⚜️01⚜️

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Der Soldat vergriff sich in dem langen, dunkelrot gefärbten Haar des jungen Mädchens, welches neben ihm auf dem dreckigen und kalten Boden kniete.
Die Hand ballte er zu einer Faust, damit er besser das Haar umgreifen und das weinende Mädchen über den glatten Boden zerren konnte.
  Sie hatte es schon längst aufgegeben sich gegen den HYDRA-Soldaten zu wehren und ließ die Schikane und die Schmerzen über sich ergehen.
Einige Meter weiter blieb er stehen und schaute auf das Mädchen herab, welches ihm aus Angst keines Blickes würdigte.
„Steh auf und lauf, du faules Miststück!", schrie der Soldat und packte fester in den Haaren zu. Er zerrte sie regelrecht von den Knien auf die Füße. Das Mädchen wagte es sich über die zugefügten Schmerzen zu beschweren und bekam prompt die Quittung dafür.
Die schnelle Ohrfeige brannte auf der nassen Wangenhaut, ein Piepen auf dem linken Ohr ertönte.
Sie gab keinen Mucks von sich, auch wenn sie es so sehr getan hätte, aber wer weiß, was dann mit ihr passiert wäre.
Immer noch voller Angst wich sie den bohrenden hellgrünen Augen des wütenden Soldaten aus. Sie zitterte am ganzen Körper.
„Geh!", knurrte er. „LOS!"
Auf zitternden Beinen setzte sich das Mädchen langsam in Bewegung. Für den Soldaten aber nicht zu schnell, denn er hatte sie grob am mit blauen Flecken und rötlichen Punkten besudelten Arm gepackt und zerrte sie wieder einmal hinter sich her.
   Er hatte sie von der Einzelzelle, in der das Mädchen schon mehr als drei Monate lebte, in einen der Versuchsräume gebracht.
Andere Soldaten der HYDRA warfen dem wimmernden Mädchen gleichgültige Blicke zu, alle samt einschüchternd und verletzend.
Soldat-278, welcher sein Spaß dabei hatte das Mädchen wie ein Haufen Dreck zu behandeln, schubste sie mit aller Gewalt in den Raum hinein.
Sie stolperte und landete auf den Knien.
Die anderen Soldaten lachten nur.
   Ein nicht gerade groß-gewachsener Mann, mit braunem Kurzhaarschnitt und einer Brille auf einer Nase, wandte sich zu seinem, wie er sie nannte, neuen Versuchsobjekt.
Versuchsobjekt 626.
Die dunkelblauen Augen musterten die Verletzungen in ihrem blassen Gesicht.
Dann trat er auf sie zu, legte zwei Finger unter ihr Kinn und drückte das Gesicht vorsichtig hoch, damit sie ihm widerwillig anschauen musste. Das angeschwollene Auge von gestern sah schon besser aus. Eine leichte Schwellung gab es noch, das hellbraune Auge mit dem grünen Farbstich war selbst aber noch blutunterlaufen. Die Haut drum herum leuchtete in einem dunklen Blau und einem helleren violetten Farbton.
Auf der spitzen Nase des Mädchens war eine tiefe Wunde, die ebenfalls im Heilungsprozess angelangt war.
Die linke Wange war Feuerrot und zeigte einen Handabdruck.
Der Mann im weißem Doktorkittel seufzte nur, als er die Finger vom Kinn nahm und mit dem Zeigefinger über die rote Wange fuhr.
Das Mädchen zuckte vor Schmerz zusammen, kniff vor Angst die Augen zu. Er zog hastig die Hand zurück. 
„Das Piepen auf dem Ohr hört mit Sicherheit gleich auf", bemerkte der Arzt in seiner Muttersprache, weil dies auch die Muttersprache seines Versuchsobjektes war.
Das Mädchen sagte nichts.
Das Mädchen.
Sie wusste noch nicht mal mehr ihren eigenen Namen, woher sie kam, wer sie überhaupt war.
Immer wieder hatte sie Erinnerungslücken. Sie erinnerte sich an gar nichts mehr.
Aber sie verstand sie alle.
Der Doktor, welcher mit ihr Deutsch redete, wenn er nicht in Russisch zu den meisten Soldaten sprach.
Oder wenn die Soldaten in Russisch oder gebrochenem Englisch unter sich sprachen.
Sie hatte vorher nie Russisch gesprochen, oder sich für diese Sprache interessiert, aber durch die drei Monate, in dem sie jeden Tag 24 Stunden mit den Soldaten verbrachte, konnte sie erahnen, welcher Befehl was bedeutete.
Die englische Sprache war ihr als anfängliche Meeresbiologie Studentin in ihrem alten und vergessenen Leben geläufig.
Davon wusste sie Dank der Auslöschung ihrer Gedanken aber nichts mehr.
„Du sollst aufstehen!"
Das Mädchen hatte gar nicht mitbekommen, dass der komische Mann im Kittel schon mehrmals „Steh auf!", gesagt hatte, bis Soldat-278 ihr in den Rücken boxte.
Sie presste wieder die Lippen aufeinander und stand dann mit grober Hilfe von eben diesem Soldaten auf.
„Gehen Sie bitte vorsichtig mit ihr um!"
Der Kittel-Typ war sichtlich genervt von diesem unsympathischen Soldaten und ließ es ihm mit einem giftigen Blick wissen.
„Warum sollte ich?", stellte dieser im gebrochenem Englisch in Frage.
Das Mädchen wusste genau was er sagte, nur wusste sie nicht woher sie das wusste.
Sie schaute sich um, sah die vielen Bildschirme, die ganzen chirurgischen Geräte, und eine Liege mit Arm-und-Fußfesseln.
Der Typ im Kittel sagte nichts und wandte sich dem Mädchen zu. „Der bekommt seine Quittung noch", flüsterte er ihr auf Deutsch zu.
Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte und verzog noch nicht mal eine Miene in ihrem blassen Gesicht.
   Der Typ im Kittel räusperte sich. „Leg dich hin. Bitte."
„Doktor, wir müssen aber noch auf Baron von Strucker warten!", ertönte die leicht panische Stimme von einem Helfer.
Dieser wusste, wie Baron von Strucker drauf sein konnte, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Und dies war vermutlich eine der vielen Kleinigkeiten.
„Ich weiß", sagte dieser. „trotzdem darf ich sie doch dort platzieren."
Der Helfer nickte nur und richtete die Brille auf seiner Nase, ehe er sich wieder den großen und modernen Computerbildschirm zu wandte.
Der Mann im weißem Kittel, wandte sich dem schweigenden Mädchen zu. „Bitte mach's dir bequem."
Er deutete auf die Liege aus kalt wirkendem Metall. Das Mädchen folgte den ausgestrecktem Zeigefinger und schaute komisch. „Irgendwie", fügte Doktor Helmut Zemo hinzu und räusperte sich.
Er zeigte auf die Liege und schaute dabei zum Mädchen. Diese zögerte einen kleinen Augenblick, ehe sie sich doch dazu aufraffte auf die Liege zu legen.
Dabei wurde sie von Doktor Zemo, seinen Helfern und den Soldaten skeptisch beäugt.
Sie starrte die dunkle Decke mit den Neonröhren an und schloss die Augen, als zwei der Helfer die Fesseln um die Hand-und-Fußgelenke legten.
  Die dicke Metalltür öffnete sich zum Versuchsraum und ein groß-gewachsener, durchtrainierter Mann mit Glatze kam herein stolziert. Hinter ihm traten vier weitere Soldaten der HYDRA hinein.
Die bereits anwesenden Soldaten salutierten und sagten mit voller Stolz: „Heil, Hydra!"
„Heil Hydra!", entgegnete der Baron.
Doktor Zemo drehte sich zu ihm. „Heil Hydra, Baron von Strucker!", nickte er.
Strucker entgegnete mit einem kleinen und unauffälligen Nicken, ehe er zum Mädchen in den alten orangefarbenen verblassten Gefängnisklamotten blickte.
„Haben Sie ohne meine Anwesenheit angefangen?", fragte Strucker erbost nach.
„Gewiss nicht!", warf Zemo sofort ein.
Strucker ging zur Liege und blieb neben dem Mädchen stehen, welche die Augen immer noch geschlossen hielt.
„Wird es dieses Mal etwas bringen, Doktor?"
„Die letzten Versuche sind nicht fehlgeschlagen", erklärte der Doktor noch einmal. „Das ganze Prozedere braucht seine Zeit und nach mehreren Verabreichungen des Serums wird es, hoffentlich heute, anschlagen." Zemo machte eine Pause und wollte weiter reden, als Baron von Strucker ihm wieder ins Wort fiel. „Dann habe ich eine weitere Attentäterin?"
Strucker wirkte vollends zufrieden, als er darüber nachdachte mit einer weiteren Züchtung der HYDRA die Macht an sich zu reißen.
„Nun", räusperte der Doktor sich und nahm einen Teil der Hoffnung von Strucker weg. „Wenn wir Glück haben, funktioniert es. Die Dosis im Serum wurde erhöht. Es kann aber auch schief gehen."
„Wie meinen Sie das?"
„Nach jeder Verabreichung wurde sie Bewusstlos und da die Dosis erhöht wurde, kann es vielleicht sogar sein, dass sie es nicht überleben wird."
Strucker nickte nur. „Das macht nichts. Wir haben sicherlich noch mehrere Probanden."
Dem stimmte Zemo zähneknirschend zu. „Genau, unter anderem die Zwillinge aus Sokovia."
Baron von Strucker schaute wieder auf das Mädchen hinab. Er hatte Hoffnungen in ihr. Er hoffte, dass sie besser war als das momentan eingefrorene Projekt seines Vorgängers Johann Schmidt und den mittlerweile verstorbenen Wissenschaftler Dr. Arnim Zola.
Gemeinsam mit Winter Soldier sollte das Mädchen, sobald es fertig programmiert war, noch größere Attentate ausführen.
Und somit würde irgendwann HYDRA an die Macht gelangen- hoffentlich.
Wenn es nach dem Baron ginge, dann sollte dieses unscheinbare Mädchen sogar noch besser werden.
Natürlich, wenn sie die nächste Spritze mit dem Serum überleben würde.
Dies stand genauso in den Sternen, wie Struckers Träume über dieses wunderbare Duo.
Viel zu oft hatten sie in den letzten Jahren in den sauren Apfel beißen müssen, weil entweder die unfreiwilligen Probanden nach einer Spritze draufgingen, oder eben diese durchdrehten und getötet werden mussten.
Bei anderen funktionierte es überhaupt nicht, da wurden einfach die Gedanken an diesem Ort und der Existenz von den allem hier gelöscht und die Menschen wieder in deren Heimat ausgesetzt, als wäre nie etwas merkwürdiges in deren langweiligen Leben vorgefallen. 
„Fangen wir an", sagte der Baron festentschlossen.
„Miss Fowler, bereiten Sie mir bitte die Spritze  vor!", befahl Zemo in einem herrischen, aber netten Ton.
Eine Frau mit einem unten gebundenen Pferdeschwanz, großer Nase und Brille nickte und ging in zügigen Schritten zum gesicherten  Kühlschrank.
141019, gab sie in das Tastenfeld ein.
Der PIN wurde akzeptiert und die Kühlschranktür sprang einen kleines Stück auf. Dr. Fowler öffnete die Tür ganz und nahm eine kleines Metalltablett mit einer kleinen weißen Flasche heraus.
Ein weiterer Helfer, der nicht Dr. Zemo, sondern Dr. Fowler angestellt war, kam ihr zur Hilfe und suchte nach einer Spritze, die er weiter reichte.
  Baron von Strucker war bereits von der Liege wegstolziert und stellte sich vor seinen vier Lieblingssoldaten hin. Dabei ließ er das Mädchen nicht aus den Augen. 
    Das arme Mädchen hatte keine Ahnung was auf sie zukommen wird.

626 (Avengers//W.S./B.B.)🦾❄️) ⏸Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt