»Heute ist wirklich nicht mein Tag«, murmelte ich vor mich, während sich meine Augen versuchten, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Keine Chance!
»Aber meiner, oder wie?«, antwortete Scott abwesend, »Das ist schon öfters passiert. Sollte nur ein paar Minuten brauchen«, versicherte mir Scott und ich hörte, wie er gegen die Tür trat.
»Das wird nicht helfen«, sagte ich schnippisch, doch er gab nur ein genervtes Grummeln von sich.
Peinliche Stille kehrte ein, doch dieses Mal hatte ich kein Interesse, diese mit Worten zu füllen. Scott war bestimmt noch wütend und ich hatte keine Lust auf eine Auseinandersetzung in diesem kleinen dunklen Raum.
Stattdessen tastete ich nach meinem Rucksack, um mein Handy rauszuholen. Doch anstelle meines Handys griff ich nach etwas anderem. Es war Scott, der anscheinend auch gerade nach seinem Koffer tastete. Schnell zog ich meine Hand wieder zurück, in der Hoffnung, dass Scott nichts gemerkt hatte. Aufgrund der Dunkelheit wusste ich nicht, dass ich dicht zur Wand stand und schlug infolge der hektischen Bewegung laut gegen die Wand der Drehtüre.
Ein dumpfes Klopfen gefolgt von einem lauten »Ah!«, waren die Folge.
»Geht's dir gut?«, fragte mich Scott aus Höflichkeit, wobei er aber die Verachtung in seiner Stimme nicht versteckte.
»Könnte gar nicht besser laufen«, sagte ich genervt.
Weder ich noch Scott fanden unser Handy. Mittlerweile standen wir schon fünf Minuten im Dunkeln und warteten, dass man uns hier rausholte.
Wir hatten seit dem Zwischenfall unserer Berührung nicht mehr geredet. Also saß ich am Boden und ließ meine Gedanken wandern. Dieser Trip war bis jetzt eine absolute Katastrophe. Vom unserem Zusammentreffen am Flughafen, über die Begegnung mit Scott im Flugzeug, bis jetzt zu dieser blöden Tür-Sache ... Es schien, als wäre das Glück nicht auf meiner Seite.
Ich wusste nicht warum, aber die Dunkelheit hatte etwas Beruhigendes. Sie ließ mich den Zwischenfall im Flugzeug von einem anderen Blickwinkel aus betrachten. Ich hatte eindeutig zu heftig reagiert, aber die Wut, ausgelöst durch den Ohnmachts-Flashback, hat mich nicht mehr klar denken lassen.
Der Vorfall mit der Farbe, der unseren Krieg zu einem abrpten Enge gezwungen hatte, war schon so viele Jahre her. Ich war immer noch der Meinung, dass Scott damit zu weit gegangen war und ich eine Entschuldigung verdient hätte. Doch so viele Jahre später erneut damit anzufangen, half niemanden mehr. Ich sollte es zu vergessen. Dennoch hatte ich das Gefühl, meinen Wutausbruch im Flugzeug zu erklären, oder mich dafür zu entschuldigen.
»Scott?«, fragte ich in die Dunkelheit, so als befürchte ich, Scott wäre nicht mehr da.
»Was ist?«, brummte es von der Seite.
»Vorhin im Flugzeug ...«, begann ich, doch Scott unterbrach mich sofort.
»Ich weiß. Ich hatte mich schon gefragt, wie lange du auf meine Show hereinfallen würdest. Wenn du jetzt von mir eine Entschuldigung willst, dann vergiss es.« Ich verstummte und war froh, dass Scott mein verdutztes Gesicht nicht sehen konnte.»Ich hatte bis zu deiner Ohnmacht echt gedacht, dass du drauf rein fällst.« Scott lachte und klang dabei richtig gemein. »Schade, dass es nicht geklappt hat. Dein dummes kleines Herz zu brechen, wäre die perfekte Rache gewesen, oder?«
Ich verdrehte die Augen in der Dunkelheit. Ich hatte zwar gehofft, dass er unseren Krieg hinter sich gelassen hätte, aber überrascht war ich eigentlich nicht.
