Na toll

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Die Zeit zog sich in die Länge, als wäre sie eigentlich stehen geblieben. Immer noch stand ich da und sah in die grünen Augen von Loki. Ich wusste nicht, ob ich auf ihn zu gehen sollte oder nicht. Ob es besser war, die anderen hier wissen zu lassen, dass wir verwandt waren oder nicht. Er sollte entscheiden, wie es weiter gehen würde. Also blieb ich stur stehen und starrte ihn an – wobei ich versuchte meine Gefühle nicht sichtbar hervor kommen zu lassen.

„Und? Was hältst du von ihr?", unterbrach der Grandmaster freudig meine Gedanken. Er blickte abwechselnd zu mir und dann wieder zu meinem Vater.

Loki schien sich wieder gefasst zu haben und schaute mit einem Grinsen auf dem Lippen zu dem Mann auf der Bank. Angespannt wartete ich auf seine nächsten Worte.

„Sie ist hübsch". Das war es, was mein Vater sagte. Beinahe wäre mir die Kinnlade herunter gefallen. Das hatte er doch nicht im Ernst so gesagt oder? Diese Andeutung klang ja mal mehr als zweideutig, wenn man bedachte, in welcher Situation ich mich befand und ich war mir sicher, hier auf diesem Planeten würde man sie auch so verstehen. Was dachte er sich dabei? Er. Mein Vater!!!

Alles in mir zog sich zusammen und spannte sich noch mehr an. Meine Muskeln standen kurz vor dem Zerreißen und meine Zähne mahlten unschön aufeinander.

Doch noch bevor ich mir ernsthaft Gedanken über die Reaktion des Grandmasters machen konnte, antwortete er auch schon:

„Da hast du wohl Recht, mein Freund. Was hältst du von einer Vereinbarung? Die Gewinne von deiner letzten Wette werden dir in Form dieser schönen, jungen Frau ausgezahlt. Na, wie klingt das für dich?"

Wieder stockte ich, doch dieses Mal war es aus purem Zorn. Verkaufte er hier gerade wirklich ein Leben? Eine Frau? Und tat auch noch so, als wäre da absolut nichts falsches dran und es wäre das normalste der Welt. Was bildete sich dieser Sack bloß ein? Mit Sicherheit war ich nicht die erste, die er verkaufte und das machte mich umso rasender.

Obwohl in mir gerade ein Sturm entfesselt worden war, blieb ich nach Außen hin so ruhig wie das Gras an einem windstillen Sommertag.

Nichts anmerken lassen, nichts anmerken lassen, redete ich auf mich ein.

Selbst wenn es das ekelhafteste auf dieser Welt war, einfach Leute zu verhökern, so war das doch gerade die beste Chance, die ich hatte, um zu meinem Vater zu gelangen, ohne dass ...

a.) Jemand misstrauisch wurde und begann Fragen zu stellen,

b.) Ich noch länger bei diesem Grandmaster bleiben musste

und c.) ich viel Aufwand betreiben musste.

So gesehen, war das eigentlich ein guter Deal – auch wenn es mich ankotzte und zwar nicht gerade wenig.

Während ich noch damit beschäftigt gewesen war, meine innere Wut zu bändigen, hatten der Grandmaster und Loki bereits diese Vereinbarung beschlossen. Der Mann mit dem seltsamen Strich am Kinn wirkte mehr als zufrieden mit diesem Ausgang der Dinge. Wie viel auch immer mein Vater bei dieser Wette gewonnen hatte, er war sichtlich froh darüber, es nicht ausbezahlen zu müssen. Stattdessen hatte er nur ein dummes, kleines Mädchen hergeben müssen, für das er nicht einmal Verwendung gefunden hatte. Vermutlich war das der beste Deal seit langem für den Grandmaster. Aber das war jetzt nicht mehr von Bedeutung.

Erst als Loki auf mich zu trat, begann ich wieder mich so richtig auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

„Komm", sagte er nur kühl, packte mich am Oberarm und zog mich mit. Ich spielte meine Rolle einfach weiter und trottete ihm verängstigt hinter her. Noch einmal warf ich einen Blick zurück. Der Grandmaster hatte schon längst das Interesse an mir und Loki verloren und unterhielt sich prächtig mit irgendeiner Frau. Die Kriegerin, die mich hier her gebracht hatte, sah mir jedoch hinterher. Ihr Blick wirkte entschuldigend und auch ein wenig traurig. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Schließlich war sie doch diejenige gewesen, die mich hier her geschleift und ausgeliefert hatte – obwohl sie mich ja nicht wirklich ausgeliefert hatte, da sie verschwieg, dass ich sehr wohl eine Kämpferin war. Was für einen Gefallen sie mir damit eigentlich getan hatte, sollte ich noch früh genug erfahren.

Daughter of a GodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt