14. Schwänzen planen

4.6K 149 68
                                    

Erstaunt stellte ich fest, dass es fast elf war.

Beim Puzzeln vergeht die Zeit aber schnell, dachte ich und lauschte der Musik, die aus den Boxen kam. Emilie wohnte nicht weit entfernt und kurze Zeit später fuhr Phoenix auf ihren Hof und schrieb ihr.

>> Wann wolltest du sie eigentlich abholen? <<, fragte ich, während ich aufstand und nach hinten kletterte.

>> Um zehn. Und was tust du da? <<

Mein Versuch zu klettern scheiterte kläglich, als ich mit meinen Füßen im Gurt hängen blieb und mit dem Oberkörper den Sitz runterhing. >> Deiner Freundin platz machen, wonach sieht es denn aus? <<

Er lachte und ich versuchte ihn anzusehen, doch das war aus dieser Position kaum möglich.

>> Ich bin mir nicht sicher, deshalb habe ich gefragt. <<

Ich strampelte mit den Füßen und segelte über den Sitz.

>> Aua <<, stöhnte ich und rappelte mich auf. Phoenix lachte noch immer, als die Autotür aufging und Emilie sich auf den Beifahrersitz setzte. Sie warf mir einen verwirrten Blick zu, als ich zwischen den Sitzen hervorkroch und mich hinten anschnallte.

>> Hey <<, sagte ich nur und lächelte.

>> Ähm, hallo. Phoenix, wieso bist du so spät? Ich wette du warst wieder Skaten, oder? << Sie sprach es irgendwie abfällig aus und ich zog mein Handy aus der Tasche, um nicht seltsam nichts tuend hier zu sitzen und ihnen beim Streiten zuzuhören.

>> Nein war ich nicht. <<

>> Deine Mum hat so Recht. Das ist die größte Zeitverschwendung. <<

>> Ich war doch überhaupt nicht skaten. <<

Da mir keiner geschrieben hatte tat ich so, als würde ich jemandem schreiben und tippte wild auf dem dunklen Bildschirm rum.

>> Wenn du das sagst. <<

>> Er hat mich netterweise gefahren, als ich mir Essen holen wollte. Dabei haben wir irgendwie nicht auf die Zeit geachtet <<, mischte ich mich plötzlich ein.

Keine Ahnung wieso.

Ich begegnete Phoenix Blick im Rückspiegel. Sein Blick brannte sich beinahe in meinen, so intensiv war er.

Jetzt sah Emilie mich an und musterte mich kurz. >> Wirklich? <<

Ich nickte und Phoenix nickte. Also schien sie ihm zu glauben.

Den Rest der Autofahrt schwieg ich und auch Phoenix, während seine Freundin die ganze Zeit vor sich hinbrabbelte und Phoenix gelegentlich bestätigend nickte. Aber eigentlich hatte ich das Gefühl, dass er gedanklich ganz woanders war.

--

Den restlichen Abend verbrachte ich in meinem Bett und telefonierte zuerst mit meiner Mutter und danach mit Tosse, der sich über die Freundin seines Vaters aufregte, weil sie einfach während er geduscht hatte, in sein Badezimmer gekommen war.

Das seltsame daran war, dass Tosse ein eigenes Badezimmer hatte, das man nur von seinem Zimmer aus betreten konnte.

Als ich ihm daraufhin anbot hier zu pennen, stimmte er glücklich zu und legte auf.

Keine halbe Stunde später klingelte es an der Haustür und ich lief mit dem Worten „Ich mach auf" die Treppe runter.

Tosse hatte von der Kälte rote Wangen und pustete sich in die Hände. >> Scheiße ist das kalt... <<

Ich ließ ihn rein und er zog sich Jacke und Schuhe aus.

>> Glaubst du ihr habt noch was zu Essen da? Ich weiß, dass es spät ist, aber ich verhungere. <<

>> Klar, bestimmt. << Wir gingen in die Küche und ich fand tatsächlich noch Nudeln vom Abendessen, die ich ihm warm machte.

>> Habt ihr Ketchup? <<, fragte er, als er den Teller annahm und grinsend reichte ich ihm die rote Tube. Tosse und ich waren uns verdammt ähnlich in so vielen Dingen. Während er sich an den Tisch setzte, setzte ich mich darauf und strich ihm einmal durch die blonden verwuschelten Haare.

>> Wirklich, ich hasse sie. Was will mein Dad mit der? Ich verstehe ihn einfach nicht. Ich meine nichts spricht gegen einen Altersunterschied, natürlich nur solange beide alt genug sind, also es keine Pädophile scheiße ist, aber sie ist so nervig. <<

Ich stimmte ihm zu und eine Zeitlang machten wir blöde Witze über sie.

>> Weißt du, eigentlich müssten wir nach der Schule zusammenziehen. Alt genug wären wir ja jetzt schon <<, maulte er irgendwann und bei der Vorstellung musste ich grinsen.

>> Wir würden uns nur von Nudeln mit Ketchup, Chips und am Wochenende Alkohol ernähren. <<

Er zwinkerte mir zu, als er aufstand und den Teller wegstellte. >> Nicht nur am Wochenende. <<

Ich lachte, als er nach meiner Hand griff und mich an seine Brust zog. >> Ich hasse es zuhause <<, seufzte er schließlich und dachte gar nicht daran, mich loszulassen.

Schließlich löste ich mich von ihm und deutete mit fragendem Gesichtsausdruck nach oben. Er stimmte mir zu und folgte mir, als ich in mein Zimmer ging.

Zusammen schmissen wir uns auf mein Bett und er zog mich näher zu sich. Seine Hand strich meinen Arm auf und ab.

Ich liebte unsere Freundschaft und wie vertraut wir miteinander waren. Es war total normal für uns, dass wir uns so nah waren. Kurz kamen mir die Worte von Emma in den Sinn, dass Tosse Gefühle für mich hätte, doch ich ignorierte sie und gähnte ihm ins Gesicht.

>> Wollen wir nicht morgen nicht zur Schule gehen? Ich habe wirklich keine Lust auf Frau Wielage. <<

Ich zog die Nase kraus. >> Bin ich dabei. Was machen wir stattdessen. Ich bin dafür, dass wir ins Kino gehen. <<

>> Find ich gut. <<

Tosse und ich gingen andauernd ins Kino und ließen Fremde für uns die Karten kaufen, so dass wir nicht wussten in welchen Film wir gingen. Es war immer verdammt witzig.

--

Wie besprochen standen Tosse und ich zwar pünklich auf, als würden wir zur Schule gingen, doch als wir das Haus verließen, warfen wir unsere Schultaschen in die Garage und liefen entspannt die Einfahrt runter.

>> Was macht ihr? <<, fragte plötzlich Phoenix hinter mir, der mit Emilie aus dem Haus ging.

>> Wieso? Zur Schule gehen natürlich <<, sagte ich überzeugend.

Sein Blick wanderte zu der Garage und wieder zurück zu uns. >> Und wieso habt ihr dann eure Taschen da eben reingeworfen? <<

Ich spitzte die Lippen und überlegte.

>> Wir gehen ins Kino <<, brach es da aus Tosse hervor und er grinste.

>> Was? << Emilie klang geschockt und atmete scharf ein.

>> Was kommt? <<, fragte Phoenix interessiert und Emilies geschockter Ausdruck galt nun ihm.

>> Keine Ahnung. Wir lassen andere Leute unsere Karten kaufen und den Film aussuchen. Ist spannender <<, klärte ich ihn auf.

Phoenix sah mich an und ich starrte zurück. Seine Haare sahen so aus, als wäre er nach dem Aufstehen lediglich einmal mit den Fingern durchgegangen und er trug ein enges Shirt mit weitem T-Shirt von Arctic Monkeys und dazu eine weitere Jeans mit Taschen.

Ich erwachte erst aus meiner Starre, weil Tosse nach meiner Hand griff und sie festhielt. Emilie, Phoenix und ich schauten jetzt auf Tosses und meine verschlungenen Hände.

>> Kommst du? <<, fragte dieser und zog ungeduldig an meinem Arm.

>> Klar. Wir sehen uns. Fleißig weiterlernen, meine Lieben <<, sagte ich zu Phoenix und Emilie.

Alexis und Phoenix ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt