Mit einer Fingerbewegung signalisierte mir Madame Fabré ihr zu folgen.
Zu meinem Erstaunen stand vor dem Hotel kein Taxi, sondern eine Limousine.
Als wir uns dem langen Luxusauto näherten, stieg der Fahrer aus und öffnete für Madame Fabré und mich die Tür. Madame Fabré stieg wortlos ein, während ich mich in der Spiegelung des Wagens musterte. Zum Glück hatte ich erwartet, dass ich keine Zeit zum Umziehen hätte und war auf mein Treffen mit Vinci Philippe vorbereitet.
Ich vernahm ein genervtes Räuspern, welches von Madame Fabré aus dem Auto kam. Schnell stieg ich ein, wobei ich den Fahrer dankte und er daraufhin mit einem leisen »bonne chance!«, antwortete.
Das Innere der Limousine war genauso elegant wie das Äußere. Ich saß gegenüber von Madame Fabré, welche bereits einen dicken Ordner aus ihrer Handtasche zog.
»Ich werde Sie nun auf Ihr Treffen mit Vinci Philippe vorbereiten«, klärte sie mich streng auf und setzt sich die Brille auf. Mein Blick viel auf den gut zehn Zentimetern dicken Ordner.
»Gehen wir den ganz durch?«
Statt ihren Kopf zu heben und mich anzuschauen, warf sie mir nur einen gefühllosen Blick über den Brillenrand zu. Ich bereute sogleich, gefragt zu haben.
»Wenn Sie das hier nicht ernst nehmen, können Sie die Anstellung als Director gleich vergessen.«
Diese Frau ließ mir einem kalten Schauer über den Rücken laufen. Ich setzte mich gerade hin, legte die Hände auf meine Knie und sprach höflich: »Falls ich Ihnen den Eindruck vermitteln habe, dass ich diesem Treffen nicht meine ganze Aufmerksamkeit widmen werde, tut es mir leid. Es sei Ihnen versichert, dass ich mein Bestes geben werde.«
Damit schien Madame Fabré zufrieden zu sein. »Wenigstens weißt du, wie man mit einem Vorgesetzten spricht.«
Haha, hatte mich schon gefragt, wie lange es dauerte, bis sie mich ungefragt duzen würde. Mit der Persönlichkeit hätte sie eine strenge Lehrerin wie aus dem Lehrbuch werden können.
Unberührt von ihrer Aussage lächelte ich sie höflich an. Sie blätterte noch ein paar Seiten weiter und begann ihren Monolog. »Ich werde dir nun die grundlegenden Fakten über Vinci Philippe darlegen. Zum Ersten ist sein voller Name Philippe Emanuel Vinci. Er ist der Ururur-Enkel von Jean-«, sie stoppte, »Willst du dir gar keine Notizen machen?«
Ich zog die Augenbrauen hoch, doch statt ihre indirekte Aufforderung in Frage zu stellen, holte ich fix Stift und Papier aus meiner Tasche und begann interessiert Blumen zu zeichnen.
Nach wenigen Minuten und einer Menge an unnützen Informationen über die Blutgruppe bis zu den Essgewohnheiten von Vinci Philippe blieb das Auto stehen.
Wir stiegen aus, doch anstelle vor dem Vinci Gebäude standen wir vor dem Lafayette, einem Luxus Shopping-Center in Paris. Verwirrt drehte ich mich zu Madame Fabré um. »Was machen wir hier?«
Madame Fabré rümpfe ihre Nase. »Nun ja ... Wie soll ich es sagen. Deine Kleidung ist zu schäbig, um dem Erben eines Jahrhunderte alten Erfolgskonzern zu begegnen.«
Wessen Kleidung nannte sie hier schäbig? Klar meine Bluse, Rock und Schuhe hatten keine zweihundert Dollar gekostet, aber nur weil etwas nicht teuer war, hieß es nicht, dass es schäbig war.
Genervt ließ ich mich von Luxusboutique zu Luxusboutique schleppen bis Madame Fabré endlich mit einem rosé-weißen Chanel Kostüm zufrieden war. Ich war nicht so der rosa Rüschchen Typ, allerdings bezahlte nicht ich, sondern J&K Holdings. Was gut so war, denn ich hätte für den unbequemen Fummel zwei Monatsmieten zusammenkratzen müssen.
Zurück im Auto kam Madame Fabré endlich zu den interessanten Fakten über den mysteriösen Philippe.
»Bekannt dürfte dir Monsieur Vinci aus den Klatschzeitschriften sein, denn als Erbe eines Milliardenvermögens ist er unter den Damen und Herren sehr geschätzt. Ich muss dich warnen, er wird auch dich versuchen zu verführen. Du darfst unter keinen Umständen auf ihn reinfallen. Der Vorsitzende Lee erwartet das auch. Bitte erinnere dich daran, dass dies nur ein Test ist. Außerdem hättest du ihm sowieso nichts!«
Ouch. Madame Fabré konnte ganz schön austeilen.
»Keine Sorge, ich war noch nie die Person für Märchen.«, beschwichtigte ich sie. Ich nahm meinen Ring vom rechten Zeigefinger ab und steckte ihn mir an meinen linken Ringfinger. Ich streckte meine linke Hand (welche nun signalisierte, dass ich vergeben war) zu Madame Fabré und klimperte mit den Fingern.
»Das wird nicht helfen«, sagte sie unbeeindruckt und ich zuckte mit den Schultern. »Es hat bis jetzt immer geklappt,« antwortete ich zuversichtlich.
Nach knapp fünfzehn Minuten waren wir endlich am Gebäude von Vinci Investments angekommen. Wir betraten einen modernen Wolkenkratzer gleich am Ufer der Seine. Für ein über dreihundert Jahre altes Unternehmen hätte ich mir eine andere Art Gebäude vorgestellt.
Kaum standen wir in der Lobby des Gebäudes, kamen einige Leute auf uns zugelaufen.
»Bonjour Madame Fabré! Ich 'offe Sie 'atten einen angenehmen Flug«, begrüßte eine Frau Madame Fabré freundlich. Aus dieser kam jedoch nicht mehr als ein trockenes »Ja«.
Madame Fabré stellte mir die nette Frau als die exekutive Assistentin von Monsieur Vinci mit den Namen Lili Petit vor. Nach Austausch kurzer Höflichkeit verabschiedete sich Madame Fabré von uns. Als sie verschwunden war, stieß ich einen Hauch voll Erleichterung aus.
Dies schien Lili Petit bemerkt zu haben, denn sie fing an zu lachen.
»Du bist nicht die Einzige, die aufatmet, wenn sie weg ist. Isch bin übrigens Lili.« Sie streckte mir die Hand zur erneuten Begrüßung entgegen.
»Sophie«, antwortete ich, während ich lächelnd ihre Hand schüttelte. Dabei bemerkte sie den Ring an meiner linken Hand.
»Oh, auf die Idee bist du nicht als Erste gekommen. Ich muss dich aber enttäuschen. Es hilft rien«, warnte sie mich. »Ja, das hat man mir bereits gesagt, aber einen Versuch ist es wert.« Ich lächelte freundlich.
»Na dann, bringe ich dich Mal in die Höhle des Löwen.« Lili wies mir mit einer einladen Handbewegung den Weg zum Aufzug.
Im Lift kehrte Stille ein und ich beobachte, wie die Zahl der Stockwerke auf der kleinen Tafel immer höher stieg.
Erst jetzt merkte ich, wie nervös ich war. Jedes Mal wenn wir an einem Stockwerk vorbei fuhren, entspannte sich mein Magen nur um in der nächsten Sekunden erneut zu verkrampfen.
Lili bemerkte meine Anspannung. »Keine Angst. Du wirst ihn lieben.«
Bing.
Sofort nachdem Lili ihren Satz beendet hatte, waren wir angekommen.
Die Fahrstuhltür öffnete sich und Sonne fiel durch ein großes Fenster am anderen Ende des Büros. Verschwommen nahm ich die Silhouette eines Mannes wahr, der vor jenem großen Fenster stand, wahr.
Er hatte breite Schultern und trug einen Anzug. In seiner rechten Hand hielt er ein Glas vermutlich mit einem Drink.
Er drehte sich um und trat aus dem Sonnenlicht, sodass ich ihn nun besser sehen konnte. Was ich sah, ließ mich fast zum zweiten Mal heute das Bewusstsein verlieren.
»Bonjour, Mademoiselle Evans. Ich habe Sie erwartet.«
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Sweet Revenge in Paris | ✔️
Romance[WATTYS 2023 SHORTLIST] Sophie dachte mit der Geschäftsreise nach Paris das große Los gezogen zu haben. Doch bald muss sie feststellen, dass nicht nur ihre Träume mit im Flieger sitzen, sonders auch ihr erbitterter Highschoolrivale Silver. Silver un...