„Nonna, du wirst es mir nicht glauben, aber ich habe gestern N-" Taluna unterbrach sich selbst, als sie den fremden Mann am Esstisch in der Küche entdeckte. Goldene Augen bohrten sich in ihre und sie beschlich ein seltsames Gefühl.
„Luna, sei nicht unhöflich. Ich hab dir doch von unserem neuen Nachbarn erzählt, nicht wahr?"
Taluna schnappte unauffällig nach Luft und nickte. „Mr Walker, das ist meine undankbare Enkelin Taluna", sagte Nora und sah ihr Kindeskind verwirrt an. Diese blinzelte einige Male und ließ Pixi auf den Boden, die sie von oben mitgebracht hatte. So hatte sie Zeit, sich zu sammeln, ehe sie mit dem Irren reden musste.
„Sehr angenehm", sagte sie gestelzt und lächelte ihm zu. An ihre Großmutter gewandt meinte sie: „Nonna, meinst du nicht, dass ein Wein ganz hervorragend zum Essen passen würde?"
„Du hast Recht, bin gleich wieder da." Als Nora an Taluna vorbei ging, zischte sie leise: „Sei nett." Taluna brummte nur und wartete, bis ihre Großmutter in den Keller verschwunden war.
Ohne Zeit zu verlieren ging sie auf den blonden Mann zu, stütze ihre Hände auf der Tischplatte ab und starrte ihm wütend in die Augen. Ihr Körper begann sich vor unterdrückter Wut zu verändern und als sie sprach, blitzen ihre Reißzähne auf.
„Ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen, aber hören Sie verdammt noch mal auf mir nachzulaufen."
Seine Pupillen waren so klein wie Stecknadelköpfe, als er sich langsam zurücklehnte. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden", betonte er mit ruhiger Stimme und ließ ihren Blick nicht los. Taluna drückte ihre Krallen in die Tischplatte und kam seinem Gesicht so nah, dass sich ihre Nasen beinah berührten.
„Reden Sie keinen Scheiß, Ihren Geruch würde ich überall wiedererkennen", fauchte sie und atmete tief ein. Sie zog sich schnell zurück, als sie Nora aus dem Keller kommen hörte. Gelassen strich sie ihren kurzen Faltenrock und das Tanktop glatt, das sich bei ihrer unfreiwilligen Verwandlung etwas verzogen hatte.
Als wäre nichts gewesen holte sie aus dem Schrank drei Gläser und stellte sie auf den Tisch. „Taluna, der Rotwein ist alle. Ich hoffe, ein weißer tut es auch."
Taluna lächelte ihre Großmutter an und meinte an den Irren gerichtet: „Es macht Ihnen doch sicher nichts aus, oder Mr Walker?" Er erwiderte ihr Lächeln, aber es sah aus, als hätte er so etwas schon lange nicht mehr getan.
„Nein, das ist kein Problem." Seine tiefe Stimme verursachte Taluna eine Gänsehaut. Am liebsten hätte sie ihm die Augen ausgekratzt. Der hässliche kleine Dämon namens Rache drängte sie dazu, ihrer Großmutter von Mr Walkers Verfolgung zu erzählen. Doch Taluna entschied sich dagegen. Sie würde auch so dafür sorgen, dass Nora ihn nicht wieder zu ihnen einlud.
~
Cian spürte den stechenden Blick der silbergrauen Augen, denen keine seiner Bewegungen entging. Nun konnte er sich vorstellen, wie sich ein Kaninchen fühlte, das von einer Raubkatze beobachtet wurde. Seltsamerweise brachte ihn das weniger aus der Ruhe als die sture Katze, die unter dem Tisch um seine Beine strich.
Er war erstaunt gewesen, wie fröhlich und ungezwungen die beiden Frauen mit ihm geredet hatten. Nora Giordano schien den mörderischen Blick ihrer Enkelin nicht zu sehen und war sichtlich erfreut darüber, dass sich Taluna so angeregt mit ihm unterhielt. Cian hätte es jedoch vorgezogen, in seinem dunklen Zimmer zu sitzen, als dieses Verhör über sich ergehen zu lassen.
Beide hatten ihn mit Fragen gelöchert und er hatte so viel geredet, wie in den letzten Jahren zusammen nicht mehr. Jedoch entschädigte ihn das köstliche Essen für alles. Lieferdienste produzierten Küchenabfälle im Vergleich zu der Lasagne auf dem Tisch.
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Love Me Wild
WerewolfIn einer modernen Welt leben Menschen und Gestaltwandler friedlich zusammen. Scheinbar. Die junge Panther-Wandlerin Taluna gerät mitten hinein in einen Konflikt, der seit Jahren unter der Oberfläche brodelt. Nur der Leoparden-Wandler Cian kann ihr h...