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°Gegenwart°
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Madelyn Watson

Mein Herz machte einen Satz, als ich realisierte, dass meine Gedanken wieder einmal abschweift sind. Mist, immer wenn ich ihn ansehe denkt sich mein Kopf, dass ich sofort zurückdenken muss, aber genau das will ich doch nicht...

"Ja... jetzt üben wir die andere Seite", stotterte ich und strich mir nervös eine Strähne zurück.
"Du streichst dir immer noch die Haare zurück", murmelte Kayden leise, als er an die Decke schaute, was ich gekonnt versuchte, zu ignorieren. Aber auch das ging gänzlich in die Hose.

Ich hielt kurz inne und überlegte, ob ich nicht einfach flüchten sollte. Dann wäre ich nicht mehr in seiner Nähe, aber dann würde ich ihm meine Schwäche zeigen. Schwäche, weil mich seine Gegenwart immer noch aufwühlte. Er machte immer noch etwas mit mir, was mir verdammt Angst machte.

Spar dir deine Worte, zischte ich ihn innerlich an, aber konnte gerade noch an mich halten, meinen Patienten verbal anzugreifen.

Die andere Seite zu trainieren verlief um Welten stiller. Ich hielt wieder meine Maske aufrecht und sprach natürlich nichts mehr. Bei jedem Körperkontakt verkrampfte ich mich, um meinen rasenden Puls zu ignorieren.
Nein, er machte nichts mehr mit mir. Das ist alles vorbei, ich bin nur... aufgeregt.
Jedenfalls redete ich mir das ein.

Verbal zeigte ich nicht, dass ich gerade wütend war.
Nonverbal aber ziemlich deutlich, dass es das letzte Mal war, dass ich vor ihm irgendeine Emotion zeigen würde.

Verdammt, er erinnerte sich einfach daran. Er erinnerte sich an unser Date und an Max. Er hat einfach bemerkt, dass ich selber an das Date gedacht habe. Ich habe das Leuchten in seinen Augen gesehen und dann... musste ich einfach daran denken. Musste er das auch bei meinem Gesichtsausdruck, wenn ich mich freute?

Denk einfach nicht dran.

Abwesend half ich ihm bei der anderen Seite, aber hier war es weit schwerfälliger als vorhin. Meistens sagte ich nur kurz "gut" und wir machten weiter. Mist, ich regte mich gerade einfach so auf! Es nervte mich, dass er sich so ein kleines Detail gemerkt hat. Es nervte mich, dass... dass er mich immer noch so gut kennt. Es nervte mich... dass... dass er mir noch etwas bedeutete.

Denk nicht dran!

Es kotzte mich regelrecht an, dass mein Herz immer noch diesem Arschloch gehörte und sich dieser Zustand auch nicht ändern wird.

Aber jetzt darf er nicht merken, wie es mir gerade geht. Ich muss jetzt seinem Körper helfen, seiner Seele aber selbst in hundert Jahren nicht. Niemals.

Denk verdammt nochmal nicht dran...

Jede weitere Minute, die verstrich wurde es unangenehmer. Kein Augenkontakt mehr oder ähnliches. Die Luft zum Atmen wurde immer enger und am liebsten hätte ich alle Fenster und Türen vor Wut auf mich selbst eingeschlagen.

"Okay, jetzt machen wir noch recht entspannte Übungen, ich helfe dir wieder auf", beschloss ich kurzerhand. Es war wieder einmal ein ganzer Satz in seiner Gegenwart. Ich bin stolz auf mich.

Denk. Nicht. Dran.

Nach einem weiteren tiefen Atemzug ging ich näher an ihn heran.
"Du hältst dich jetzt an meinen Schultern fest und ich ziehe dich hoch", sagte ich und legte meine Hände wieder um seinen Oberkörper. Als er dann seine Hände auf meine Schultern legte, zog ich ihn mit einem Ruck hoch, sodass er vor mir zum Sitzen kam.

Stop, denk nicht daran.

Mit rasendem Herzen sah ich in seine Augen, die meinen gerade so nahe waren, dass ich jeden kleinsten Farbsprenkler seiner Iris erkennen konnte.
Meine Hände blieben immer noch an seiner Seite, während ich ihm wie gebannt in die Augen schaute.

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