42 | Vorwürfe

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Erzähler

Sie war für ihn da und er will es für sie sein.

Die Granger schnieft immer noch leise und sie scheint sich nicht wirklich beruhigen zu können. Aber auch das überrascht ihn nicht. Denn, wenn sie wirklich all die letzten Jahre so sehr gelitten hatte wie er gerade glaubt, dann ist es verständlich, dass sie das nun alles heraus lässt und es nicht so schnell stoppen kann.

Er versteht sie.

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Die Brünette spürt die Körperwärme, die der Slytherin ihr gibt und diese gibt ihr das Gefühl nicht allein zu sein. Er versucht sich zu revanchieren. Das weiß sie. Er muss es nicht, aber dennoch hat sie nicht das Gefühl, dass er das hier tut, weil er sich dazu verpflichtet fühlt, sondern eher weil er möchte.

Und dafür ist sie dankbar.

Tatsächlich beruhigt sie sich langsam. Immer wieder rollt zwar eine einzelne Träne über ihre Wange, aber Dracos Anwesenheit wirkt sich positiv auf sie aus. Er will sie beruhigen und das tut er. Ihr ist zwar gerade egal, was ihre Freunde denken, aber sie meidet trotzdem lieber sie anzusehen.

Also sieht sie auf den Boden. Sie atmet nochmal tief durch. Sie würde ihr Begonnenes zu Ende führen. Dann hätte sie endlich darüber gesprochen und vielleicht würde dann wenigstens etwas Last von ihren Schultern fallen.

,,Einige Menschen dachten vielleicht ich würde bestimmte andere Menschen in meinem Leben hassen, weil sie sich abfällig gegenüber mir oder meiner Abstammung äußerten. Ja, es gab sogar Leute, die genau das von mir erwarteten." fährt sie fort.

Sofort schluckt Draco und sieht auf den Boden. Sie spielt auf ihn an. Jetzt wäre der Zeitpunkt, indem er erfährt, wie sehr sie ihn hasste. Er beißt sich leicht auf die Unterlippe. Er hätte es ja nicht anders verdient. Er hat sie schlimm und ungerecht behandelt, obwohl sie dies in keiner Weise verdient hatte oder hat.

Hermine schmunzelt leicht. ,,Doch das habe ich nie. Ich habe nie jemanden gehasst. In meinem ganzen Leben nicht. Nicht Ron, der mich immer und immer wieder verletzte und verletzt, nicht Lucius Malfoy, der Harry im 2. Schuljahr umbringen wollte und Dobby behandelte wie ein Stück Dreck, nicht Bellatrix Lestrange, die mich gefoltert hat und auch dich nicht, Draco."

Sie hat seine Reaktion genau mitbekommen, deshalb hat sie jetzt direkt zu ihm gesprochen.

Er sieht sie verwundert an, aber sie sieht immer nur noch auf den Boden und hat ihren Kopf an seiner Schulter gelehnt. ,,Ich habe oft das Gute in einem Menschen gesehen. Tief in mir drin habe ich bei einer Menge Menschen gewusst, dass da mehr dahinter steckt. Ich hatte meine eigenen Theorien, die ich heimlich immer mehr gestützt habe. Ich kann nicht sagen, dass ich bei allen Menschen nur Gutes gesehen habe. Ich gebe zu bei Lucius Malfoy und Bellatrix Lestrange habe ich das nicht. Es tut mir leid, wenn ich das jetzt hier sage, aber diese Personen sind einfach nur krank."

Der Blonde gibt einen leicht abschätzigen Laut von sich. Und wie krank diese zwei Personen sind. Lucius und Bellatrix sind wohl die kranksten Menschen - mit Voldemort zusammen -, die er jemals kannte. Sie waren einfach nur krank.

Anders konnte man es nicht beschreiben. Sie waren wie besessen von Voldemort und seinen Weltvorstellungen. Geistesgestört waren diese Menschen. Nichts mehr und nichts weniger. Sie gehören eingesperrt oder in die Hölle verbannt.

Glücklicherweise ist seine irre Tante tot und sein Vater sitzt und verrottet in Askaban.

,,Ich habe jedes verfluchte Schuljahr um mein Leben gekämpft. Jedes verfluchte Schuljahr habe ich versucht Harry zu helfen seinem und unser aller Ziel näher zu kommen. Nämlich die vollständige und endgültige Vernichtung Voldemorts. Ich habe gern geholfen. Weil unser aller Leben und Schicksal ja quasi daran gehangen hat. Was aber nie jemand wusste war, dass ich unter diesem Druck immer abliefern zu müssen, sehr gelitten habe. Ich wurde Teil des goldenes Trios und musste Leistungen liefern. Verdammt ich war ein mugglestämmiger Teenager, der eigentlich nichts weiter wollte, als seine Magie zu kotrollieren, Freunde haben wollte und ein wenigstens einigermaßen normales Leben führen. Das war mein Plan. Allerdings hat dieser leider nicht funktioniert."

Ihr treten schon wieder Tränen in die Augen. Draco schlingt einen Arm um ihre Taille und streichelt ihr beruhigend über die Seite, damit sie nicht wieder so schrecklich anfängt zu weinen. Hermine schnieft also nur leise und schließt kurz die Augen. ,,Ich mache mir wegen diesem Druck auch immer noch Vorwürfe ehrlich gesagt, dass ich nicht mehr Menschen damals in der Schlacht retten konnte. Es sind unzählige Menschen gestorben. Unschuldig. Und das nur, weil ein Irrer der Meinung war, die Weltherrschaft an sich reißen zu wollte. So viele Leute sagen mir, dass ich ja so intelligent sei. Wenn es aber wirklich so schlau bin wie alle behaupten, wieso habe ich dann nicht versucht mehr Unschuldige zu retten? Ich hätte doch einen Weg finden müssen, um so viele Menschenleben mehr zu wahren. Ich hätte irgendwas tun sollen. Tun müssen. Dann wären Snape, Tonks, Lupin und Fred vielleicht alle noch unter uns...Ich hätte die Lage begreifen sollen. Ich hätte es gemusst."

Wieder laufen ihr Tränen über ihr Gesicht und sie beginnt leise zu schluchzen. Diese Vorwürfe gegen sich selbst verfolgen sie schon Ewigkeiten. Seit dem Ende der Schlacht um ehrlich zu sein und sie kehren immer wieder. Ebenso ihre Albträume, in denen die Kriegsopfer ihr die Schuld für ihren Tod geben oder sie Menschen wie Fred oder ihre Eltern brutal sterben sieht.

Aber auch die Albträume, in denen sie wieder auf dem kalten Manorboden des Malfoy Manors liegt, sind niemals ganz verschwunden. Auch diese Albträume existieren noch. Doch mittlerweile ist Hermine relativ gut daran diese Träume zu kontrollieren.

Nur manchmal kommen sie aus dem Nichts.

Aus reinem Reflex rutscht die Gryffindor etwas näher an Draco heran. Er streicht ihr weiterhin über die Seite und legt nun seinen Kopf auf Ihren. ,,Du hättest gar nichts gemusst. Du warst eine derjenigen, die ihr eigenes Leben für Andere riskiert haben. Du warst mutig und hast versucht alles zu geben, was du konntest. Du hast keinerlei Schuld an dem ganzen Geschehenen, Hermine. Kein bisschen. Und deine Vorwürfe dir selbst gegenüber gibst, sind unbegründet. Du hast versucht viele Menschenleben zu retten. Auch während der Schlacht. Das sollte dir zusätzlich angerechnet werden. Hör' auf dich selbst so fertig zu machen, Hermine. Du bist nicht schuld."

,,Du aber auch nicht, Draco."

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Kleine Anmerkung: Am Donnerstag starten die liebe Bonnie3Ginny und ich eine neue Dramione Geschichte. Sie wird die Kapitel auf deutsch und ich auf englisch veröffentlichen. Also, es wäre lieb, wenn ihr euch unsere Geschichte dann mal durchlest. ♡

hidden and repressed | dramione *unregelmäßige updates*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt