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Tired - Gavin James
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°Gegenwart°
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Madelyn Watson

Wie jeden Morgen nahm ich auch heute meinen täglichen Plan zur Hand. Klar bleibt der fast immer gleich, aber es kann sich immer was ändern. Seit dem ich gestern meinen Freunden von dem ganzen Chaos erzählt habe lebte sich mein Alltag auch viel besser. Vielleicht konnte ich so die restliche Zeit mit Kayden überleben, denn ich würde immer jemanden zum Reden haben. Nur hoffte ich, dass Nick sich nicht anmerken ließ, dass er alles wusste. Lieber soll Kayden denken, dass ich mir nicht so viele Gedanken um uns mache.

"Hi zusammen!", rief ich in die Runde, als ich kurz die Tür zum Mitarbeiterraum aufzog. An den Tischen saßen Lilly, Nick und noch ein paar andere.
"Bleibst du noch für einen Kaffee?", fragte mich Lilly, während ich mit meinen Gedanken noch dabei war, warum Nick gerade nicht bei Kayden war, obwohl wir gleich wieder gemeinsame Therapie haben würden.

"Liebend gerne, aber ich hab gleich Therapie mit Kayden", erwiderte ich schnell und warf einen Blick in meinen heutigen Plan.
"Ne, hast du nicht", warf Nick ein, als ich auch bei mir auf dem Plan sah, dass weder heute, noch morgen, noch irgendwann sonst Kayden eingetragen war. Was zum...

"Hä? Ich habe doch gesagt, dass ich weiterhin bei ihm bleibe", wand ich ein, "und warum bist du nicht bei ihm?"
Mit einem verwirrten Stirnrunzeln sah ich Nick an.
"Oh sorry, das wusstest du noch nicht", erwiderte Nick schuldbewusst, "Kayden ist heute morgen abgereist. Rehaabbruch."

Schockiert sah ich ihn und versuchte das unangenehme Gefühl von Kontrollverlust zu unterdrücken. Er hat seine Reha abgebrochen?! Dabei hat er doch so gute Fortschritte gemacht. Wie konnte das nur passieren?

"Was?!", entfuhr es mir ungläubig, "warum denn?"
"Wenn mir die Ärzte erzählen würden, was los ist, würde ich dir alles erzählen", entschuldigte er sich, "sorry, ich weiß echt nicht, warum das jetzt so gekommen ist."

Resigniert sah ich auf den Boden und musste dann aber auch gehen, weil ich jetzt plötzlich wieder eine Gruppentherapie leiten musste. Was war nur passiert? Hat er es schon länger geplant? Warum eigentlich?

War der Vorfall gestern irgendwie ausschlaggebend? Wobei man eigentlich nicht vom einen Tag auf den anderen einfach davon spazieren kann. Ein Abbruch dauert immer ein paar Tage, was bedeuten würde, dass es irgendeinen anderen Grund gab, warum das jetzt so gekommen ist und ich das gestern in der Kategorie böses Timing verstauen kann.

Vielleicht hat er es einfach nicht mehr in meiner Gegenwart ausgehalten. Das kann ja auch damit zusammen hängen, dass er seinen Unfall an unserer ursprünglich geplanten standesamtlichen Hochzeit hatte. Zumindest schoss mir das nach Feierabend durch den Kopf. Der ganze Tag hat sich total komisch angefühlt, weil alles wieder so normal war. Und obwohl Kayden nicht mehr hier war blieb ich ziemlich nachdenklich. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass alle um mich herum bemerkt haben, dass mich dieses plötzliche Ereignis ziemlich aus der Bahn geworfen hat.

Und dann blieb immer noch die Sache, dass wir ausgerechnet am selben Tag unsere Unfälle hatten, als ob das jemand perfekt auf diesen Tag geplant hätte.

Mein Kopf war plötzlich wie leergefegt, als ich mit einem beängstigenden Gedanken aus der Klinik in den strömenden Regen rannte, schnell in mein Auto stieg und ohne Nachzudenken auf den Highway Richtung Fayette fuhr.

°Vor vier Jahren und sechs Monaten°

Mittlerweile war es sogar schon November geworden. Die Zeit verging mir einfach viel zu schnell. Natürlich auch die Zeit mit Kayden. Wir versuchten immer noch Zeit füreinander freizuschaufeln, was natürlich nicht immer einfach war. Eigentlich lief es ganz gut bei uns. Nur seit unserem nächtlichen Ausflug im Freibad hat er mäßig bis gar nicht mehr über seine Kindheit gesprochen. Naja, ein paar Mal schon, aber seit mehreren Wochen wirkt er verkniffen. Ich weiß nicht, woran das liegt. Er hat mit mir doch immer über alles gesprochen. Und jetzt?

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