Doch ich würde nicht die sein, die aufgab

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Ich blinzelte meinem Onkel entgegen, während dieser nur auf den Boden starrte. Im Endeffekt dachte ich, er fühlte sich vielleicht etwas schuldig, da er das über Loki gesagt hatte. Andererseits wirkte er auch so, als würde er keine Worte finden, um sein Dilemma zu erklären. 

Ich ließ ihm Zeit, um zu antworten. Es verwunderte mich schon ein bisschen, dass ich plötzlich so geduldig war. Normalerweise platze ich immer vor Neugier und Warten war wohl keine meiner Stärken. 

Thor hob seinen Kopf und schaute in meine Augen. Dabei lächelte er. Dann holte er tief Luft und schaute wieder auf den Boden. 

„Weißt du, dein Vater und ich kamen nie sonderlich gut mit einander aus". Er seufzte. Ich hatte das Gefühl, dass es ihn schmerzte. Mehr als er womöglich zugeben wollte. 

„Loki ist -", er stockte und sah mir mitleidig in die Augen. 

„Loki ist eben Loki. Er ist nicht sonderlich einfühlsam und eher zurückhaltend"

Ich wusste, dass Thor die Dinge versuchte schön zu reden, oder zumindest nicht ganz so schlimm, wie es wohl war. Ich glaubte auch, dass er nicht wollte, dass ich Loki, meinen Vater, hasste, auch wenn ich das gerne getan hätte. 

Zu gerne wäre ich vor Hass blind geworden, vor Wut übergekocht, aber seltsamerweise fühlte ich nichts der gleichen ihm gegenüber. Loki hatte Menschen verletzt und wollte die Welt erobern, hatte mich alleine gelassen und meiner Mum einen Grund gegeben ihre Heimat zu verlassen, aber ich war nicht sauer auf ihn. Ich weiß nicht einmal wieso. Das Einzige, was ich wollte, war, ihn kennenzulernen. Das klang verrückt, das wusste ich, aber es war so. 

Um zurück zu Thor zu kommen, er starrte nun etwas verlegen den Boden an und ich spürte, dass er wohl Angst hatte, ich könnte erneut etwas über Loki fragen. Er wollte es nicht beantworten und irgendwo konnte ich das ja verstehen. 

Ich beschloss mir mein eigenes Bild machen zu wollen und entlastete so meinen Onkel gleich mit. 

Der einzige Hacken war nur, ihn dann besuchen zu müssen. Also so richtig mit ihm reden, ihm in die Augen schauen und alles. 

Wollte ich das denn? Ich glaube schon, aber das würde nicht einfach werden. 

„Hast du noch eine Frage?", riss Thor mich aus meinen Gedanken. Ich überlegte. 

Letztendlich schüttelte ich den Kopf. Ich glaubte sogar ein erleichtertes Seufzen seinerseits gehört zu haben und grinste.   

Thor drehte sich wieder zu mir und lächelte zurück. 

„Ich hätte nie gedacht diese Augen jemals mit so viel Herzlichkeit und Wärme sehen zu können", sagte er und mein Lächeln wurde noch größer. 

Etwas verlegen wand ich den Blick ab und strich mir eine Strähne hinter die Ohren. 

„Am - Am besten machst du dich einmal kurz frisch, im Bad liegen Klamotten für dich und Ich - ähm - also ich kläre die anderen mal etwas auf. Wir treffen uns dann draußen", sagte er zu mir und ging schon zur Tür. 

„Okay", murmelte ich leise und lächelte. Thor war wirklich sehr nett.
Dann war er auch schon weg und ich stand langsam auf. Für einen Moment drehte sich alles, doch nach einigem blinzeln war es auch schon wieder weg. 

Ich wusste nicht so ganz, was ich jetzt machen sollte, denn wo war denn das Bad? Abgesehen von der Tür durch die Thor verschwunden war, befand sich noch eine in dem Raum. Ich ging darauf zu und wie erwartet befand sich dahinter der Raum, den ich gesucht hatte. 

Auf einer kleinen Kommode lagen Klamotten. Waren das die für mich? Naja, also mal andere Klamotten könnte ich schon gebrauchen und sonst waren hier keine. Ich nahm sie also dankend an und dachte nicht weiter darüber nach. 

Daughter of a GodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt