Freyas kleiner Absturz

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Milos Sicht:

"Das könnte ich dich auch fragen! Du trinkst dich hier in den Vollrausch, in einer fremden Stadt, ganz allein und setzt dich all den ekligen Typen aus, die hier alle auf dich geiern?! Und das zur Krönung in einem meiner besten Pullis!" rief ich besorgt und etwas aufgebracht. Die laute Musik war für meine besonders empfindlichen Ohren zu viel. Da war heute ein ganz schlechtes Timing.

Freya konnte sich schon fast nicht mehr auf den Beinen halten. Wieviel hat sie den getrunken? Hat sie wegen uns getrunken? Oh fuck.

"Erstens.. Wie hast ddu mich üüberhau-pt gefundn.." sie machte eine Verschnaufpause, "Zwwweitens! Meine Mum is hier irgendwo.. Uuund drittens habää ich gradd nee supaa Zeit mit nem netten und freundliichen Typn. Uund der.. schreit mich nich grundlos aan und schmeißt mich raus. Uuund eiggentlich bin ich seehr seehr sauer auf dich, alsoou will ich nicht mit dir.. reddeen!" hickste sie komplett fertig.

"Erstens, ich habe den Jeep orten können. Zweitens, ist deine Mum schon vor einer Stunde mit nem Typen abgehauen und das weiß ich weil sie zur Tür raus ist als ich reingekommen bin, und drittens bist du viel zu betrunken. Morgen bereust du es noch wenn du neben dem da aufwachst. Und ich bin nicht hier, um dein Babysitter zu sein, den du aber anscheinend brauchst, sondern um diese Sache zu klären. Aber das kann ich vergessen wegen deinen gefühlt 2 Promille im Blut!" sagte ich als ich sie näher an mich heranzog, hauptsächlich damit sie mich besser hören konnte.

"Laber doch kein Kabaaa!" gluckste sie herum.
In diesem Moment drohte die Kleine schon umzukippen, aber ich hielt sie am Arm fest." Lass mich los verdammt!" schrie sie wütend.

"Träum weiter!" raunte ich ihr mit harschem Ton zu und hielt sie mit meiner anderen Hand an ihrer Taille fest. "Dir geht's beschissen, und ich bring dich jetzt heim verstanden! Du hast genug getrunken."

Eine Träne rinnte ihre Wange hinunter. Hatte ich sie verletzt? Vorsichtig lockerte ich meinen Griff. Ihr Kopf blieb gesenkt.
"Schau mich bitte an Freya." bat ich sie. Keine Reaktion.

"Es tut mir leid" flüsterte ich ihr ins Ohr und drückte sie behutsam an mich.
Dieses kleine, zerbrechliche Wesen in meinen Armen trägt meinen Pulli. Sie ist trotz dem Fakt, dass sie mega fertig und hacke ist, so hübsch.

Ich konnte spüren, wie sie ihre Hände um mich schmiegte und ihren Kopf gegen mich lehnte. Eine halbe Ewigkeit standen wir so da.

Dann hob ich sie hoch und brachte sie weg von diesem Ort voller verrückten Betrunkenen. Meine Ohren fühlten sich fast taub an. Dass ich hergekommen war, war eine riskante Sache, aber ich hatte mich größtenteils im Griff.

Ich entschied mich, sie in das gegenüberliegende Hotel zu bringen, da sich Freya sonst erkältete, wenn ich sie jetzt noch mit dem Jeep durch die kühle Nacht nachhause fahren würde.

Die Frau an der Rezeption musterte mich kritisch, als ich Freya - welche die Augen geschlossen und ne richtige Fahne hatte - an meiner Brust gelehnt festhielt und mit der anderen Hand das Zimmer zahlte.
"Sie ist meine Freundin, keine Sorge, sie hat nur ein wenig zuviel getrunken." erklärte ich. Die Frau nickte.

Im Zimmer angekommen legte ich sie aufs Bett und deckte sie mit beiden Decken zu. Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht und sah zu, wie sie sich in die Bettwäsche kuschelte. Gegenüber von dem Bett stand eine kleine, unbequeme Couch, welche höchstwahrscheinlich mein Schlafplatz für diese Nacht war.

Ich wollte sie nicht erschrecken, indem ich so dicht neben ihr liegen würde, wenn sie aufwachte. Ich hatte Respekt davor. So gut kannte sie mich nicht und ich konnte mir gut vorstellen, dass sie nach den letzten Geschehnissen keine Nähe von mir wollte. Vorallem nüchtern.

Ich bereue es so sehr, wie Pablo und ich mit ihr umgegangen sind. Aber ich hatte zu dieser Zeit nur wenig Kontrolle über mich. Außerdem hatte Barbara uns mit ihrer Drohung ziemlich gestresst.

Wir waren der Grund, dass sie sich ins Koma saufen wollte und sich in Gefahr gebracht hatte.
Wütend auf mich selbst biss ich die Zähne zusammen. Der metallische Geschmack in meinem Mund verriet mir, dass meine Eckzähne sich ein Stück in mein Fleisch gebohrt hatten.

Die Barkeeper waren in diesem Club wohl die einzigen feinen Kerle. Der restliche Großteil war ekelhaft, genauso wie die Geschichten, die hier bereits passiert waren.

Aber als ich Freya und diesem Typen zusah, war es schon fast so, als hätte sie einen normalen, netten Mann gefunden. Sie sah glücklich aus. Deswegen wartete ich auch so lange.
Ich wollte ihr ihre Fröhlichkeit nicht zerstören. Schließlich war ich derjenige, der sie verletzt hatte.

Und jetzt lag sie da, in einem Hotelzimmerbett und schlief ihren Rausch aus. Hoffentlich können wir morgen das Ganze klären. Ich wollte sie nicht verlieren. Auf keinen Fall.

Leute kicherten auf dem benachbarten Balkon. Als ich das Fenster schloss, erkannte ich Amira mit diesem Typen.
Dann hatten wir ihre Mutter also auch schon gefunden. Ich schüttelte den Kopf. Was für ein chaotischer Tag!

Erschöpft ließ ich mich auf die Couch nieder und warf einen Blick auf den vollen Mond, welcher langsam hinter Wolken verschwand. Dieser verfluchte Vollmond.

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heyy!
Hier mal wieder ein etwas kürzeres Kapitel.
Was Freya wohl von all dem halten wird?

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