17. weiße rosen

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~ Thoughts are the shadow of our feelings--always darker, emptier and simpler ~

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~ Thoughts are the shadow of our feelings-
-always darker, emptier and simpler ~

Ich weiß nicht, wie lange ich gemalt habe. Das einzige was ich wusste, war, dass es irgendwann dunkel war.

Meine Pinsel machte ich sauber und trocknete sie danach ab. Gerade als ich mir meine Hose ausziehen und meine Pyjamahose anziehen will, klingelt es. Für einen Moment verharre ich in meiner Position und warte darauf, dass ich Schritte höre, aber da passiert nichts.

Ich seufze, knöpfe meine Hose wieder zu und laufe die Treppen runter zur Haustür. Ich rechne damit, dass Ms. Bravor vor der Tür steht, die neben uns wohnt und ständig ihre Schlüssel vergisst, aber als ich die Tür öffne steht da niemand.

Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, gucke nach rechts und links, ob ich irgendjemanden sehe, aber da ich auch niemand.

Gerade will ich die Tür wieder zu machen, als mein Blick zur Fußmatte gleitet. Wie erstarrt bleibe ich stehen und sehe den weißen Rosenstrauß an.

Mein Herz fängt an mir bis zum Hals zu klopfen, meine Hände zittern und mein Atem geht unfassbar schnell. Die Welt hört auf sich zu drehen und gleichzeitig fängt sie an, sich doppelt so schnell zu drehen.

Vorsichtig gehe ich in die Knie, nehme den Strauß in die Hand. Dann, als hätte mich was gestochen, schmeiße ich die Tür zu und renne nach oben in mein Zimmer. Ich setzte mich auf mein Bett und lege die Blumen vor mir ab.

Ich starre sie einfach nur an. Diese scheiss Blumen und ich weiß, was sie zu bedeuten haben, was es heißt das sie vor mir liegen und das ich verdammt nochmal recht hatte.

Weiße Rosen sind das Markenzeichens meines Vaters.

Früher, als er noch bei uns gelebt hat, ist er nach einem Streit zu meiner Mutter oder zu mir gekommen und hat uns einen geschenkt, als Friedensangebot. Er meinte, weiß wäre rein und gut für einen Neuanfang. Ich habe in jeder Woche mindestens einen Strauß bekommen.

Ich weiß was es zu bedeuten hat, wenn sie gerade vor mir liegen. Er muss wirklich raus sein. Raus aus dem Gefängnis und auf freiem Fuß.

Da meine Atmung immer noch unkontrolliert geht, zwinge ich mich tief ein und aus zu atmen, mich zu beruhigen und nicht direkt zu Hyperventilieren. Als meine Sicht verschwimmt, merke ich wie sich Tränen in meinen Augen bilden. Die Erinnerungen holen mich ein, jeder Schlag den ich bekam, jedes Wort das er mir entgegen gebrüllt hat und anschließend, wie er über meiner Schwester steht, komplett schockiert und sich nicht bewegend.

Ich wische sie mir wütend weg und verbiete wegen ihm zu heulen. Er hat meine Tränen nicht verdient.

Aus einem Impuls heraus nehme ich mein Handy vom Ladekabel, öffne es und rufe Adrien an.

Es dauert ein paar Sekunden, aber er nimmt ab. Als er spricht, hört sich seine Stimme verschlafen und rau an. »Scheisse man, ich hoffe du hast einen guten Grund dafür mich bei meinem Schönheitsschlaf zu stören.«

Mein Blick fokussiert immer noch die Rosen und aus irgendeinem Grund kann ich sie nicht aus den Augen lassen. »Weiße Rosen.« flüstere ich. Ich traue meiner Stimme nicht und will nicht komplett hilflos wirken, obwohl ich genau das bin. Hilflos. Das war ich schon immer.

»Was?« fragt Adrien und hört sich plötzlich nicht mehr so verschlafen an. Er ist wach und an dem Rascheln im Hintergrund erkenne ich, dass er sich gerade wahrscheinlich aufgesetzt hat.

»Es hat geklingelt.« sage ich wie in Trance. Mein Stimme immer noch ein flüstern, das Blut pulsiert durch meine Adern und ich höre es in meinen Ohren Rauschen. »Ich bin runtergegangen und da waren sie. Ein Strauß weißer Rosen.«

Ich kann nicht aufhören sie anzuschauen, Erinnerungen spielen sich vor meinen Augen ab und auch wenn ich versuche sie zu verdrängen, kriege ich es einfach nicht hin. Eine einzelne Träne fließt meine Wange runter, tropft von meinem Kinn und fällt auf meine Beddecke.

»Oh mein Gott.« haucht Adrien, genauso perplex wie ich. »Heißt das, ähm, heißt das er ist draußen?«

Ich nicke, merke nicht das er mich ja gar nicht sehen kann, aber keine Antwort ist für ihn schon Antwort genug.

Adrien und ich sind Beste Freunde seit dem Kindergarten und haben viel durch gemacht, auch diese Sache, aber er wusste es erst, als meine Schwester gestorben war. Wir waren Kinder. Wenn Adrien mich gefragt hat, warum ich blaue Flecken auf meinem Arm habe oder ein Verband um meinen Bauch, habe ich gesagt ich hätte mich beim Spielen verletzt. Wir waren jung und dumm, natürlich hat er es mir geglaubt und nicht weiter nachgefragt.

»Was willst du jetzt machen?« fragt Adrien, immer noch schockiert und mir geht es nicht anders. Ich sitze seit einer halben Stunde in der gleichen Position und bewege mich nicht.

»Ich habe keine Ahnung.« krächze ich und plötzlich entweicht mir ein Schluchzen. Ein kleines, kaum hörbares, aber Adrien muss es gehört haben.

»Okay bleib wo du bist. Wow, wo solltest du auch hin? Egal, ich komme jetzt rum, okay? Dann lege ich mich zu dir und wir reden. Über Jungs. Über Jason und Nathan, okay?« fragt Adrien und ich höre die Hintergrund Geräusche, wie er das Bett verlässt.

»Adrien?« frage ich und nehme das erste mal den Blick von den Rosen. Als es von der anderen Seite Zustimmend brummt, fahre ich weiter. »Ich habe dich lieb du kleine Kanalratte.«

»Ich habe dich auch lieb du Kröte.« ich höre sein Lächeln und auf meinen eigenen Lippen schleicht sich ein Lächeln.

Adrien und ich telefonieren die komplette Fahrt. Irgendwann schaffe ich es, den Strauß wegzulegen. Auf meinen Schreibtisch und mich mit dem Rücken in die Richtung zu drehen. Adrien hat einen Schlüssel unseres Hauses, auch wenn meine Mom das nicht weiß und definitiv nicht glücklich darüber wäre, wenn sie es wüsste, aber jetzt gerade bin ich total froh darüber.

Ich höre die Tür unten leise aufgehen, die leisen Schritte hochkommen und dann wie meine Zimmertür aufgemacht wird. Mein bester Freund zieht sich die Schuhe und Jacke aus, dann kommt er wortlos zu mir und legt sich in mein Bett. Ich rutsche zu ihm rüber und er schlingt dein Arme sofort um mich, hält mich, sagt nichts, aber ich bin dankbar. Dankbar dafür dass es ihn gibt und dass er sich mit mir abgibt.

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