entschluss ganz und gar nicht richtig war. Aber wann immer der Gedanke in ihren Überlegungen auftauchte, schob sie ihn entschlossen zur Seite. Sie war ein völlig normales, heterosexuelles, sechzehnjähriges Mädchen und Grischa war ihr Freund. Noch viel mehr, er war ein normaler, heterosexueller, sechzehnjähriger Junge und alle ihre Informationen über diese Kategorie Mensch wiesen eindeutig darauf hin, dass körperliche Intimität, in welcher Form auch immer, längst überfällig war, wenn sie ihre Beziehung dauerhaft am Leben halten wollten. Er hatte noch nie einen Hinweis gegeben, dass er diese Intimität vermisste und das sagte viel über seinen Charakter aus und erfüllte Hope mit großer Zuneigung für ihn, aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass er darauf wartete, dass sie endlich soweit war. Und Hope war so weit, sagte sie sich selbst mit fester innerer Stimme. Und zwar am Sonntag. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Freundinnen und dem geplanten Mädelsabend zu. „Was wollen wir machen?"

Sophia zuckten mit den Schultern und kratzte ihre Müslischüssel aus.

„Einfach quatschen, vielleicht eine Runde Mau-Mau spielen.", sagte sie und Hope schaltete recht schnell, dass es ihre und Amélies Idee gewesen war. Seit die beiden diese Modedesign-Geschichte am Laufen hatten, verbrachten sie ziemlich viel Zeit zusammen. Hope könnte sich jetzt als Amélies beste Freundin versetzt fühlen, aber das tat sie nicht. Im Gegenteil, sie war froh, kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, wenn sie viel Zeit mit Grischa und Jela verbrachte. Und Dienstagabend hatte ja bewiesen, dass Amélie durchaus ein offenes Ohr für sie hatte, wenn es darauf ankam.

Und während Sophia und Amélie in ihrem Zimmer eine Nähmaschine und Unmengen Stoff und Skizzenpapier ausgebreitet hatten und Hope mit Jela und/oder Grischa unterwegs war, hatte sich Alina einen Zwölftklässler angelacht, weshalb sie jetzt die meiste Zeit im Haus 8 zu finden war.

„Klingt gut.", kommentierte Hope die Vorschläge für die Abendplanung. „Wollen wir uns vorher gleich zum Essen verabreden?", schlug sie vor. Sie hatte wirklich Lust auf einen entspannten Abend, ohne sich über ihre Beziehung mit Grischa oder der seltsamen Spannung zwischen ihr und Jela Gedanken zu machen. Die anderen nickten, wenn auch Alina etwas widerwillig.

„Komm schon, Alina, du kannst deinen Schatzi sicher einen Abend vertrösten.", neckte Amélie sie und stupste ihr mit einer Banane gegen die Schulter.

„Tom ist nicht mein Schatzi.", protestierte Alina. „Er ist mein Schatz, wir sind in einer realen, erwachsenen Beziehung."

Hope schmunzelte. Das was sie von Alina und Tom mitbekommen hatte (was nicht viel war, da sie es grundsätzlich vermied, Pärchen allzu genau anzusehen), war weit von dem entfernt, was sie sich unter einer „realen, erwachsenen Beziehung" vorstellte. Aber das war ja nicht ihre Sache und offenbar hatte sie ja eh keine Ahnung, was eine echte Beziehung ausmachte, zumindest wenn man Amélies Mimik von vor drei Tagen Glauben schenkte. Sie trank den letzten Schluck Milch aus ihrer Müslischüssel und stand auf.

Schmetterlinge fürchten sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt