25.

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Als ich an meinem Ziel ankomme und aussteige bekomme ich direkt besser Luft. Ich schiebe mein Handy in meine Jackentasche und schließe diese dann durch den Reißverschluss, mein Autoschlüssel in der anderen Tasche.
Diesmal schon etwas leichter, klettere ich die Wand hinauf. Oben angekommen atme ich kurz durch und schließe die Augen. Es ist schön mal wieder hier zu sein, war ich ja gefühlt ewig nicht. Ich setze mich auf den kalten Boden und schaue auf die Stadt hinab.
Mein Handy habe ich auf Stumm geschalten, nachdem ich Rico eine Nachricht geschrieben habe. Ich habe geschrieben: "Bin etwas an der frischen Luft, bis später♡"
Das Einzige was ich höre, ist das leise Rauschen des Windes der durch meine Haare, über meine Haut und dieses Felsen streicht. Es ist so friedlich. Weit weg von all dem Lärm der Stadt. All den Nebengeräuschen Zuhause und allen anderen nervigen Dingen. Alleine sein ist auch mal wieder schön.
Doch so schön es hier oben auch ist, meine Tränen fließen schon. Sie bahnen sich langsam den Weg über meine Wangen und mein Kinn bis sie auf meine Hose tropfen und dort aufgesogen werden.

Ich sitze sicher schon eine Stunde hier oben. Ich weiß es nicht, ich will aber auch nicht nachschauen. Aber das stört mich nicht, eher im Gegenteil. Ich entspanne etwas, lasse meine Tränen trocknen und fühle mich dem Nah was mal war. Was irgendwie so viel besser war, als das was ich jetzt habe.
Ich ziehe aus meiner Tasche mein Handy und mache meine Playlist an. Meine spezielle 'lonely:)' Playlist. Das sind ein paar traurige Lieder von Adele, Lewis Capaldi, Shawn Mendes und anderen Musikern, die einerseits meine Stimmung unterstützen und sie zum anderen etwas heben.
Mit einem mal glaube ich, dass ich das Quietschen von Bremsen höre und stoppe kurz die Musik. Mir kommt schon der Gedanke, dass...
Also lausche ich kurz. Nichts regt sich nochmal, also mache ich nun wieder beruhigt meine Musik leise an.
Einen ganzen Song höre ich noch durch, als ich auf einmal jemanden hinter mir fragend höre: "Nati?" Ich drehe mich schnell und erschrocken um. Zu schnell. Ich rutsche etwas ab und versuche mich am Felsen festzuhalten. Dabei entfährt mir ein Schrei und ich halte mich panisch an der Kante fest. Ich weiß nur nicht, wie lange ich mich halten kann. Ich kenne die Stimme zwar, aber bin mir doch nicht ganz sicher. Erst als Zach über die Kante schaut, sehe ich, dass er es wirklich ist. Ja gut, wer außer uns kennt diesen Ort schon?
Er greift meine beiden Hände, die an der Kante liegen und zieht mich relativ schnell sogar wieder hoch. In den ersten Sekunden, als ich wieder oben bin, halte ich ihn noch etwas fest und versuche mich zu beruhigen. Langsam löse ich mich dann aus seinen Armen und flüstere: "D-danke." Er nickt nur, selbst geschockt von der Situation und ich mache schnell meine Musik aus. Während ich mein Handy wieder in meine Tasche gleiten lasse, gehe ich wieder ein paar Schritte zurück vom Rand. Zumindest so weit, bis ich an Zach anstoße.

Er fragt nun etwas skeptisch: "Was machst du hier oben?" "Darf ich nicht hier oben sein?" Frage ich etwas genervt. Ich will vor Zach nicht schwach wirken. Er zuckt mit den Schultern, deutet auf mein Gesicht und stellt fest: "Du, ähm, du hast geweint." Ich wische aus Reflex einmal über meine Wangen und Frage: "Was interessiert es dich? Du hältst mich doch eh für eine Hure, oder?" Sein Blick wird etwas anders. Das habe ich seit Monaten nicht so gesehen.
Seit Monaten sehe ich ihn das erste mal wieder etwas traurig gucken.

