6 ~ Kollegen & Familie

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Es war ätzend. Und langweilig. Taluna wippte missmutig mit einem Fuß und sah aus dem Fenster. Draußen war schönstes Sommerwetter und sie saß im Büro fest. Die klimatisierte Luft war trocken und strapazierte ihre Lungen. Das typische Sommerloch kündigte sich an und Taluna hätte am liebsten geschrien. Gott sei Dank waren es nur noch zwei Stunden, die sie überstehen musste.

„Luna, es tut deiner Haut nicht gut, wenn du deine Stirn so in Falten legst." Susan sah sie tadelnd an und tippe sich an den Kopf.

Taluna winkte ab und drehte sich vom Fenster weg. „Du kannst dir dieses Gefühl nicht vorstellen Susan. Ich bekomme einen Käfigkoller."

Die rundliche kleine Frau hob fragend eine Augenbraue. „Ach ja? Kaut das Kätzchen wieder an seiner Leine?" Taluna warf ihrer Kollegin einen vernichtenden Blick zu, erwiderte jedoch nichts darauf.

Susan seufzte und strich sich die dunkelgrüne Bluse glatt, die sich über ihrem umfangreichen Bauch wölbte. „Warum gehst du dann nicht einfach früher? Du hast doch sicherlich einige Überstunden auf deinem Konto."

Taluna schüttelte den Kopf. „Das schon, aber die muss ich für den Herbst aufheben. Ich habe nicht mehr so viel Urlaub und meine Großmutter will, dass ich mit ihr ihre Schwester besuchen gehe."

„Armes Mädchen. Ich wünschte, ich würde auch mal wieder aus der Stadt rauskommen."

Verwirrt sah Taluna in die dunkelbraunen Augen ihrer Fotografenkollegin. „Warum machst du es nicht? Deine Kids sind doch schon groß – da wirst du sie ja wohl mal ein Wochenende allein lassen können."

Susan gluckste freudlos, als sie antwortete: „Vergiss es. Das faule Stinktier von meinem Ehemann bekommt seinen Hinten nicht hoch."

„Dann ist es jetzt also amtlich: Hier sitzen wir, eine Nairi und ein Mensch, und sind beide unzufrieden. Meinst du, wir bekommen dafür einen Preis?", scherzte Taluna und entlockte Susan ein kleines Lächeln.

„Vielleicht. Aber du müsstest schon noch einige Pfund zunehmen, damit wir zusammenpassen." Ihre Worte unterstreichend deutete Susan erst auf ihre Fettpölsterchen, ehe sie mit kritischem Blick Talunas schmale Taille musterte.

Diese verzog unwillig das Gesicht. „Du bist genauso schlimm wie Gloria. Immer müsst ihr darauf rumhacken, dass Nairi so schwer zunehmen."

„Ja, ist das ein Wunder? Wir Menschen plagen uns mit Diäten rum, während ihr dürren Geschöpfe euch einen Hamburger nach dem anderen reinpfeifen könnt. Es gibt keinen gerechten Gott..."

„Hey, ich esse gar keine Hamburger. Die sind ekelhaft." Ein kleiner Schauer lief Taluna über den Rücken, als sie an die vor Fett triefenden Buletten und matschigen Brötchen dachte.

Susan machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, ist ja auch egal."

„Ja, es ist egal. Könnten wir bitte das Thema wechseln?"

Einige Herzschläge schwieg Susan, ehe sie mit den Schultern zuckte. „Von mir aus. Oh, da fällt mir etwas ein..." Voller Tatendrang schnappte sich Susan ihre Computermaus, klickte einige Male herum, ehe sich der Drucker in Gang setzte. „Ich habe ein kleines Attentat auf dich vor", verkündete sie, als sie Taluna das Blatt auf den Schreibtisch legte.

Schnell überflog Taluna den Ausdruck und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. „Weißt du Susan, irgendwie hatte ich es im Blut, dass du deswegen noch auf mich zukommen würdest."

Ungerührt von Talunas Anschuldigung trank Susan von ihrem Eistee. „Und, machst du's für mich?" Talunas Blick ruhte auf Gregors Auftrag. Es handelte sich eine Mail von ihrem Chef, in dem er Susan bat, zusammen mit Eric einen Bericht über das Straßenfest zu verfassen, das am Wochenende stattfand.

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