Als Taehyung am nächsten Nachmittag zu Jimins und Yoongis Wohnung ging, nachdem er sich von Jeffrey verabschiedet hatte, stöhnte er innerlich, weil die beiden so aussahen, als wollten sie wieder mit ihm diskutieren. Die Besorgnis stand ihnen ins Gesicht geschrieben, sobald er durch die Haustür kam. Als er jedoch erklärte, dass Jeffrey geschäftlich fort war und er das Okay gegeben hatte, für die Dauer bei ihnen zu bleiben, waren beide erleichtert, und die Spannung ließ sofort nach.
"Das ist großartig!", freute sich Yoongi. "Sollen wir später bei dir vorbeischauen, um deine Sachen zu holen?"
„Ja, danke, das wäre gut. Ich hab nur das Nötigste in meinen Rucksack geworfen, bevor ich gegangen bin. Ich sollte bis morgen klar kommen, also keinen Stress. Ich will euch nicht nerven."
"Machst du nicht. Wir haben nicht viel vor, haben nur versucht, unsere wahnsinnige Menge an Hausaufgaben nachzuholen. Vier Kapitel bis morgen zu. Wie ist es bei dir? Hast du nichts für deinen Unterricht zu tun?", fragte Yoongi, als Jimin sich, mit seinem Astronomie-Lehrbuch auf dem Schoß, wieder auf die Couch setzte und nachdenklich am Ende eines Stifts kaute, während er die Seite vor sich durchlas.
„Mist. Ja doch. Stört es euch, wenn ich jemanden anrufe?", fragte Taehyung.
„Alter, ruf an, wen du willst. Du musst doch nicht fragen. Fühl dich wie zu Hause. Hast du eigentlich Hunger?"
"Ich habe immer Hunger", lachte Tae, als er Jungkooks Nummer wählte und Yoongi aufsprang, um etwas essbares aus dem Kühlschrank zu holen. Als der Anruf entgegengenommen wurde, konnte Taehyung das kleinen Lächeln, dass seine Lippenwinkel umspielte, nicht vertuschen. „Hey, Jungkook? Hier ist Taehyung. Hallo. Wie geht es dir? Hör mal, ich habe mich gefragt... ähm... was hast du später vor?" Er ließ sich auf den mit Anziehsachen überfüllten Stuhl in dem kleinen Wohnzimmer sinken und biss schüchtern auf seine Lippe.
~*~
Jungkook öffnete sofort die Tür, sobald er das Klopfen hörte. Er sprang von seinem Sitz auf der Couch und riss sie auf. Er hatte Taehyung nicht aus dem Kopf bekommen, seit er am Tag zuvor mit ihm gesprochen hatte. Besonders nachdem er herausgefunden hatte, dass dieser vorhatte, in der letzten Nacht nach Hause zu gehen. Er war unglaublich besorgt um ihn gewesen, obwohl er logischerweise wusste, dass es ihn nichts anging.Er war entschlossen, Taehyung nicht wissen zu lassen, wie sehr er sich um seine Sicherheit gesorgt hatte, da er sich bewusst war, dass einige seiner Ängste auf seine eigenen Probleme und das anhaltende Trauma seines Bruders zurückzuführen waren.„Taehyung. Hallo, komm rein ", sagte er, trat zur Seite und rieb sich unruhig den Nacken, während er ihn hinein winkte. Taehyung ging durch die Tür und sah sich in der kleinen, aber schönen Wohnung um - schöner als die von Yoongi und Jimin -, aber er vermutete, dass Jungkook und Namjoon aus wohlhabenderen Familien stammten.„Danke das wir hier proben können", sagte er, zog seinen Mantel aus und drapierte ihn ordentlich über einen Stuhl in der Küche.„Oh, überhaupt kein Problem, Mann. Es ist meine Wohnung, also ist es wirklich kein Problem. Namjoon wird wahrscheinlich bis spät in die Nacht mit dem Fußballteam weg sein und die Mannschaft geht normalerweise nach dem Spiel raus, um sich zu betrinken. Zumindest wenn sie gewinnen, was sie vermutlich tun werden." Er verstummte und versuchte nicht zu starren, aber untersuchte Taehyung so diskret wie möglich auf sichtbare Anzeichen weiterer Verletzungen.
Taehyung ließ sich jedoch nicht leicht täuschen, als er Jungkooks wandernden Blick bemerkte. "Jungkook, ich weiß was du da tust. Mir geht's gut. Es ist alles in Ordnung. Du hast mich gestern wirklich an einem schlechten Tag erwischt. Jetzt ist aber alles okay.", versicherte er ihm.
"Aber... du bist zu ihm zurückgegangen, oder?", fragte Jungkook leise und versuchte, die unangemessen intensive Besorgnis in seiner Stimme zu verbergen.
„Ja, ich bin nach Hause gegangen. Natürlich bin ich nach Hause gegangen und nichts Schlimmes ist passiert. Ich hatte eine wirklich tolle Nacht auf der Couch, wie der faule Arsch, der ich nun mal bin, mit gebratenem Hühnchen und Netflix Serienmarathon. Und ich fühle mich heute großartig. Zurück zur Normalität. Bist du bereit zu proben?"
Jungkook kämpfte innerlich darum, Taehyung nicht zu beschuldigen, blind für seine eigene Situation zu sein, besonders wenn sie ein verdammtes Theaterstück über etwas so schmerzlich Ähnliches spielen mussten. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Taehyung viel zu intelligent zu sein schien, um nicht die Gefahr seiner Lage zu erkennen.
Sobald er sich sicher war, dass er, wenn er den Mund öffnete, nicht anfing, den armen Mann zu beschimpfen, sagte er ruhig: "Ich weiß nicht, ob wir das machen sollten. Ich möchte dir keinen weiteren Schaden zufügen. Vielleicht sollten wir Minho sagen, dass wir an verschiedenen Stücken arbeiten müssen... "
"Warum? Ich finde unser Spiel großartig. Es ist wirklich mächtig und ich denke, wir werden einen großartigen Job machen. Und du wirst mir keinen Schaden zufügen. Egal was passiert. Ich schwöre."
"Aber..."
Taehyung trat näher, die Arme verschränkt und den Kopf gesenkt. Er sah Jungkook ruhig an und meinte: "Schau mal, es sollte keine Rolle spielen, aber wenn es dich beruhigt: Jeff ist für ein paar Tage nicht in der Stadt. Eine Geschäftsreise. Für eine Weile. Er ist nicht da. Ich bleibe bei Yoongi und Jimin."
"Wirklich?" Jungkook war zutiefst erleichtert und obwohl er es schaffte, ein breites Grinsen zu unterdrücken, welches auf seinem Gesicht zu erscheinen drohte, erreichte das Lächeln trotzdem seine Augen. Er blickte zu Taehyung auf, dem sanften Ausdruck seiner Augen, stark und hell, eingerahmt von dunklen, kräuselnden Wimpern, mit süßem Blick und offensichtlich selber sehr erleichtert von den Nachrichten.
Taehyung bekam ein komisches Gefühl, als er Jungkooks erleichterte Reaktion und das offensichtlich irrationale Verantwortungsgefühl des anderen Mannes bemerkte. Aus irgendeinem Grund hatte er das Bedürfnis, ihn zu berühren, ihn an sich zu ziehen, ihn in eine große Bärenumarmung zu wickeln und ihn davon zu überzeugen, dass wirklich alles in Ordnung war. „Ja wirklich. Ähm, wir müssen wirklich die erste Szene proben. Und das mal komplett.", lenkte er das Gespräch zurück zum Hauptthema.
Jungkooks Lächeln schwand aus seinem Gesicht und Tae konnte sehen, wie er das Drehbuch in seinem Kopf durchging und wie er versuchte sich zu erinnern, was die Regieanweisungen ihnen in der ersten Szene sagten.
Taehyung fuhr fort: "Wir haben darüber gesprochen. Es handelt sich nur um Schauspielerei. Und es ist für unsere Klasse. Wir brauchen beide diese Credits. Ich verstehe, dass du noch nicht mit Männern zusammen warst, Jungkook, und dass es ziemlich seltsam für dich sein muss, das zu tun, aber es ist okay, es einfach geschehen zu lassen."
Jungkook antwortete nicht, er schob nur seine Hände tief in die Taschen seiner Designerjeans.
"Sei Ryan", sagte Taehyung. „Nicht Jungkook. Und ich werde Parker sein. Minho wird uns diese Woche im Unterricht dazu bringen das vorzuführen, also müssen wir es proben. Deshalb habe ich angerufen. Wir müssen in der Lage sein, diese Szene zuerst alleine zu überstehen, bevor wir es vor allen anderen tun."
Jungkook scheute sich ein wenig, sein Mund hing offen und er stotterte: "Er wird uns die erste Szene im Unterricht vorspielen lassen? Es ist die schwierigste Szene!"
"Nein, ist es nicht. Es ist nur eine der physischsten Szenen. Alles was du tun musst, ist so zu tun, als würden wir gleich ficken. "
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Shouting out loud ➛ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ
FanficJungkook ist Student und schreibt sich im Theater Workshop der Universität ein. Er ahnt nicht, wie anspruchsvoll dieser ist und auf welche Weise es sein Leben verändern wird. Denn hier trifft er auf Taehyung, der ihn nicht nur mit seiner außergewöhn...