»Wenn du willst, dass ich mich in dich verliebe, musst du schon mehr tun als mich vor einer Stewardess zu retten. Wofür willst du dich eigentlich bitte rächen? Ich war die, die Monate lang blind war.« Da Scott meinen wütenden Blick nicht sehen konnte, versuchte ich so viel Verachtung in meine Stimme zu legen wie möglich.
»Ich bin wegen dir und deiner Show, die du abgezogen hast von der Schule geflogen. Schon vergessen?«, hielt er dagegen.
Ich lachte empört auf. »Sei froh, dass du nicht wegen Körperverletzung angezeigt wurdest. Oder leugnest du immer noch, dass du die Farbbombe in meinen Spind deponiert hast?«, fragte ich.
Ich hörte Scott lachen. »Nein das tu ich nicht mehr. Und weißt du was, Evans? Ich habe es keinen Moment bereut, dass ich es getan habe.«
Ich wusste es! Meine Mutter hatte ihn damals nicht angezeigt, weil wir nicht beweisen konnten, dass er es war. Ich hatte keine Sekunde gezweifelt, dass er mir das angetan hatte. Endlich bestätigt zu werden, fühlte sich gut an.
»Scott Traver, du bist Abschaum«, sagte ich wütend, stand auf und klopfte gegen die Wand. »Hey, bitte lassen Sie mich raus!«, schrie ich in der Hoffnung gehört zu werden.
Und tatsächlich! So als hätte ich »Sesam öffne dich« gesagt, öffnete sich die Drehtür. Hastig nahm ich meinen Koffer und drehte mich noch einmal zu Scott um. Er saß auf dem Boden mit angewinkelten Beinen und hatte seine Arme erschöpft über den Knien angewinkelt. Seinen Kopf ließ er nach unten hängen. Ich drehte mich um und verließ unser dunkles Gefängnis, ohne noch einen Ton zu ihm zu sagen.
In der hellen Hotellobby angekommen, musste ich tief durchatmen. Im dunklen Raum war es sehr heiß und stickig gewesen. Es fühlte sich an, als wäre ich von einem dunklen Traum aufgewacht.
»Miss Evans?«
Ich drehte mich um. Hinter mir stand eine Frau in den Fünfzigern. Sie hatte ihre leicht ergrauten Haare streng in einem Zopf gebunden und Trug ein dunkelgrünes Kostüm mit passenden Pumps und einer Lesebrille um den Hals.
»Ja, die bin ich«, bestätigte ich und lächelte sie freundlich an.
Sie erwiderte das Lächeln mit einer steifen Miene. »Mein Name ist Madame Fabré. Ich bin hier um sie abzuholen und zu Vinci zu bringen. Philippe erwartet sie bereits.« Sie schnipste mit den Fingern und ein Portier nahm mir mein Gepäck aus der Hand.
Mit einer Finger Bewegung signalisierte mir Madame Fabré ihr zu folgen. Ich drehte mich noch einmal um, um nach Scott zu sehen, doch ich konnte ihn nirgends finden. Die Drehtür drehte sich gemächlich im Kreis, als ob nie etwas vorgefallen wäre.
Ich drehte mich wieder in Richtung Madame Fabré und atmete tief ein. Ich würde gleich den CEO von Vinci treffen! Was ich über ihn in der letzten Nacht gelesen hatte, war sehr beeindruckend gewesen. Allerdings hatte er auch einen gewissen Ruf, der ihm vorauseilte ...
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Sweet Revenge in Paris | ✔️
Romance[WATTYS 2023 SHORTLIST] Sophie dachte mit der Geschäftsreise nach Paris das große Los gezogen zu haben. Doch bald muss sie feststellen, dass nicht nur ihre Träume mit im Flieger sitzen, sonders auch ihr erbitterter Highschoolrivale Silver. Silver un...