9. Dunkle Nächte und innige Gespräche

817 60 1
                                    

Es war wieder eine der Abende, an denen ich nicht zur Ruhe kam und schlaflos da lag, so das ich mich entschied lieber etwas rauszugehen. Die Mannschaft schlief tief und fest, weshalb ich so leise wie möglich an ihnen vorbei schlich. Ich öffnete die Decktür und trat heraus. Hier draußen war es frisch und ich schlang die Arme um meinen Körper. Ich hatte nur ein T-Shirt an und nicht daran gedacht, dass jetzt wo die Sonne weg und Wind aufgekommen war, die Luft kühler war.

Zähneknirschend wollte ich mich umdrehen, um mich wärmer anzuziehen, als ich leise Gitarrenklänge hörte, die von irgendwo oben kamen. Ich sah hoch zum Mast, aber der Ausschauplatz dort, war nicht mehr vorhanden. Da! Eine vertraute Stimme, die sang. Delta. Eine schattige Gestalt saß auf dem Dach der Steuerzentrale und wurde nur vom Mond beleuchtet.

Eilig stieg ich die Treppen hoch und lief um die Steuerzentrale herum. Dort stand eine Tonne. Ich sprang auf sie drauf und zog mich das Dach hoch. Delta sah auf und hörte auf zu spielen. „Amor?"

„Wirst du mich jetzt immer so nennen?"

„Jap." sie zupfte an einer Seite.

Ich kletterte zu ihr rüber und ließ mich neben ihr nieder. „Habe ich gestört?"

„Nein." sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf das Instrument.

„Was machst du so spät hier?"

„Manchmal inspiriert es mich hier zu sitzen. Hier kann ich am besten schreiben und spielen."

„Du machst deine eigenen Songs?" aufmerksam sah ich sie an und schlang meine Arme um die angewinkelten Beine.

Sie zuckte mit den Schultern. „Die will eh keiner hören."

„Ich will sie hören."

Zweifelnd sah sie mich an.

Ich stieß sie an der Schulter an. „Das ist mein Ernst. Ich mag deine Stimme. Du hast verdammt viel Talent."

„Aber es sieht keiner."

„Du musst dich an die richtigen Leute wenden."

„Und du kennst dich damit aus?"

Ich sah aufs Meer. „Ich war schon sehr vieles in meinem Leben. Bevor ich Schauspielerin geworden bin, war ich Sängerin. Glaube ich zumindest. Die Erinnerung ist verschleiert, aber ich kann mir anders nicht erklären, warum ich Instrumente spielen kann."

„Fehlen dir viele Erinnerungen?"

„Ein Großteil." ich sah in ihre dunklen Augen. „Spielst du für mich?"

Sie biss sich auf die Lippe, aber nickte schließlich. Ihre Finger glitten über die Seiten der Gitarre. Eine ruhige angenehme Melodie erklang, während schließlich auch Deltas Stimme miteinsetzte. Ich schluckte, als die Wärme und diese Kraft, die hinter dieser Stimme steckte, mich wieder in den Bann zogen. In dem Lied ging es um Freunde, die zur Familie wurden. Freunde, die einem eine Heimat gaben. Ich bekam die leise Vermutung davon, dass es sich um die Crew auf der blue Arrow handelte. Ich hatte das Gefühl zu spüren, wie sehr sie es hier liebte. Sie sang über die Freiheit, das Meer und wie sehr sie es genoss.

Sie war unglaublich. Ich bekam eine Gänsehaut und hörte fasziniert zu. Ihre Züge waren weich und die Augen geschlossen. Die Emotionen die sich auf ihrem Gesicht spiegelten, waren so verletzlich. Ich konnte nicht aufhören ihr zuzusehen und die Musik zu hören. So etwas hatte ich noch nie gespürt. Als würde sie mich direkt in ihre Gefühlswelt entführen. Als das Lied verklang, traute ich meiner Stimme nicht über den Weg. Was war nur mit mir los?

Ich schluckte hart.

„Ist dir kalt?" Delta, die meine Gänsehaut missverstand, sah mich an, ehe sie auf einmal die Gitarre losließ und sich den Pulli auszog und ihn mir hinhielt. „Hier."

Erinnerungen, Liebe und GötterkinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt