1o2 | Tränen

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Draco

Mein Blick senkt sich auf meine ineinander verschränkten Hände und ich muss schon wieder schlucken, während ich versuche die Tränen zu unterdrücken. Sie wird jetzt bestimmt sagen, dass sie zurück möchte. Und alles, was ich geplant hatte, ist dahin. Die Augenblicke, die ich mir schon deutlich ausgemalt hatte, werden nicht passieren.

Dass sie sich vielleicht hier in Paris auch in mich verlieben könnte, ist sowieso gestrichen. Nach meiner Aktion gestern wird das nicht mehr passieren, das weiß ich.

Meine Unterlippe beginnt leicht zu zittern, ich versuche es aber einzudämmen. Ich möchte jetzt nicht weinen. Ich habe mir geschworen, dem ganzen mit Fassung zu begegnen. Ich habe es verbockt und ich muss dafür gerade stehen. Wenn ich eines in den letzten Jahren gelernt habe, dann das.

Es fällt mir schwer den Mut zu haben ihr ins Gesicht zu blicken, aber ich muss lernen Konfrontationen mit Stärke zu begegnen. Es ist lustig, dass mir all diese Gedanken noch während der letzten Nacht gekommen sind, während ich eigentlich unfassbar dicht war. Zumindest anfangs, denn der Rausch hat sich irgendwie schneller gelegt, als mir lieb war.

Innerlich schüttele ich den Kopf. Ich sollte mich auf die kleine wunderbare Hexe vor mir konzentrieren, nicht darauf, was in meinem Schädel vor sich ging. Also sehe ich sie wieder an. Sehe wie zerzaust ihre Haare sind, wie rot ihre Augen sind. Bei diesem Anblick breiten sich direkt wieder Schuldgefühle in mir aus. Es ist nicht richtig, dass sie wegen mir weint.

Das sollte sie nicht.

Ich sehe wie sie den Mund öffnet, aber hören tue ich nichts. Sie sagt nichts. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ihr die Worte fehlen und ihr hübsches Köpfchen erst welche zurecht legen muss oder aber, dass sie so viele Dinge im Sinn hat, die sie mir an den Kopf werfen will, und sie diese erst sortieren muss.

Ehrlich gesagt tippe ich eher auf Zweiteres.

Auch wenn wir die letzten Monate doch schon sehr viel Zeit miteinander verbracht haben, fällt es mir schwer auszumachen, was sie denkt. Und genau das verunsichert mich. Ich habe das Befürfnis laut zu seufzen, unterlasse es aber. Das wäre unangebracht.

»Ich vertraue dir, Draco. Ehrlich. Würde ich das nicht tun, hätte ich nicht eingewilligt mit dir so weit von Hogwarts wegzufahren. Ich vertraue dir an sich blind, ich würde dir sogar mein Leben anvertrauen. Das musst du mir glauben. Aber...«

Ich bin überrascht wie ruhig sie spricht. Keinerlei Wut oder ähnliches. Es erinnert mich eher an den Ton im Wald als sie mir Mut zusprach über die Vergangenheit zu sprechen. Ich sehe wie sie sich auf die Unterlippe beißt und ein wenig darauf herum kaut, was ein Zeichen dafür ist, dass sie nachdenkt und vermutlich überlegt wie sie ihre Wortwahl wählt, damit sie auch wirklich das sagt, was sie möchte.

Das hatte ich schon oft bei ihr gesehen, vor allem in den letzten Schuljahren. Als ich an die kleine Hermine Granger mit dem Vogelnest auf dem Kopf denke, muss ich fast schmunzeln. Aber auch nur fast. Es wäre mehr als nur unangebracht jetzt zu schmunzeln.

Ich sage nichts, stehe einfach nur da - immer noch irgendwie mit den Tränen kämpfend - und warte darauf, was sie noch sagen möchte. Ich weiß, dass ich nichts überstürzen darf und ihr ins Wort zu fallen, weil es mir ehrlich gesagt doch schwer fällt ihr zu glauben, wäre falsch und möglicherweise fatal.

Es könnte im schlimmsten Fall noch eine Eskalation geben und darauf kann ich getrost verzichten.

»Ich...Also...« Sie versucht verzweifelt Worte zu finden, aber es misslingt ihr offensichtlich. Sie will es mir also wirklich nicht sagen. Bei diesem Gedanken muss ich schlucken, schüttele aber stumm den Kopf, um davon ein wenig abzulenken. Auch als Zeichen, dass sie nicht weitersprechen muss. »Du musst nichts dazu sagen. Ich...ich verstehe.«

Ich sehe nicht direkt dabei an, als ich das sage, einfach aus dem Grund, dass sie sofort sehen würde, dass mich das doch trifft und ich das nicht so wegstecke, wie ich gerade tue. »Nein, Draco. Du verstehst gar nichts.« Sofort hat sie wieder meine Aufmerksamkeit und ich sehe sie wieder an. Und das absolut irritiert.

Wieso hört sie dann nicht einfach auf, wenn sie nicht darüber reden kann oder möchte?

»Ich...Ich würde es dir gern erzählen, aber ich kann nicht. Das heißt aber nicht, dass ich dir nicht vertraue. Wie ich schon gesagt habe: Ich wäre niemals mit dir hierher gekommen, würde ich dir nicht vertrauen. In den letzten Monaten hat sich unser Verhältnis grundlegend verändert und an sich möchte ich es dir erzählen, einfach um dir zu zeigen, dass ich dir nicht bewusst etwas verschweige oder dich irgendwie anlüge, aber...ich muss erstmal selbst damit klarkommen, verstehst du?«

Ich sehe deutlich in ihrem Gesicht, dass sie verzweifelt versucht mir das zu vermitteln und ich sehe in ihren Augen, dass sie mich nicht anzulügen scheint, wenn sie mir das sagt. Ich nicke. »Ich verstehe. Ehrlich. Ist...ist okay.« Natürlich ist es nicht okay, zumindest nicht für mich. Aber ich bin nicht dumm.

Die Augenringe unter ihren Augen und die allgemeine Röte ihrer Augen verrät deutlich, dass ich ihr mit meiner Aktion gestern massiv weh getan habe. Und dafür hasse ich mich. Extrem. Ich wollte sie nicht mehr verletzen, tue es aber trotzdem immer und immer wieder.

Mein Blick fällt und gleitet nach draußen, wo mittlerweile leicht die Sonne scheint, es aber dennoch so kalt ist, dass der Schnee vollständig erhalten bleibt. Nur mit Mühe kann ich unterdrücken nicht zu weinen.

Als sich dann aber doch eine erste Tränen meine Wange herunter bahnt, presse ich nur die Lippen aufeinander und drehe mich noch ein Stück mehr weg. Wieso muss ich immer so scheiße bauen?

»Draco, sieh mich an.«

Ich schüttele nur mit dem Kopf. Sie weiß ganz genau, dass wenn ich sie jetzt ansehe, es bei mir komplett vorbei wäre und das möchte ich nicht. Es ist dumm, dass ich hier stehe und weine, ich habe keinen Grund, ich habe die Scheiße gebaut.

Ich höre sie leise seufzen und schließe die Augen, während ich plötzlich spüre, wie sie mich umarmt. Nachdem ich meine Augen wieder öffne, sehe ich wie sie mich ansieht, währenddessen sie ihren Kopf auf meiner Brust abgelegt hat.

An diesem Punkt ist alles vorbei und ich beginne ohne Kontrolle zu weinen.

Ich hab alles kaputt gemacht.

hidden and repressed | dramione *unregelmäßige updates*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt