Der Vorfall

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Bevor ich aus meiner Starre erwachte ergriff Sirius das Wort und meinte : „Also so war das jetzt aber nicht geplant." Dieser Satz beendete meinen kleinen Schock und gefühlt tausende Gedanken und Fragen bildeten sich als ich Remus, Sirius, Peter und James dort vor mir sah. Aber natürlich war ich nicht geschockt, weil die Jungs hier im Gemeinschaftsraum waren, sondern wegen einer viel erschreckenderen Angelegenheit. Potters Schulter blutete stark und die Jungs sahen alle ziemlich mitgenommen aus. Sofort zählte ich eins und eins zusammen und mir wurde klar was passiert war, aber für Erklärungen war jetzt keine Zeit, denn je länger ich Potter dort verwundet sah, desto stechender wurde das Gefühl in meinem Brustkorb, welches sich verdächtig nach Sorge anfühlte.
Ich ging zügig auf Potter zu und schob die anderen Jungs beiseite, damit ich etwas mehr Platz hatte. Ich meidete bewusst Potters Blick, denn wir waren uns gerade doch sehr nah und irgendwie beunruhigte mich das aus unerklärlichen Gründen, aber ich verdrängte wie schon so oft das Gefühl und widmete mich Potters Schulter, denn dies war weitaus wichtiger in diesem Moment. Ich zog meinen Zauberstab, den ich glücklicherweise immer dabei hatte, und begann einen Heilzauber zu murmeln, den ich in einem Buch über magische Heilung gelesen hatte.  Sirius wollte sich einmal kurz zu Wort melden und wohl fragen, was ich dort gerade machte, aber Remus unterbrach ihn, denn er wusste, dass ich mich gerade konzentrieren musste und keine Störungen gebrauchen könnte. Potter hatte längliche Wunden, die aussahen als hätten scharfe Krallen sie verursacht und äußerst schmerzhaft aussahen, denn sie waren recht tief und bluteten sehr.
Potter machte keinen Mucks und ich war beinahe beeindruckt, dass er so.... tapfer war. Meine linke Hand lag auf seiner Schulter und mit der anderen richtete ich meinen Zauberstab auf die Wunde. Meine linke Hand fing an zu kribbeln und mir kam dieses Gefühl seltsam bekannt vor, aber dieses Gefühl musste ich ignorieren um halbwegs gute Arbeit zu leisten, denn Heilzauber fielen mir nicht ganz so leicht und ich hatte auch nicht sonderlich viel Übung dadrin. Ein paar Mal habe ich diesen Heilzauber schon bei kleineren Wunden angewandt und dort klappte es auch eigentlich ganz gut, aber diese Wunde konnte man nicht so ganz damit vergleichen. Aber es musste reichen.
Im ganzen Gemeinschaftsraum herrschte Stille, nur mein Gemurmel störte sie und ich spürte, wie die Blicke der drei Jungs gespannt auf meiner Arbeit lagen und ich konnte mir denken, dass auch sie sich sorgten.
Die Wunde schloss sich allmählich und hörte auf zu bluten, aber komplett konnte ich die Wunde nicht schließen. Ein wenig verärgert darüber, dass ich es nicht besser machen konnte, hörte ich auf zu zaubern und schaute nun doch kurz in Potters Gesicht. Wie zuvor war kein Schmerz in seinem Gesicht zu sehen, aber da war noch etwas anderes in seinem Ausdruck, er wirkte irgendwie dankbar und ... sanft. Wenn ich mich nicht täuschte, konnte ich sogar einen blassen, pinken Hauch auf seinen Wangen erkennen. Nach wenigen Augenblicken schaute ich aber auch schon wieder weg, stand auf und stellte mich ein bisschen entfernt von Potter und den Jungs auf. Ich spürte wie meine Wangen warm wurden und verfluchte mich dafür, dass ich Potter angeschaut hatte. Jetzt überkamen mich wieder diese gefühlten Milliarden Fragen, weil Potter sich so merkwürdig verhielt im Moment. Ich bemerkte ganz andere Seiten von ihm und dies verwirrte mich jedes Mal aufs Neue und ich wollte ihn doch auch garnicht weiter kennenlernen! Oder?
Ich hoffte inständig, dass man mir meine Gedanken nicht ansah und begann eilig alles auszublenden. „Ich habe Potters Wunden mit einem Heilzauber so gut es ging geheilt, aber um ehrlich zu sein habe ich in Heilzaubern nicht so viel Übung und deshalb ist die Wunde noch nicht ganz geschlossen. Tut mir leid, aber ich habe mein Bestes getan. Ich habe zwar schon eine Vorahnung, aber ich lasse euch trotzdem die Chance zu erklären was passiert ist.", sagte ich schnell und schaute die Jungs fragend an.
Nun ergriff Sirius das Wort und meinte : „Okay, also du weißt ja, dass Remus ein Werwolf ist und gestern Nacht war Vollmond. Als James,Sirius und ich es herausfanden, haben wir uns dazu entschieden Animagi zu werden um ihm bei seinen Verwandlungen beizustehen und für ihn da zu sein. Auch diese Nacht waren wir wieder bei ihm in unserer Animagus-Gestalt und heute hat James etwas abbekommen. Und in den Krankenflügel konnten wir nicht gehen, weil wir ja heimlich Animagi geworden sind und so alles auffliegen würde. Es wäre sehr gnädig von dir, wenn du uns jetzt nicht an Dumbledore verraten würdest. Außerdem wäre deine ganze Arbeit, für die wir dir sehr dankbar sind, dann ja sinnlos gewesen."
„Genau, da muss ich Sirius recht geben", fügte Peter hinzu und Remus sagte ein wenig bedrückt : „Tut mir leid, aber ich konnte das Risiko nicht eingehen, dass die drei auffliegen. Die Unannehmlichkeiten tun mir auch leid, aber vielen Dank für deine Hilfe, Lily."
Ich nickte langsam und meine Theorie, dass es etwas mit Remus' Werwolf-Dasein zutun hatte, hatte sich bestätigt. Nun schauten mich die Vier allesamt abwartend an und ich schüttelte den Kopf. „Ihr seid echt verrückt, wisst ihr das? Aber um ehrlich zu sein kann ich euch verstehen und auf der anderen Seite ist das auch eine ziemlich selbstlose und treue Aktion von euch gewesen. Letzteres begründet auch warum ich euch nicht verraten werde, also seid euch sicher, dass ich euer Geheimnis nicht  weitersagen werde. Es ist bei mir sicher.", sagte ich entschieden.
Mir waren Regeln zwar wichtig und ich nahm meine Rolle als Schülersprecherin auch sehr ernst, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich es nicht verraten sollte, denn ich hätte das Selbe für meine besten Freundinnen getan.
Ich schaute auf meine Uhr und bemerkte, dass bereits relativ viel Zeit vergangen war und bald die ersten Gryffindors in den Gemeinschaftsraum trudeln würden. Deshalb beschloss ich das Gespräch erst einmal zu beenden, meinte, dass die Vier jetzt auch in ihren Schlafsaal gehen sollten, bevor sie noch jemand anderes sah und machte kehrt um zu meinem Schlafsaal zu gehen. „Danke, Evans", sagte Potter plötzlich, ich drehte meinen Kopf zu ihm hin und sagte ein wenig lächelnd : „Nicht dafür. Seid das nächste Mal trotzdem vorsichtiger, bitte."
Ohne eine Antwort abzuwarten ging ich in Richtung Schlafsaal der Mädchen.

The Story of Prongs and Lils Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt