Der Typ mit den schwarzen Locken

325 11 0
                                    

Etwas schockiert starrte ich auf den Bildschirm und laß mir immer wieder aufs Neue die Nachrichten durch.

Von welchem Job redet er denn?
Und wieso hatte ich plötzlich das Gefühl, in Gefahr zu sein?
Es machte mich traurig zu hören, dass er womöglich nur wegen des "Jobs" meine Nähe gesucht hatte und nicht aus eigenen Interessen hier war.
Das alles war so ein verwirrendes Auf und Ab und nie konnte ich mir mit irgendetwas sicher sein.
Mochte er mich, oder war das alles nur gespielt? Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung.
Meine bereits vorhandenen Vertrauensprobleme waren gerade ins Unermessliche gestiegen und das stundenlange Kopfzerbrechen war bereits vorprogrammiert.

"Wem kannst du noch vertrauen, Freya?" flüsterte mein inneres Teufelchen mit rauchiger, schadenfroher Stimme.

Beunruhigt legte ich das Handy zurück.
Meine Gedanken kreisten unaufhörlich um dieses eine Wort. Der Job.
Wie sollte ich mir das jetzt genau vorstellen? Den Nachrichten zufolge war sein "Job" nämlich, auf mich aufzupassen. Aber wieso? Hatte das etwas mit den gefährlichen Wölfen zu tun, vor denen sie mich vielleicht beschützen wollten? Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken, als ich an den riesigen Wolf dachte, der mit Sicherheit nicht der einzige war.
Da war es.

Milos blutige Hände, die andere Person, die Scherben, meine Kratzer an den Füßen, die glühenden Augen des Wolfs und die von Milo.

Wie ein Kurzfilm spielte sich alles nacheinander ab und für eine Sekunde hielt ich die Luft an. Die Erinnerung an meinen Traum und die tatsächlichen Geschehnisse vermischten sich, als wären sie eins.
Ich sog scharf nach Luft, als mir bewusst wurde, welche Ähnlichkeit die Augen des Wolfes doch mit Milos hatten.

Im nächsten Moment verwarf ich meine Gedanken jedoch, da es mir viel zu absurd vorkam. Wie zum Henker kam ich denn bitte auf sowas? Vielleicht war meine übertriebene Serien-Sucht die Erklärung hierfür. Werwölfe, Vampire, Elfen,.. Alles nur ausgedachte Kreaturen. Ich hätte wirklich nicht so viel Fantasy gucken sollen.
Kopfschüttelnd ließ ich mich zurück in den Sand fallen und schloss die Augen.
Was verheimlichen mir die Salveros? Tun sie das überhaupt?

So neugierig wie ich war, wollte ich es schleunigst herausfinden. Irgendetwas ließ mich glauben, dass es nichts schlimmes war, jedoch konnte ich mir dem noch nicht ganz sicher sein.
Es war mir trotzdem schlicht und einfach unvorstellbar, dass Milo in irgendeiner Weise schlechte Absichten hatte. Seine Nähe fühlte sich - meinem Empfinden nach - viel zu gut und sicher an.
Aber vielleicht täusche ich mich wieder, was das Wesen eines Menschen betraf. Schließlich wäre das nicht das erste Mal.

Nach einigen Minuten hörte ich schwere Schritte im Sand, die mit der Zeit immer lauter wurden. Neugierig warf ich einen Blick in die Richtung der Laute und blickte in hysterisch glühende braune Augen, die mir immer näher kamen.
Erschrocken richtete ich mich auf und sah den zwielichtigen Typen mit großen Schritten auf mich und Milo zukommen.
"Milo?" hauchte ich nervös und sah mich zu ihm um. Mein Herz machte einen Satz, als ich bemerkte, dass niemand mehr neben mir lag.
Panisch suchte ich nach etwas, um mich verteidigen zu können.
"Da bist du ja! Diesmal ist keiner da, der dich rettet!" grummelte der Unbekannte und fing an, ekelhaft zu lächeln. Ich sprang auf und sah mich hektisch nach einer Verteidigungsmöglichkeit um, die mich vor dieser ungeheuren Person retten könnte.
Doch als ich zurück in seine Augen blickte, erstarrte jeder einzelne meiner Muskeln. Unfähig mich zu bewegen stand ich da und sah wie er sich in Zeitlupe immer weiter auf mich zubewegte, bis seine voluminösen schwarzen Locken vor meiner Stirn baumelten. Sein warmer Atem blies mir unangenehm ins Gesicht.
Ich stand unter Schock und war unfähig auch nur einen Finger zu rühren, als hätte er mich mit seinem psychotischen Blick fixiert.
"Erinnerst du dich an mich?" sagte er und grinste dabei dreckig.
Ehe ich mich versah spielte er mit meinen Haaren und ließ seine Finger an meinem Hals entlang gleiten, bis sie meinen Hinterkopf erreichten.
Als würde sich ein Stoß an Elektrizität in meinem Kopf verteilen, spürte ich diesen Schmerz. Einen bekannten Schmerz, den ich bereits an genau dieser Stelle verspürt hatte. Im nächsten Augenblick verschwamm meine Sicht und ich sah meine eigene Gestalt, am Strand, im Dunkeln. "Nein!" piepste ich, als mir die Erinnerung an jene Nacht vor Augen kam.
Meine Sicht wurde wieder klar und ich sah zurück in seine bösartigen Augen. Eine Träne kullerte mir über die Wange, als ich realisierte, wie hilflos ich ihm in diesem Moment ausgeliefert war. "Milo!" schluchzte ich und hoffte, er wäre noch in der Nähe.

who are you? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt