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Selbst, als ich die nächsten beiden Stunden überstanden hatte, ging mir der Mann aus der Kugel nicht aus dem Kopf. Ich hatte mit niemandem darüber gesprochen. Draco hatte mich auch nicht mehr darauf angesprochen, er meinte nur, dass ich pünktlich an unserem Treffpunkt sein sollte.

Da die letzte Stunde Kräuterkunde ohne die Slytherin-Schüler stattfand, musste ich mich tatsächlich beeilen nicht allzu spät dort zu erscheinen.

"Wohin so schnell, Edwards?!" Ich seufzte. Pansy hatte noch immer nicht aufgegeben auf mich einzureden und mich schlecht zu machen. Es war nicht so extrem wie das erste Mal, doch ihre ständigen Sticheleien gingen mir allmählich auf die Nerven. Ich hatte Draco noch immer nichts davon erzählt, nur Ginny und Hermine wusste Bescheid. Ginny war jeden mal kurz davor ihr Schnecken in den Rachen zu hexen, was ich wiederum ein wenig lustig fand.

"Was willst du, Pansy?" Arme vor der Brust verschränkend drehte ich mich zu ihr.
"Ich denke, das weißt du. Allerdings scheinst du es ein wenig vernachlässigt zu haben." Ihre Augenbraue hob sich. "Ich sage dir jedes Mal, dass du dich von Draco fern halten sollst."
"Ach und seit wann mache ich das, was du mir sagst?" Es reichte mir. Ich wollte ihr ein für alle mal klar machen, dass sie mich in Ruhe lassen sollte.
"Bis jetzt noch gar nicht, deshalb gebe ich dir jetzt noch einmal zu verstehen, dass Draco mir gehört." Sie öffnete den Mund, um weiter zu sprechen, doch ich unterbrach sie sofort.
"Draco gehört niemandem. Schon gar nicht so einer Giftnatter wie dir. Merkst du nie, wie genervt er von dir ist?! Dass er froh ist, wenn er außerhalb deiner Reichweite ist?! Ja, er war mit dir auf dem Ball, aber das auch nur, weil sonst niemand mehr übrig war. Du wärst nie seine erste Wahl!" Ich atmete tief durch und blickte zu ihr. Sie war sprachlos und irgendwo auch verletzt.
Einen kleinen Moment tat sie mir leid, doch nach allem, was sie mir die Wochen über an den Kopf geworfen und über meine Eltern gesagt hatte, verschwand dieses Gefühl schnell wieder. Ich wollte nie jemanden schlecht reden, doch sie war der Teufel in Person. Man wusste nie, was sie als nächstes plante.

"Du... Du... Du Hexe!" rief sie sauer, hatte Tränen in den Augen. Sie stampfte auf den Boden, machte auf dem Absatz kehrt und lief davon.
Ich wollte nicht sagen, dass es gut getan hatte, doch irgendwie tat es das. Es war schön, sich das alles mal von der Seele reden zu können. Außerdem sollte sie mal merken, wie es ist, so behandelt zu werden, wie sie zu allen war.

Einen Augenblick lang sah ich in die Richtung, in die sie verschwunden war. Bis mir einfiel, warum ich überhaupt unterwegs war. Draco.
Sofort machte ich mich schnellen Schrittes auf den Weg zum Astronomieturm.

Dort angekommen stand die Tür einen Spalt auf. Der Blondschopf war also schon da.
Kurz bevor ich ganz oben ankam, stoppte ich und atmete tief durch. Die Treppen würden mich noch irgendwann umbringen.