Er reibt sich den Nacken und sieht zur Seite während er beginnt zu sprachen, stoppt dann aber wieder: "Was das angeht..." ich sehe ihn weiter ernst an. Versucht er sich jetzt zu entschuldigen? Nein, das zieht nicht. Auch, wenn er die Schmolllippe machen würde, mich mit seinen funkelnden, perfekt, braunen Augen ansehen würde, auf Knien betteln würde, dass ich ihm verzeihe: Nein!
Ich sieht mich wieder an und fährt ruhig fort: "Das tut mir Leid! Ich war nicht ich selbst die letzten Monate. Ich dachte so könnte ich dich vergessen, aber..." Er macht eine lange Pause und ich frage leise nach: "Aber?" "Es geht nicht. Ich denke Nach wie Vor an dich. Jeden verdammten Tag." Ich sehe ihn an und fuck, seine Augen sehen mich mit so viel Reue an. Ich muss dem widerstehen, also sehe ich weg.
Sehr leise, fast wie ein Hauch fordert er mich auf: "Si-sieh mich bitte an, Nati."
Und wer hätte es gedacht? Mein verdammter Körper kommt dem einfach nach. Er flüstert nun gequält: "Ich kann es jetzt nicht mehr ändern, ich kann nur sagen, dass es mir leid tut, unendlich leid." Seine Augen sehen glasig aus und ich versuche ihm nicht sofort nachzugeben. Doch ehe ich weiter nachdenken kann, spricht mein Mund einfach die Worte aus: "Ist schon ok." Sein Mundwinkel zuckt einmal und er fragt einfach so, auch um vom Thema abzulenken: "Warum hast du geweint?" Nun drehe ich mich weg und antworte so fest es geht: "Ist egal." "Und genau, weil du das sagst, weiß ich, dass es das nicht ist." Stellt er skeptisch fest.

Ich atme einmal durch, drehe mich wieder um und beteure: "Es ist nicht wichtig. Wirklich. Ich brauchte Ruhe und kam hier hoch." Er formt seine Augen zu Schlitzen und fragt misstrauisch: "Wieso glaube ich dir nicht?" "Meine Güte, bitte. Wenn du wirklich Frieden willst, dann hake nicht weiter nach, ok?" Nun seufzt der Halbasiate mir gegenüber und nickt einmal. Er hält mir die Hand in und meint: "Frieden, aber diesmal richtig!" Nach einem kurzen Moment schlage ich ein und sage ebenso: "Frieden!" Wir beide lächeln leicht. Nur habe ich irgendwie das Gefühl, dass es nicht lange halten wird. Einfach, weil wir uns seit Anfang dieses Schuljahres so oft gestritten haben.

Zuhause wieder angekommen höre ich schon etwas in der Küche klappern. Mom macht Essen. Immerhin etwas anderes Positives. Ich hatte bis jetzt eh nur eine Banane und mein Rührei heute morgen. Es riecht nach Pizza. Im ganzen Haus riecht es danach. Ich hänge meine Jacke im Flur an den Haken und gehe in die Küche. Rico sitzt am Tresen und scrollt durch sein Handy, Dad ist wohl noch auf Arbeit und Mom schiebt gerade die 2. Pizza in den Ofen. Ich umarme kurz meine Mutter zur Begrüßung und gehe dann zu Rico. Ausnahmsweise habe ich etwas bessere Laune. Ich habe mit Zach geredet und Mom macht Pizza, wer hat da bitte keine bessere Laune? Rico flüstert mir zu: "Ich hatte eigentlich gehofft dich anzutreffen als ich aufgewacht bin. Wo warst du?" Während ich mir ein Glas Orangensaft nehme, antworte ich leise: "An der frischen Luft. Brauchte ich mal wieder." Er nickt und fragt nun: "3 Stunden lang?" Ich nicke nochmal bestätigend und kippe mir den Inhalt des Glases hinter.

Liberty  Love 2 - 13reaonswhy Fanfiction (in Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt