Love Me Wild

28 ~ Der Feind erhält ein Gesicht

Es war erstaunlich, wie sehr sich selbst niedrige Luxusansprüche herabsenkten. Taluna war nie jemand gewesen, der sich als verwöhnt oder besonders anspruchsvoll beschrieben hätte. Natürlich, zu einer Yacht in der Südsee und ausschließlich Designerklamotten in ihrem Schrank hätte sie nicht nein gesagt – welche Frau würde das tun. Taluna war auch mit einfachen Dingen bisher immer zufrieden gewesen: Ein Sitzplatz in der Bahn, morgens stundenlang duschen und hin und wieder in ihr Lieblingsrestaurant essen gehen.

Nach einer halb durchwachten Nacht, ohne Bett oder Badezimmer, dazu noch hungrig und durstig, da sahen ihre Ansprüche anders aus. Eine Wasserflasche und eine einigermaßen saubere Toilette erschienen Taluna nun wirklich luxuriös. Leider war beides für sie so wenig vorhanden wie die Yacht. Ihr Fell hatte seinen Glanz verloren und ihre Nerven waren empfindlich strapaziert. Selbst das unerwartete Zirpen einer Grille würde sie drei Meter in die Luft springen lassen.

Ihre Ohren zuckten in Richtung Tür und sie unterbrach ihre rastlose Wanderung durch den kahlen Raum. Es näherten sich eindeutig Schritte, vielleicht drei oder vier Personen. Lauschend legte Taluna den Kopf schief und hörte auf zu atmen. Eindeutig, sie kamen immer näher. Sie erkannte sogar ein paar hochhackige Schuhe. Diese mussten der Frau gehören, die sie am vorigen Tag gesehen hatte. Ihr komplettes Fell richtete sich auf – sie hasste diese Person schon jetzt.

Taluna zog ihre Nase kraus, als sie den süßlichen Duft eines schweren Parfums wahrnahm. Kein Nairi trug Parfum und auch viele Menschen, die oft mit ihnen zutun hatten, verzichteten darauf. Gloria verzichtete Kathy zuliebe sogar auf parfümiertes Waschmittel.

'Na, die werden auf meine Nase sicher keine Rücksicht nehmen', dachte Taluna. Ungeduldig starrte sie die Tür an, wartete darauf Gesellschaft zu bekommen. Aufgrund des Klangs der Schritte war sich Taluna sicher, dass die Frau von drei Männern begleitet wurde. Innerlich stöhnte sie. Sie war als Hybrid nicht wirklich nackt, dennoch ließ ihre Erscheinung der Fantasie wenig Spielraum.

Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als die Tür geöffnet wurde. Tatsächlich war es so, wie sie vermutet hatte: Hinter der blonden Menschenfrau standen drei Männer – bis an die Zähne bewaffnet. Taluna hätte sie gern gelacht, wenn sie nicht fürchten müsste, sich damit eine Ladung Blei einzuhandeln. Der Spruch, ob sich drei Männer vor einer einzigen Frau fürchteten, blieb ihr fast in der Kehle stecken.

„Treten Sie zurück", orderte die Frau an. Verständnislos starrte Taluna sie an. Ungehalten winkte die Blondine mit ihrer Hand Richtung Wand.

„Gehen Sie hinter die schwarze Linie."

'Ja ja', murrte Taluna still und tat wie ihr geheißen. Was konnte schon Schlimmes passieren? Energisch drängte sie die Horrorvisionen zurück, die bei diesem Gedanken sofort auf sie einstürmten.

Die Frau trat ein und die Tür wurde hinter ihr geschlossen – was Taluna reichlich unvorsichtig fand. Offensichtlich waren die Rambos zu ihrem Schutz gewesen, warum also mussten sie vor der Tür bleiben, während diese Frau mit ihr alleine hier drin blieb? Ein seltsames Knistern ging durch die Luft und Talunas Haare stellten sich noch weiter auf.

„Nun, Ms Giordano", setzte die Blondine an und lächelte süffisant. „Mein Name ist Fiona Hopps, ich bin Leiterin der Abteilung Zielsetzung bei PH."

Taluna biss sich auf die Zunge – Fiona Hopps. Das hörte sich bestenfalls nach einer geistig minderbemittelten Friseurin oder Verkäuferin an – nicht das Taluna diesen beiden Berufsgruppen grundsätzlich keinen hohen IQ zutraute. Es war nur... der Name war lächerlich. Er klang niemals wie jemand, der mit Freuden unschuldige Nairi verschleppte und weiß Gott was noch antat. Wieder huschten Cians Narben durch ihren Kopf.

Still wartete Taluna auf weitere Ausführungen. Sie würde sicher nicht Smalltalk mit diesem Weibsstück betreiben. Das bemerkte wohl auch Ms Hopps.