33 ~ Rettung ist unterwegs

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Cian warf in seinem Bett von einer Seite auf die andere – er konnte nicht schlafen. Leider wusste er nicht genau, an was es lag. Denn es gab mehrere Optionen: Einmal, weil er Angst vor weiteren Alpträumen hatte. Es ging gegen sein männliches Ego, das er sich so von seinen Ängsten und Befürchtungen beeinflussen ließ. Dennoch, gepaart mit seinen Erinnerungen war es keine gute Idee, die Augen zu schließen und sein Unterbewusstsein seine psychischen Probleme aufwärmen zu lassen.

Ein weiterer Grund war, dass ihn sein Chef vollkommen aus dem Konzept gebracht hätte. Victor Banks hätte ihm auch sagen können, dass alle Postboten eigentlich Marsmännchen waren und Marshmallows eigentlich die Hinterlassenschaften von Läusen waren. Es musste sehr dumm aus der Wäsche gekuckt haben, denn Nora vergaß für einige Augenblicke ihren Zorn und tätschelte beruhigend seine Wange.

„Mach dir nichts draus, Taluna weiß es auch nicht." An Banks hatte sie mit einem mörderischen Blick gewandt gesagt: „Und wenn es nach diesem Mistkerl gehen würde, hättest du es sicher nie erfahren."

Immer noch mit er Situation überfordert, rieb sich Cian übers Gesicht. Es erklärte so vieles, dass er sich im Nachhinein schämte, es nicht selbst herausgefunden zu haben. Banks hatte ihm nie Informationen über Teilnehmer des Schutzprogramms vorenthalten. Eigentlich war es sogar üblich gewesen, dass Cian ganz genau über die Verbindungsperson Bescheid wusste, weswegen ein Zivilist beschützt oder überwacht werden musste. Es war hilfreich, denn es grenzte oft den Kreis der Komplizen von PurHuman ein. Aber in all der Aufregung hatte er diese Abnormalität überhaupt nicht bemerkt.

'Jetzt wundere ich mich auch nicht, dass er mich zusammengestaucht hat. Wäre ich ihr Vater, würde ich auch einen Anfall bekommen, wenn ich herausfände, dass meine Tochter die Nacht bei einem meiner Mitarbeiter verbracht hätte.' Bei diesem Gedanken musste Cian fast lachen. Er hatte sich ablenken lassen, von seiner Paranoia ebenso wie von der reizenden Person, der er seinen Schutz hätte angedeihen lassen sollen.

'Dummkopf', schalt er sich und schloss seufzend die Augen.

Es war zwei Uhr in der Nacht, es waren also nur noch wenige Stunden, bis es ernst wurde. Dann musste er seinen Fehler wieder gut machen und alles nötige unternehmen, das Taluna freikam. Noras und Kathys Gesicht verfolgten ihn, ihre besorgten Mienen, die Panik in ihren Blicken und ihre unausgesprochene Hilflosigkeit. Es hatte ihnen keine Versprechungen machen können, nicht einmal ein „Alles wird wieder gut" hatte er sich erlaubt. Er musste sich eingestehen, dass er nicht wusste, ob wirklich alles wieder gut wurde.

'Selbst dann... Ich muss wieder zurück.' Zwischen Heyton und der Zentrale von Phönix – in einer kleinen Vorstadt – lag ein Flug von mehr als zwei Stunden. Sein Auftrag in dieser Stadt war beendet, wenn Taluna wieder auf freiem Fuß wäre. Sicher, er und seine Kollegen musste das Gebäude von PH unter die Lupe nehmen und vielleicht gelang es ihnen bei ihrer Befreiungsaktion, einige Widersacher gefangen zu nehmen. Dennoch, die Vorschriften waren eindeutig: Erledige den Auftrag und kehre zur Basis zurück.

Cian hätte fast gelacht, als Talunas Stimme durch seinen Kopf wehte: 'Scheiß auf die Regeln, komm spielen.'

Er würde gern mit ihr spielen, das wusste er jetzt ganz sicher. Er wäre sogar mit ihr zu dem Treffen ihrer Gemeinde gegangen, das am Freitag stattfand. Doch wenn alles gut lief, wäre er am Freitag wieder in seinem Büro und Taluna sicher Zuhause. Kein gemeinsamer Ausflug durch den nächtlichen Wald, keine Schmuseeinheiten auf dem Fußboden in seinem gemieteten Haus.

Mit Macht lenkte Cian seine Aufmerksamkeit wieder dahin, wohin sie auch gehörte. In zwei Stunden würden sie aufbrechen. Victor hatte detaillierte Anweisungen an Clara gegeben, die eine ganze Reihe von Dingen per Expressflieger zu dem kleinen Landeplatz bringen lassen sollte. Neben einer Ausrüstung, die sogar die Nationalgarde vor Ehrfurcht erbleichen lassen würde, würden sich auch allerhand andere nützliche Sachen in den Kisten befinden.

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