11. die einzige Möglichkeit

349 21 10
                                    

»Und dann sagte dein Vater, dass solange Philippe investiert seine Motive egal wären.« Ich saß im Taxi zum Hotel, als mich Jenny anrief und mich nach meinem Tag ausfragte. Ich erzählte ihr alles von Scott bis zu Philippe Vinci und der Einladung zum Dinner.

»Man man man, Sophie!«, seufzte sie, »Ich weiß du willst Mitgefühl, aber es fällt mir schwer nicht auf dein Dinnerdate mit dem Philippe Vinci neidisch zu sein.«

»Ich bin aber nicht hergekommen, um mir einen milliardenschweren Bachelor zu angeln. Unter anderen Umständen fände ich das ja ganz nice, aber erstens haben wir beruflich miteinander zu tun. Was wenn irgendwas passiert, dass den Vertrag verhindert? Und zweitens ist er ein Playboy und Charmeur, der Spaß daran hat, mit Herzen zu spielen. Wie Madame Fabré gesagt hat: Was hätte ich jemanden wie ihm zu bieten?« Ich lehnte meinen Kopf erschöpft an die Fensterscheibe des Taxis.

»Du siehst das alles viel zu negativ«, erwiderte Jenny, »Gib doch einfach dein Bestes und dann wird's schon irgendwie laufen.«

»Kann ja sein, aber was wenn-«

Jenny unterbrach mich. »Jetzt hör mir zu. Sobald du in deinem Zimmer bist, gehst du schlafen, verstanden? Du bist schon ewig wach und halluziniertest. Dazu kommt noch die Zeitverschiebung.«

»Du hast ja recht«, stimmte ich ihr zu. Erst jetzt merkte ich, wie müde ich war.

Zum Glück kamen wir gerade am Hotel an. Jenny und ich verabschiedeten uns, ich bezahlte den Taxifahrer und ging ins Hotel. Gleich würde ich in die Federn fallen können.

An der Rezeption angekommen, begrüßte mich ein Mann mittleren Alters. »Bonjour Mademoiselle. Wie kann ich Ihnen 'elfen?«

»Bonjour, ich bin heute mit den Toronto J Kings angereist, hatte allerdings noch keine Zeit einzuchecken«, antwortete ich mit so viel Freundlichkeit, wie mein müdes Ich aufbringen konnte.

»Oh oui, Sie müssen Sophie Evans sein.«

Ich nickte zustimmend. Der Mann reichte mir ein Formular. »Während Sie das bitte ausfüllen, werde ich Ihren Koffer 'olen lassen. Eine Sekunde.«

Der Mann winkte einen Portier zu sich und sprach zu ihm auf Französisch. Zum Glück befand ich mich bis jetzt in keiner Situation, wo ich fortgeschrittenes Französisch gebraucht hätte. Den Taxifahrer zu sagen, wo ich hin wollte, klappte gerade so. Dem Gespräch zwischen dem Rezeptionisten und dem Portier hätte ich allerdings niemals folgen können.

Zurück hinter der Theke klickte der Mann an seinem Computer herum und machte dabei genervte Laute. Als ich ihm schließlich das ausgefüllte Formular reichte, nahm er es zögernd entgegen.

»Es tut mir leid, Miss Evans, aber wie es scheint 'aben wir kein freies Zimmer mehr für Sie.« Ich hob ungläubig eine Augenbraue.

»Sind Sie wirklich sicher? Wie kann das passieren?« Damit hat es der heutige Tag endgültig in das Ranking der unglücklichsten Tage meines Lebens geschafft.

»Da Ihre Mitreisenden bereits vor einigen Stunden eingecheckt 'aben, wurde Ihre Reservierung fälschlicherweise aufge'oben und das Zimmer anderweitig vergeben. Es tut uns sehr leid«, antwortete er höflich.

Meine Beine taten vom Stehen weh, ich hatte Kopfweh und war total übermüdet. Um eine Szene aufzuführen, hatte ich weder Lust noch Kraft. Also nahm ich die jetzige Situation einfach so hin, wie sie war.

»Okay«, ich atmete tief ein und fuhr mir mit der Hand auf meine Stirn, »Und was soll ich jetzt machen?«, fragte ich hoffend, dass er eine Lösung kannte.

»Nun ja, Mademoiselle. Sie könnten, bis ein Zimmer frei wird, in der Lobby warten, oder ein anderes Hotel aufsuchen. Allerdings ist gerade Fashion Week. Die ganze Stadt ist ausgebucht ...«

Enttäuscht ließ ich meinen Kopf hängen. »Gibt es denn irgendwas, was ich tun kann?!«, fragte ich aus Versehen lauter und offenbarte meine Verzweiflung. Leute drehten sich zu mir um. Unter ihnen auch Niki, die sofort auf mich zu kam.

»Sophie? Hey, geht es dir gut?«, fragte sie mich und legte ihre Hand auf meine Schulter.

»Nein, wenn's so weiter geht, schlafe ich heute Nacht bei McDonalds!« Ich musste blinzeln, um die Tränen in meinen Augen zu verstecken. Mir wurde es einfach zu viel. Im Moment brach alles auf mich herein.

Der Mann erklärte Niki mein Dilemma und sie nahm mich in den Arm.

»Alles wird wieder gut, okay? Wir werden schon ein Bett für dich finden.« Ich nickte, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich ihr das glauben konnte.

»Und ich weiß auch schon wo«, fügte schnell Niki hinzu.

Ich schaute sie mit großen Augen an. »Wirklich?«

Niki nickte und drehte sich zum Rezeptionisten um. »Wir haben doch insgesamt zehn Doppelzimmer gebucht, stimmt's?«

Der Mann klickte erneut an seinem Computer herum. »Das ist korrekt. Zehn Doppelzimmer für J King Sport Foundation.« Niki klatschte in die Hände. »Aha! Wusste ich's doch. Wir sind ohne dich genau 19 Personen, was bedeutet, dass irgendjemand allein in einem Doppelzimmer schläft. Und genau dort findest du dein freies Bett für heute Nacht.«

Ein Stein fiel mir vom Herzen und ich fiel Niki um den Hals.

»Oh mein Gott, ernsthaft? Du bist die Beste, Niki!«

Niki erwiderte meine Umarmung, allerdings ließ ich gleich wieder los.

»Aber meinst du, der Typ im Doppelzimmer würde mich einfach dort schlafen lassen?«

»Natürlich. Immerhin führst du unsere Pressekonferenz. Du gehörst also praktisch zum Team!«, antwortete Niki. »Außerdem haben die Spieler heute noch Training, um den Jetlag auszugleichen. Die kommen nicht vor 6 Uhr Früh auf ihre Zimmer. Zudem ist es nur für eine Nacht.«

»Wow, das ist ja wirklich unglaublich. Du bist unglaublich, Niki!« Ich bedankte mich überschwänglich bei ihr.

Der Mann an der Rezeption gab mir die Zimmernummer und eine Schlüsselkarte und ich machte mich auf dem Weg in den neunten Stock.

Es dauerte eine Weile, allerdings hatte ich keine Probleme, das Zimmer 9666 zu finden.

Ich fuhr mit der Karte über den Scanner und ein Piep, welches signalisierte, dass die Tür offen stand, ertönte. Ich trat ein.

Das Zimmer war dunkel und die Klimaanlage lief. Obwohl der Raum leer war, kündigte ich mich mit einem lauten »Hallo ist da jemand?«, an bevor ich hinein ging.

Wie zu erwarten, war niemand im Raum. Ich schaltete das Licht ein und schloss die Tür hinter mir.

Ich stand in einem schmalen Gang. Links von mir war eine Tür, die vermutlich ins Badezimmer führte und rechts von mir ein großer Schrank.

Ich ging weiter in den Raum und stolperte fast über einen geöffneten Koffer. Klamotten lagen verstreut am Boden, als hätte es jemand eilig gehabt, sich fürs Training umzuziehen.

Das Zimmer war nicht groß, allerdings luxuriös. Es gab ein großes Bett, einen Schreibtisch und einen Fernseher. Zu meiner Enttäuschung allerdings gab es keine Couch. Aber was soll's! Immerhin war ich bis zum Morgen allein im Zimmer.

Ich sammelte die am Bett liegenden Klamotten ein, warf sie auf den Schreibtisch und ließ mich erschöpft rückwärts auf das Bett fallen.

»Ach, das tut gut«, murmelte ich vor mich hin.

»Ach ja?«, fragte mich eine genervte und mir bekannte Stimme.

Ich erschrak und setzte mich hastig auf. Mein Blick wanderte Richtung Badezimmertür, an welcher sich Scott entspannt angelehnt hatte.

Sweet Revenge in Paris | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt