Er ist nicht der wahre König

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Lange lag ich noch wach, nachdem Diama gegangen war. Ich redete mir zwar ein, nur über den Plan nachzudenken, aber immer öfter erwischte ich mich dabei, wie ich an den Soldaten dachte. Diese leuchtenden, warmen Augen, dieses Lächeln. Er war einfach – Nein, an dieser Stelle musste ich mich unterbrechen. Wir waren Freunde und nicht mehr. Im Moment war einfach nicht der richtige Zeitpunkt, um über so etwas nachzudenken. Das konnte ich doch gerade wirklich nicht brauchen.

Als ich meine Gedanken mit einer heißen Dusche verdrängt hatte und nun wieder in meinem Bett lag, schlief ich ein. Ich hatte diesen Schlaf wirklich nötig, doch natürlich wollte das Schicksal mich quälen. Also träumte ich und konnte nicht sagen, ob es eine Vision oder nur Hirngespenster waren.


Feuer.

Überall war Feuer.

Es war, als hätte alles einfach angefangen zu brennen. Fast alles. Ich stand auf kühlem Boden, den die Flammen noch nicht erreicht hatten, doch sie kamen immer näher.

Menschen schrien neben mir, rannten an mir vorbei, um bloß weg zu kommen, doch wo sollten sie hin?

Ich hörte Wasser rauschen. Oder war es doch nur das Blut in meinen Ohren?

Da waren Schüsse. Oder nein, war es doch nur mein Herzschlag?

Ich wusste nicht, was passiert war, doch es war aussichtslos. Ich versuchte nicht einmal mich zu wehren, denn ich wusste, wir alle würden heute verbrennen und mit dieser Erleuchtung verstand ich erst, wo ich war.

Das unter mir war regenbogenfarbenes Glas, in einiger Entfernung brannte der Palast lichterloh, das Meer unter der Brücke, die Wälder und Berge, die schreienden Menschen, Asen, alle samt. Ich war in Asgard und es brannte. Meine Heimat stand in unbarmherzigen Flammen, die alles verschlangen. Einfach so.

Er ist nicht der wahre König!", hallte eine bedrohliche, düstere Frauenstimme durch das Getümmel. Ich wusste nicht, wer sprach oder woher oder warum, aber es jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Er ist nicht der wahre König!", kam die Stimme erneut. Dieses Mal härter, fast schon schreiend.

Wen meinte sie mit wahren König? Bitte nicht Loki. Bitte war sein Schauspiel nicht aufgeflogen. Alles nur das nicht. Ich wollte zwar, dass er die Wahrheit sagte, doch von sich aus und nicht weil eine Frau sein Geheimnis entdeckt hatte. Was würden die Asen mit ihm machen für diesen Verrat? Was würde sie mit ihm machen?

ER IST NICHT DER WAHRE KÖNIG!", schrie sie jetzt hysterisch. Ich zitterte vor Angst und das schlimmste war, der ganze Tumult um mich herum schien plötzlich still zu stehen. Keiner bewegte sich mehr, niemand sagte etwas. Es war beängstigend, wie als würden sie alle lauschen und warten. Als wären sie Raubtiere, die nur darauf warteten meinen Vater von seinem Thron zu stürzen und zu zerfleischen.

Doch dann, plötzlich, schien das Bild sich zu bewegen. Die Asen um mich machten mir einen Gang frei. Ich ging ihn einfach entlang. Über die Regenbogenbrücke, direkt auf das Feuer zu.

Dort hinten angekommen, schneller als gewöhnlich, erkannte ich goldene Soldaten. Sie kämpften gegen etwas. Nein, gegen jemanden. Ich sah einen grün-schwarzen Mantel, schwarze Zweige von dem Kopf ausgehend. Das Gesicht sah ich nicht, doch ein Gefühl sagte mir, dass sie es war, die gerufen hatte.

Einen Soldaten nach dem anderen schlachtete sie ab. Es lagen schon bestimmt 50 Tote um sie herum und es wurden immer immer mehr.

Hör auf!", schrie ich sie an, doch sie hörte mich gar nicht. Ich war nur eine Außenstehende in diesem furchtbaren Szenario und konnte nichts für die Männer tun. Sie starben und ich musste zu sehen.

Daughter of a GodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt