2. Ärger steht an

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Es war, als ob ich die Tür in eine andere Welt geöffnet hätte. Wassergeplätscher drang ein mein Ohr und die Luft roch frisch nach Natur und Wald.

Erstaunt blickte ich mich um. Exotische Pflanzen wucherten wild über die Wände und Ranken hingen von der hohen Decke. In der Mitte des Raumes befand sich ein kleiner Teich, neben dem eine großer Vogelkäfig stand. Vögel in allen erdenklichen Farben flogen darin herum und zwitscherten traumhafte Melodien.

Das Jungle-Büro strahlte eine ungewöhnliche Ruhe aus und wirkte gleichermaßen seriös und elegant. Trotzdem fragte ich mich, ob es nicht eher als Domizil für Waldelfen geeignet wäre und nicht als Büro für Multimilliardäre.

In jede Richtung gleichzeitig starrend, ging ich auf den Schreibtisch von Logan Lee zu. Dabei musste ich eine kleine Brücke überqueren.

Hinter dem Chairman stand eine lebensgroße goldene Hirschstatue mit prächtigem Geweih. Inzwischen würde es mich nicht überraschen, wenn der majestätische Hirsch aus purem Gold bestand.

»Guten Tag, Miss Evans. Ich freu mich, dass Sie Zeit gefunden haben, mich heute zu treffen«, begrüßte er mich und forderte mich mit einem charmanten Lächeln auf, Platz zu nehmen.

Ich hatte gehört, dass der Chairman einen großen Teil des Erfolgs seinem Charisma zu verdanken hatte. Welcher Multi-Milliardär würde jemanden wie mir danken, dass ich Zeit für ihn hatte?

Da ich ihn zuvor noch nie persönlich getroffen hatte, konnte ich mir erst jetzt ein eigenes Bild machen. Allerdings schien es zu stimmen, was man sich über seine Aura erzählte. Dazu kam, dass er sehr gut gekleidet war. Anzug, Krawatte und elegante Uhr. Alles vermutlich maßgeschneidert und sündhaft teuer. Ich könnte allein mit der Krawatte meine Miete für mindestens ein Jahr bezahlen.

Logan Lee strich seine gegelten Haare zurück, als ich Platz nahm.

»Sie wundern sich vermutlich, warum ich Sie heute hergebeten habe.« Der Vorsitzende räusperte sich und ich nickte. »Nun ja, zuerst würde ich Ihnen gerne versichern, dass Sie sehr gute Arbeit leisten. Ihre Zusammenstellungen der Werbeeinnahmen sind übersichtlich und Ihr verwendetes System gefällt mir sehr gut.«

Obwohl mich der Mann lobte, konnte ich nicht aufhören, daran zu denken, dass darauf ein vernichtendes ›Aber‹ folgen würde. Wieso lobte er mich? Wahrscheinlich, um eine Kündigung weniger schlimm wirken zu lassen?

»Ich muss Ihnen hoffentlich nicht sagen, wie bereichernd Sie für unser Media-Team sind. Sie sind erst zwei Wochen bei uns und haben schon grundlegende Beiträge zu wichtigen Projekten geliefert.« Der Chairman machte eine Pause und schob währenddessen seine Brille auf seiner Nasenspitze zurecht. Nervös wischte ich meine feuchten Hände an meiner Hose ab.

»Ihr Zeugnis würde aus lauter Einsen bestehen. Aber das sind Sie ja gewohnt, nicht wahr?« Ich stimmte in sein Lachen mit ein, obwohl meines eher gezwungen wirkte.

Logan Lee stand auf, blickte aus dem riesigen Fenster hinter ihm und drehte mir den Rücken zu. »Sie sind besonders, Sophie Evans! Ich hoffe, sie wissen das?« Elegant drehte er sich mit seinen Händen in der Hosentasche zu mir um. Langsam wurde ich ungeduldig. Konnte er nicht endlich zum Punkt kommen?

»Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Ich versuche, mein Bestes zu geben und fleißig zu sein.« Jetzt erst merkte ich, dass ich meine Zähne fest aufeinanderbiss.

Ohne eine Reaktion ging Logan Lee in Richtung eines mit Ordnern vollgestopften Bücherregals und zog griffsicher eine Akte heraus, dann kam zu mir.

Er blieb neben meinem Stuhl stehen und warf die Akte vor mir lässig auf den Tisch. Sein Lächeln hatte nun etwas Beunruhigendes an sich. Die Geste verunsicherte mich und ließ meinen Kiefer wieder verkrampfen.

Das war es nun: Das Ende.

Mein Praktikum war vorbei. In der Akte mussten meine Unterlagen sein, die ich für das Praktikum eingereicht hatte.

Ich schluckte einen Kloß in meinem Hals hinunter, als ich nach der Akte vor mir griff.

Der Chairman hatte sich wieder auf seinen Platz gesetzt und beobachtete mich mit ernstem Blick, wie ich die Akte öffnete.

Meine Finger zitterten, was das Öffnen des Ringverschlusses erschwerte. Ich hoffte, ich sah nicht so hilflos aus, wie ich mich fühlte.

Endlich hatte ich den Umschlag geöffnet und zog ein paar Blätter heraus.

Einen Moment starrte ich auf das Papier und war irritiert, weil ich eigentlich mein Praktikumszeugnis vermutete. Doch in der Akte lag etwas ganz anderes.

Das hier war keine Kündigung. Das hier war eine weitere one-in-a-million-Chance oder mein Untergang.

~*~

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Info wegen fehlender Kommentare: Ich habe die Kapitel vor kurzem (26.Juli 2023) mit überarbeiteten Versionen ersetzt. Leider werden danach die Kommentare nicht mehr beim dazugehörigen Absatz angezeigt. Das ist schade, aber mir war dann ein flüssig zu lesender Text mit wenig Tippfehlern wichtiger. Vor allem da ja neue Kommentare geschrieben werden können :)

Viel Spaß beim nächsten Kapitel!

Sweet Revenge in Paris | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt