17. Taxifahrt

325 21 2
                                    

Ich wartete vor dem großen Gebäude auf Silver. Er hatte noch einmal zurückgehen müssen, um sein Handy zu holen. Olivia hatte uns ein Taxi bestellt. Sie selbst war dann in ein eigenes Taxi gestiegen und der Anprobe für heute Abend vorausgefahren.

Ich hatte nichts dagegen. Immerhin kannte ich Olivia noch nicht lange. Wenn sie dabei war, konnte ich schlecht normal mit Silver reden. Außerdem wusste ich nicht, wie viel sie über uns wusste.

Silver brauchte länger als erwartet und ich fragte mich, was ihn aufhielt. Vermutlich baggerte er gerade die Interviewerin an. Es war mittlerweile später Nachmittag, dennoch glühte der Asphalt unter der starken Sonne.

Das Taxi, welches Olivia bestellt hatte, wartete bereits und langsam wurde ich ungeduldig. Gerade, als ich nach ihm sehen wollte, kam er aus dem Gebäude.

Ich winkte ihn zu mir und wir stiegen in das kühle Taxi ein.

»Na endlich, das hat ja ewig gedauert«, meckerte ich, nachdem ich dem Taxifahrer unseren Zielort, eine Luxusboutique, verraten hatte.

»Ja, ging nicht schneller«, antwortete er genervt und sah aus dem Fenster. Ich wusste nicht warum, allerdings schien er wegen irgendwas angefressen zu sein. Nicht, dass er jemals einen Grund dafür gebraucht hätte.

»Ist was?«, fragte ich.

Er sagte zuerst nichts, doch dann nahm er einen tiefen Atemzug.

»Was war das bei der Pressekonferenz?«, fragte Silver, ohne mich anzusehen. Ich verdrehte die Augen. »Ich kann mir die Fragen nicht aussuchen«, ich machte eine Pause, »Und nur für's Protokoll, die letzte Frage habe ich auch unprofessionell gefunden, aber ich hatte keine Wahl.«

Schweigen im Taxi. Ich beobachtete die Autos, welche an uns vorbei fuhren und zählte die Anzahl der roten Autos.

»Und warum bist du beim Interview reingeplatzt?« Silver drehte sich zu mir um »Du hast damit den Plan gefährdet. Wie unvorsichtig kann man eigentlich sein?«

Ich hob genervt eine Augenbraue und schaute ihn fragend an. »Das alles war doch dein Plan! Aber Gegenfrage. Wenn du nicht gewollt hättest, dass ich beim Interview dabei bin, warum hast du mir dann zum Schluss so herzlich gedankt?«

Wir hielten starrenden Augenkontakt, bis Silver diesen abbrach und sich wieder wegdrehte. »Ich habe das Beste aus der Situation gemacht. Jetzt wissen immerhin alle, dass du meine Übersetzerin bist.«

»Das ist ja hervorragend!«, ich lachte spöttisch auf. »Dann kann ich jetzt beruhigt nach Hause fahren, ohne befürchten zu müssen, auf dem Cover von VSD zu landen.«

Silver stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Ich habe ein Vermögen für dein Kleid ausgeben. Da wird es nicht zu viel verlangt sein, dass du mich zur Veranstaltung begleitest, oder?«

Machte er mich gerade dafür verantwortlich, dass ich hier war? Das war jetzt nicht sein Ernst!

»Oh, ich bitte um Verzeihung, der Herr. Wie rücksichtslos von mir«, antwortete ich sarkastisch und verdrehte die Augen. »Das gefällt mir. Du solltest immer so mit mir reden«, forderte mich Silver amüsiert auf.

»Aber natürlich, mein Herr ...! Leck mich!« Ich zog ironisch meinen imaginären Hut vor ihm. Inzwischen konnte ich es echt gar nicht mehr abwarten, dass dieser ätzende Tag vorbei war und ich in mein eigenes Bett fallen konnte.

»Nein, das ist mein Ernst. Du solltest mich in der Öffentlichkeit siezen.«

Ich schaute ihn unglaubwürdig an. »Bist du jetzt komplett abgedreht? Das mache ich sicher nicht!«, antwortete ich bestimmt.

»Na gut, wenn du willst, dass wir als ein Paar auf den Zeitschriften landen, dann nur zu. Ich bin mir sicher, Logan wird sich auch freuen, dass wir das Dating-Verbot gebrochen haben«, sagte er gleichgültig.

»Willst du mich eigentlich komplett verarschen? Es war doch der Plan, dass wir wie Freunde aussehen, damit es einen Skandal gibt.«

»Dir hätte doch von Anfang an klar sein müssen, dass unsere Freundschaft auch anders interpretiert werden könnte.«

Ich schaute ihn hoffnungslos an. »Nein, das war mir nicht klar, du Klugscheißer.« Nun war ich es, die sich von ihm abwendete.

»Eben, also überlasse mir das Denken und tue, was ich sage. Kannst du das?«

Fragte er mich das gerade wirklich? Wären wir nicht in einem Taxi, hätte ich ihm am liebsten eine geknallt.

Er interpretierte mein Schweigen als ein »Ja«.

»Gut so. Durch das Interview wissen sie schon, dass du meine Übersetzerin bist. Wenn du mich auf der Veranstaltung siezest, wird jeder denken, dass wir eine rein geschäftliche Beziehung haben.« Zufrieden grinste er über seinen hirnrissigen Plan.

»Na gut, aber dann siezest du mich auch.« Ich blickte wieder genervt aus dem Fenster.

»Ich habe doch gesagt, du sollst mir das Denken überlassen!« Ich sah im Augenwinkel, dass er sich zu mir drehte. »Ich erklär es dir. Es ist gar nicht so schwer. Wenn wir uns gegenseitig siezen, dann stehen wir auf einem Level. Demnach kann man irgendwann einfach entscheiden, sich zu duzen. Aber wenn nur ich dich duze, dann zeigt das, dass du meine Angestellte bist und das für immer sein wirst.« Erneut lachte er zufrieden.

»Wie auch immer«, antwortete ich trocken. Ich hatte keine Lust mehr, mit Silver zu diskutieren. Es brachte ohnehin nichts.

Es kehrte wieder Ruhe in das Taxi. Nach einer Weile schob ich meinen Ärger etwas beiseite und fragte: »Was ist das überhaupt für eine Wohltätigkeitsveranstaltung?«

Erneut gaffte mich Silver an. »Hättest du dich nicht wenigstens ein bisschen informieren können? Warum nimmst du alles auf die leichte Schulter?«

»Wann hätte ich dafür Zeit gehabt? Heute früh habe ich noch gedacht, dass ich jetzt vom Eiffelturm aus Paris überblicken werde. Also nerv nicht und sag mir, zur Hölle, worum's geht!!«

Ich wollte es wirklich vermeiden, ihn anzumotzen, allerdings konnte ich mich nicht mehr beruhigen. Zum Glück war das kleine Fenster zwischen Fahrerkabine und Rückbank geschossen, sodass der Taxifahrer uns nicht hören konnte. Bei der Lautstärke würde es mich nicht überraschen, wenn doch.

»Is ja gut. Es ist ein Event von Nike. Wir sammeln Spenden für ihr Soccer United Projekt, wo Kinder verschiedenster Kulturen zusammen Fußball spielen. Das hilft dann bei der Integration, oder so. Ich bin das Gesicht des Projekts«, sagte er desinteressiert.

»Wow, als Gesicht einer solchen Kampagne, solltest du vielleicht nicht so enthusiastisch darüber sprechen«, höhnte ich sarkastisch.

Silver lachte genervt auf. »Was auch immer!« Er blickte wieder aus dem Fenster und es herrschte wieder Stille.

Der Fahrer schob nach einer Weile das Fenster auf die Seite und teilte uns mit, dass wir an unserem Zielort angekommen waren.

Wortlos stieg Silver aus. Ich bezahlte den Fahrer und folgte Silver. Wir standen nun vor einem dreistöckigen Haus. Es war alt und sehr luxuriös und stach kunstvoll aus der Reihe an Häusern hervor.

Es fühlte sich an, als könnte ich gleich zumindest etwas Kultur erfahren, denn diese Wände konnten Geschichte erzählen.

Sweet Revenge in Paris | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt