21 ~ Der Morgen danach

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Ein seltsames Knacken und Knirschen weckte Cian aus seinem leichten Schlaf. Er lag im Erdgeschoss auf dem Boden, noch immer ein Leopard. Verwirrt schüttelte er den Kopf und blinzelte einige Male. Als er neben sich blickte, entdeckte er die Ursache der ihm unbekannten Geräusche: Talunas Körper formte sich um, wurde länger und das Fell wich zurück.

Wenige Augenblicke später lag sie nackt neben ihm, wachte aber nicht auf. Stattdessen schmiegte sie sich an ihn und schlief weiter. Unschlüssig betrachtete Cian ihr Gesicht und die samtene Haut, die ihren Körper bedeckte. Der Kater in ihm forderte ihn dazu auf, sie in seine Höhle zu schleppen und nicht wieder raus zu lassen.

'Wie primitiv', schalt er sich, ließ den Gedanken jedoch nicht los. Schließlich war sie zu ihm gekommen und er hatte jedes Recht sie hierzubehalten. Und er wollte heute Nacht nicht allein sein, wollte sie um sich haben und sich an sie schmiegen.

Es war kein sexueller Impuls, der in ihm diesen Wunsch weckte – obwohl sein Blick wie magisch von ihrem wohlgeformten Körper angezogen wurde. Es war eher sein lang unterdrücktes Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit, das ihn antrieb.

Behutsam löste er sich von ihr und vollzog die Wandlung. Seine Materie setzte sich neu zusammen, das Raubtier zog sich in sein Innerstes zurück und er wurde wieder Mensch. Als er sie sanft vom harten Boden aufhob, öffnete sie für einen kurzen Moment die Augen.

„Sch sch, schlaf weiter", raunte er ihr zu und lächelte, als sie sich an seine Brust schmiegte.

Lautlos ging er zur Treppe, ließ die knarrende Stufe aus und trug sie ins Obergeschoss. Dort ging er zielstrebig in sein Schlafzimmer und legte sie auf das großzügig bemessene Bett.

„Sei anständig, ja?", murmelte sie schläfrig und zog die dünne Decke über sich, die er ihr reichte.

Ein spitzbübisches Lächeln erhellte sein Gesicht, als er sich zu ihr legte. „Ich bin immer anständig."

„M-hm", machte sie und legte ihm eine Hand auf die Brust. Fasziniert beobachtete er ihre Finger, die kleine Kreise auf seine Haut malten und seine Zellen zum Kribbeln brachten.

„Schlaf gut", flüsterte er und legte seine Hand auf ihre. Als er die Augen schloss, hatte er seit langem keine Angst mehr vorm Schlafen.

~

Taluna erwachte, als ein einzelner Sonnenstrahl auf ihr Gesicht fiel. Sie begann sich zaghaft zu bewegen und hielt inne, als sie einen warmen festen Körper an ihrem Rücken fühlte. Sie drehte ihren Kopf und blinzelte Cian verschlafen an. „Gut geschlafen?"; fragte er und lächelte sie an.

„Ja, danke." Sie sah an sich herunter und lachte leise. Doch anstatt sich über die Tatsache, dass sie beide nichts anhatten zu beschweren, drehte sie sich um und sah ihn an.

„Und du?", fragte sie und sah ihn genau an. Er wirkte entspannter, der lauernde Ausdruck war aus seinem Gesicht verschwunden und er sah sie ruhig an.

„Wunderbar... Man sollte ein Schlafmittel nach dir benennen."

Unwillig verzog Taluna das Gesicht und boxte gegen seine Schulter. „Das war nicht nett, dabei war ich so lieb zu dir", murrte sie.

Cian lachte leise und wollte sie näher zu sich ziehen, doch sie drückte die Hände gegen seine Brust. „Nichts da, ich bin beleidigt."

Cian seufzte und sah sie lediglich an. Ohne ihr Zutun rutschte Talunas Blick über seine Lippen, den Hals hinunter bis auf sein Brustbein. Sie runzelte die Stirn, als sie viele kleine und größere Narben entdeckte. Vorsichtig zeichnete sie die dünnen Linien nach.

Das Narbengewebe war empfindlich und Cian nahm ihre Berührungen überdeutlich wahr. „Armer Kater", wisperte sie und sah ihm in die Augen. Ihr Haar war zerzaust und ihre Augen sahen in so intensiv an, als könne sie direkt in seine Seele blicken.

Love Me WildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt