Mein Aschenbecher

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Ich wollte wirklich aufhören, über das alles nachzudenken. Aber es ließ sich einfach nicht abschütteln.
Was meinte Pedro mit seiner Warnung?
Vollkommen in Gedanken versunken starrte ich auf die Landschaft der vorüberziehenden, schlafenden Stadt.

Wieso konnte ich meine Gedanken denn nicht einfach ausschalten? Schließlich war es jetzt vorbei, also warum noch jedes Detail tot-denken?

Alles, was mich gerade ein wenig abzulenken schien, war die tröstende Wärme, die von Milo ausging. Ich war ihm so unglaublich nah und wollte eigentlich nie wieder fort von ihm.

Mein inneres Engelchen und Teufelchen schienen auf meinen Schultern zu diskutieren, wobei das eine an das Gute glaubte und das andere diesen Glauben bereits verloren hatte.

Das Engelchen sehnte sich nach Liebe. Nach diesem purem Glück, dass man beim Anblick dieser einen Person verspürte. Das Bauchkribbeln wenn man ihnen näher kam und dieses strahlende Funkeln in deren Augen, wenn sie einen ansahen.
Das ehrliche Lachen, dass sie dir aufs Gesicht zauberten und sogar dein tiefstes Inneres mit Freude füllte.

Das Teufelchen jedoch, war gefüllt von purem Misstrauen und Schmerz und wollte nur die dicke Mauer um mich herum erweitern. Es handelte aus reinem Selbstschutz.
Eine Flut von Angst schien die ganzen Hoffnungen wegzuspülen.
Ganz tief drinnen sehnte es sich auch nach Geborgenheit.
Jedoch ist diese Sehnsucht in Millionen Teile zersplittert.

Diese wieder aufzusammeln verursachte nur noch mehr Schmerzen, woraus sich schließen ließ, dass der einfachste Weg der war, den man alleine ging.

Kein Schmerz, keine Enttäuschung, keine Angst.

Doch meinem Gefühl nach, hatte das Engelchen gerade die Oberhand.
Irgendetwas an Milo zog mich viel zu stark an.
Als wäre er magnetisch. Ja, das traf es gut, denn egal wie stark ich versuchte, ihn wieder auf Abstand zu bringen, es zog mich nur umso stärker wieder zurück.

Und um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, ob es überhaupt Liebe war, denn dieses Gefühl war mir völlig fremd.
Pedro war der erste Junge gewesen, an dem ich Interesse hatte. Nachdem er mich dann wie Dreck behandelt hatte, war das auch vorbei.
Da war nicht mal die Chance gewesen, mich wahrhaftig zu verlieben.

Also.. Wie fühlte es sich wohl an? Ich würde alles dafür tun, es auch erlebt zu haben. Noch war ich jung. Und meine größte Angst war, alleine zu sterben.
Und trotzdem würde ich lieber meine größte Angst wahr werden lassen, als mich nochmal durch eine derartige Erfahrung, wie die mit Pedro, zu quälen.

Genau das löste aber Probleme aus. Meine zweitgrößte Angst war inzwischen nämlich, mich Menschen zu öffnen. Und das musste man nunmal tun, um sich verlieben zu können.
In den letzten Jahren hatte ich mich immer weiter zurückgezogen und mich von allem abgeschottet.
Übrig geblieben war eine Freya, die am liebsten für immer und ewig all ihre Gefühle verstecken wollte.
So dumm das auch klang, jemand musste mir zeigen, dass es ging.

Dass es möglich war, jemanden zu vertrauen.

Diese Wörter hörten sich sogar in meinen Gedanken komisch an.
Vertrauen war eine riskante Sache.

Vorallem wenn man bereits hautnah erfahren hatte, wie diese Menschen es missbrauchen konnten. Sich jemanden zu öffnen, machte einen angreifbar und davon hielt das Teufelchen absolut nichts.

Es tat mir schon fast selbst weh, meinen unausgesprochenen Gedanken zuzuhören. Ich wollte so gern wie all die Mädchen sein, die mit Sechzehn schon den perfekten Traumtyp gefunden hatten.

Ich dachte anfangs, ich wäre auch eines dieser Mädels, doch da hatte ich mich damals gewaltig geschnitten.

Und jetzt war ich hier. An einem völlig anderen Ort, in einem Auto mit fünf Personen, die eigentlich Fremde waren.

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