"Ava?" Seine Stimme hallte durch den gesamten Turm. Ich stieg auch die letzten Stufen hinauf und wurde von seinem warmen Lächeln empfangen.
"Tut mir leid, ich bin spät..." entschuldigte ich mich, doch er schüttelte nur den Kopf und hielt mir seine Hand entgegen.
"Komm zu mir." Also ergriff ich diese und trat näher an ihn heran. Seine Finger schwitzten etwas, er wirkte nervös.
"Worüber wolltest du reden?" Wir nahmen auf einer Steinmauer Platz, unsere Hände trennten sich nicht und unsere Knie berührten sich.
Ich bemerkte, wie er einen tieferen Atemzug nahm.
"Ich wollte dich etwas fragen..." fing er an.
"Dann frag mich." Ich lächelte. "So schlimm wird es schon nicht sein." Doch er zuckte nur mit den Schultern.
"Kommt drauf an, was du dazu sagen wirst."
"Frag schon." forderte ich leicht lachend und piekste ihm dabei in den Bauch. Er gab ein gespieltes 'Aua' von sich, fing sich aber schnell wieder.
"Ich hab überlegt, weil wir uns echt super verstehen und so..." Er rang mit Worten, wollte anscheinend ja nichts falsches sagen. "Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht über die Feiertage mit zu mir nach Hause möchtest...?"
Er sprach so schnell, da musste ich erst kurz überlegen, ob ich ihn richtig verstanden hatte.
"Wie kommst du darauf...?" Es war eine normale Frage. Immerhin hatten wir bis jetzt wirklich nicht mehr als Händchen gehalten. Und da wollte er mich schon seinen Eltern vorstellen, von denen ich sowieso nicht das beste Bild hatte durch seine und Harry's Erzählungen?
"I-Ich... Es war nur eine Idee... Ich meine..." Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. Es war wahrscheinlich nicht das erste mal, dass er das hier oben machte, so, wie seine Haare schon aussahen.

Ich schnappte mir seine Hände, verschränkte unsere Finger miteinander.
"Beruhig dich, ja?" In der eigentlich kurzen Zeit, in der ich ihn kannte, hatte ich ihn noch nie so verunsichert gesehen. "Es ist eine schöne Idee. Nur habe ich meiner Tante schon gesagt, dass ich sie besuchen komme." Ich stockte kurz. "Und warum soll gerade ich mit kommen...?"

"Weil ich dich brauche." Es kam wie aus der Pistole geschossen. "Ich brauche dich jeden Tag. Es fällt mir jeden Morgen schwer, nicht gleich beim Frühstück zu dir zu laufen. Dich zu umarmen, dich einfach nah bei mir zu haben. Mein Tag wird schon besser, wenn ich dich nur schon aus der Ferne sehe. Und dann soll ich zwei Wochen ohne dich auskommen? Ich weiß, du hast es deiner Tante versprochen, aber wir könnten ja bis zum ersten Weihnachtstag bei meinen Eltern bleiben und danach zu deiner Familie...? Wäre das eine Option für dich?"

Ich war mehr als nur überrumpelt. Ich wusste und spürte, dass da mehr zwischen uns war. Und ich hatte schon länger gehofft, dass er auch so fühlte wie ich.

"Das... Das ist süß, Draco." Das Blut war mir schon lange in die Wangen gestiegen. "Warum hört es sich so an, als ob du mit zu meiner Familie kommen würdest...?"
"Weil ich das gerne machen würde, wenn es okay für dich ist? Glaub mir, ich hab so lange gewartet, endlich dieses Gespräch mit dir zu führen. Ich möchte alle... Menschen und Zauberer und Hexen aus deiner Familie kennen lernen. Ich will bei dir sein, wenn du Weihnachten feierst, wenn du einkaufen gehst, wenn du bei deinem Onkel arbeitest, wenn du lachst, wenn du weinst... Ich will mit dir zusammen sein, Ava... So richtig."

"So... So richtig...?" Mein Herz schien gleich aus meiner Brust zu springen. So etwas schönes hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Und ich hätte nie erwartet, dass solche Worte aus dem Mund des Schnösels aus dem Laden meines Onkel's kommen würde. Doch er war kein Schnösel.

Er drückte meine Hände und rutschte etwas näher. Seine Augen verließen meine nie.

"Ich hab mich verdammt nochmal in dich verliebt, Ava..." Es war nicht mehr als ein Flüstern, was mir eine Gänsehaut bescherte. Seine warmen Finger strichen mir eine Locke aus dem Gesicht. So viel Magie, wie in diesem Moment, hatte ich in keinem einzigen Augenblick gespürt, seitdem ich nach Hogwarts gekommen bin. In mir kribbelte alles.
Er wartete nur noch auf mein Okay.

"Ich mich auch in dich, Draco..."

Mit einer sanften Handbewegung wurde ich am Nacken zu ihm gezogen. Seine weichen Lippen legten sich vorsichtig auf meine. Meine Augen schlossen sich wie von selbst, ich erwiderte den Kuss, so unerfahren ich auch war.

Aber es war der beste Kuss meines Lebens.

show me your side // Draco Malfoy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt