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Zwei Tage vergingen. Es war Heiligabend, eigentlich ein sehr festlicher Tag. Doch für mich war es eine einzige Qual.

Noch vor einem Jahr saß ich friedlich mit meinen Eltern vor unserem Tannenbaum und hatte heiße Schokolade geschlürft.
Bei den Geschenken hatten sie mir jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Ich war immer dankbar. Dachte, dass so ein Weihnachtsfest selbstverständlich war.
Doch das war es nicht.

Stattdessen saß ich auf meinem Bett im Gästezimmer meines Onkel's und drehte das Geschenk für Draco nun schon ein viertes Mal in meinen Händen.
Ich hatte lange darüber nachgedacht. Auch, wenn wir uns nicht lange kannten oder lange zusammen waren, wollte ich ihm, bis vor ein paar Tagen, etwas besonderes schenken.

Die ganze Situation zerriss mich.
Ich hatte niemandem erzählt, was passiert war. Womöglich ein Fehler. Meine Mutter meinte immer, ich solle nicht alles in mich hinein fressen.
Aber ich konnte der Schwester meiner Mutter schlecht erzählen, dass ich mit den wahrscheinlichen Mördern meiner Eltern Kontakt und sogar mit ihnen zusammen gegessen hatte.

"Ava? Kommst du runter? Das Essen ist fertig!" hallte es durch den Flur, was mich zum zusammen zucken brachte.
"Ich bin gleich da!" erwiderte ich, stand auf und verstaute das kleine Päckchen wieder in meiner Reisetasche.

Ein Schatten flog an meinem Fenster vorbei. Verwirrt trat ich einen Schritt darauf zu.

Einen Moment war es still.

Bis Errol, die Eule der Weasley's, plötzlich wieder vor meinem Fenster auftauchte.
Überfordert blinzelte ich sie an.
Sie wirkte erschöpft, weshalb ich schnell das Fenster öffnete und sie sich auf meinem Bett fallen ließ.

Es sah so putzig aus, dass ich sogar wieder ein wenig lachte.
Ich half dem kleinen Geschöpf wieder auf die Beine und nahm ihm einen Brief ab.
Bevor ich diesen öffnete gab ich der Eule eine Kleinigkeit zu knabbern, sodass sie danach gleich wieder hell auf begeistert war.

Das beschriebene Stück Papier war mit einem schmalen Band zusammen gebunden. Das gelöst, rollte sich die Nachricht schon fast wie von selbst aus.
Ich erkannte sofort, dass es Hermine's Handschrift war.

Hallo Ava!

Warum sagst du nicht Bescheid, dass du von Malfoy geflohen bist?!
Wo bist du?!
Ich hoffe dir geht es gut!
Dein Herzblatt hat sich gestern hier bei uns eingenistet. Ron und Neville sind nicht so begeistert...
Aber Draco sucht dich, Ava... Er meint, er muss dir etwas erklären, was so nicht stimmt.
Was ist da zwischen euch passiert? Aus Malfoy bekommen wir alle nichts heraus!
Überhaupt ein Wunder, dass er einigermaßen normal mit uns spricht!

Melde dich bitte!

Hermine

Ich seufzte.

"Ava?" Zusammen zuckend blickte ich zum Flur.
"Bin auf dem Weg!" Ich ließ Errol wieder raus. Schickte ihn ohne einen Brief von mir wieder zurück zu seinen Besitzern.

Das Stück Papier, was er mitgebracht hatte, schob ich schnell unter mein Kissen und machte mich dann auf den Weg nach unten.
Wo ich an dem kleinen runden Esstisch Platz nahm.
Es duftete köstlich.

"Was hat denn so lange gedauert?" Mein Onkel war schon dabei sich etwas aufzufüllen.
"Ach, nichts wichtiges." wank ich ab und versuchte das Essen zu genießen.

Meine Gedanken schwirrten allerdings nur um den Brief und darum, dass Draco immer noch versuchte mir alles zu erklären.
Vielleicht hatte ich ihm doch Unrecht getan.

Doch konnte ich damit leben, dass seine Eltern Teil davon waren, meine zu töten?

Ich musste sicherlich nochmal mit ihm über alles reden. Das Thema würde mich sonst von innen heraus auffressen.
Vielleicht sollte auch ich zu den Weasleys apparieren, dann wäre ich zumindest nicht alleine, wenn das Gespräch wieder aus den Rudern laufen würde.

Der Abend verlief ruhig. Ich konzentrierte mich auf die Unterhaltungen mit meiner kleinen Familie. Hörte zu, bei den Dingen, die sie in der Zeit ohne mich getan hatten. Es war nicht viel, aber es lenkte mich sogar soweit ab, dass ich die nächste Nacht einigermaßen ruhig schlafen konnte.

Am nächsten Morgen konnte ich den gebratenen Speck schon in meinem Zimmer riechen.
Alle viere von mir streckend gewöhnten sich meine Augen an die Helligkeit, die durch die Jalousien strahlte.

Ich beschloss erstmal nach unten zu gehen, den Tag gemütlich anzufangen. Die Dusche konnte später noch mit meiner Anwesenheit rechnen.

"Guten Morgen." Aus dem Fernseher trällerten fröhliche Weihnachtslieder, ein paar Geschenke lagen unter dem Baum und der Frühstückstisch war auch schon gedeckt.

"Guten Morgen, Liebes." begrüßte mich mein Onkel und spähte über den Zeitungsrand herüber.

"Fröhliche Weihnachten, Ava!" rief Tante Lu aus der Küche und kam mit einem Teller voller Speck ins Wohnzimmer.
"Frohe Weihnachten, ihr Zwei." lächelte ich, band meinen Morgenmantel fester zu und nahm Platz.

Wir frühstückten zusammen, packten danach die Geschenke aus. Die beiden hatten ein paar warme Pullover für mich besorgt, für die ich mich sofort bei ihnen bedankte. Seit dem Kauf des Nimbus hatte ich so einige andere Ausgaben, wobei nicht mehr viel Geld für neue Klamotten übrig blieb.

Über die Süßigkeiten aus Hogsmeade freute sich besonders mein Onkel.
Meiner Tante hatte ich ein handbesticktes Geschirrtuch geholt, da sie diese sammelte.

Es war nichts großes, doch sie wirkten glücklich.

Als ich nach einer warmen Dusche wieder in mein Zimmer kam, stand meine Tante vor mir. Hermine's Brief in der Hand. Und sah mich ernst an.

"Das klingt danach, dass ihr Mal reden solltet."

Ich seufzte leise.

"Ich weiß, Lu... Aber das ist schwierig..."

"Nun ja, nicht alles im Leben ist leicht, das weißt du..." Sie setzte sich auf meinen Bettrand. "Aber ich denke, es wird sich lohnen das wenigstens aus der Welt zu schaffen... Ich dachte du liebst ihn?"

"Das tue ich auch..." murmelte ich und ließ mich neben ihr auf die Matratze fallen. "Ich überlege schon den ganzen Morgen, ob ich nicht einfach zu ihnen apparieren sollte... Aber es ist Weihnachten."

"Papalapap! Du gehst da heute noch hin! Ich halt's nicht mehr aus, deine traurigen Augen zu sehen!" Sie lachte und tätschelte meinen Oberschenkel. "Pack dir warme Sachen ein, ich mache dir noch eine Kleinigkeit zu essen und hole deine Geschenke hoch. Oh, und ich rede mit deinem Onkel. Aber der wird das auch verstehen." lächelnd gab sie mir einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder nach unten.

Da war also meine Entscheidung.

show me your side // Draco Malfoy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt