Love Me Wild

7 ~ Anfängerfehler passieren...

Es roch muffig in dem stillen Raum. Von diesem unangenehmen Geruch geweckt, schlug Cian widerwillig die Augen auf. Das rote Licht des Digitalweckers erhellte den kleinen Raum und erschuf unheimliche Schatten. Halb fünf Uhr morgens – eindeutig nicht Cians normale Schlafenszeit. Doch er musste sich wohl oder übel wieder umgewöhnen. Er konnte die Zielperson nicht nachts beschatten, wenn sie schlief. Auch wenn es ihm schwerfiel, musste er seinen Biorhythmus wieder dem der Tagaktiven anpassen.

Dennoch hielt er es keinen Moment länger mehr in dem ungewohnten Bett aus. Er hatte gar nicht erst gefragt, wie Clara so schnell die Möbel und sonstigen wichtigen Sachen organisiert hatte, die man für eine Wohnung brauchte. Den ganzen gestrigen Tag hatte er damit zugebracht die Möbel aufzubauen, die Schränke und einzuräumen und seinen eigenen Kram zu verstauen.

Das Bett knarrte unter ihm, als er aufstand und zu dem Fenster ging. Gierig sog er die kühle Nachtluft ein und ließ seinen Blick über den verwilderten Garten schweifen. Er hatte absichtlich kein Zimmer mit Blick zur Straße gewählt. Dadurch konnte er zwar nicht sehen, was dort los war, doch im Gegenzug konnte ihn auch niemand so leicht beobachten.

Um seine unterdrückte Paranoia zu beruhigen, hatte er den Garten mit Bewegungssensoren ausgestattet. Sobald eine Lichtschranke an den strategisch günstigen Punkten durchbrochen wurde, schlug sein Pager Alarm. Somit war es so gut wie unmöglich, unbemerkt das Grundstück zu betreten. Magisch wurden seine Augen zu den beiden Narben an seinem Unterarm gezogen.

Sie zeichneten ihn in jeder Gestalt, die er annahm. Ebenso die vier langen auf seinem Rücken. Tattoos wurden zwar von dem Fell verdeckt, wenn ich ein Nairi verwandelte, doch Narben, Brandmale und Piercings blieben erhalten. Sie verrutschten zwar etwas, doch es wuchs kein Pelz über ihnen. Cian konnte alles ablegen, wenn er zum Tier wurde – nur diese Kennzeichnungen blieben ihm für immer erhalten.

Hätte er sich vor den großen Spiegel des Kleiderschranks gestellt, hätte er wohl noch mehr Narben gefunden. Zwei verheilte Einschüsse an der rechten Schulter, eine dünne Linie von einem Messer am unteren Bauch und eine Brandnarbe am rechten Oberschenkel. Diese bleibenden Eindrücke erzählten von seiner Zeit im Außendienst.

„Bravo, und jetzt bin ich wieder zurück", flüsterte er und ging vom offenen Fenster weg. Bekleidet lediglich in Shorts ging er aus dem Zimmer und hinunter ins Erdgeschoss. Er hatte beinah zwei Stunden gebraucht, um das Haus auch im Dunkeln in- und auswendig zu kennen. Aus den Fluren hatte er alle Stolperfallen entfernt und sich die genauen Positionen der anderen Möbel eingeprägt. Falls es nötig war, könnte er auch blind wie ein Maulwurf aus dem Haus finden.

Die vorletzte Treppenstufe ächzte unter seinem Gewicht. Durch ein kleines Fenster am Ende des Korridors fiel silbernes Mondlicht. Im Vorbeigehen öffnete Cian auch dieses Fenster und ließ die kühle Nachtluft ins Haus. In der Küche wollte er gerade die Hand nach dem Kühlschrankgriff ausstrecken, als er das Läuten seines Handys vernahm. Mit schnellen Schritten ging er ins Wohnzimmer und nahm das Gerät vom Couchtisch.

„Hier Walker, was gibt's Boss?"

Am anderen Ende der Leitung hörte man ein leises Lachen. „Ich hätte wissen sollen, dass Sie noch wach sind."

„Nicht noch Sir, sondern schon wieder. Ich muss schließlich meinen Rhythmus ändern." Cian ließ sich auf einen großen Sessel fallen. „Übrigens sagen sie Clara herzliche Grüße von mir. Ich weiß es zu schätzen, dass sie extra geruchsneutrale Möbel organisiert hat."

Cian war überrascht gewesen, als die Leute vom Umzugsdienst die Möbel hereingetragen hatten. Eigentlich hatte er sich schon auf den bestialischen Gestank der Industrie gefasst gemacht gehabt. Doch anstatt Pestiziden und Insektiziden war ihm nur ein leichter Zedernduft in die empfindliche Nase gestiegen.