31. im kopf gefangen

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~ If everything had been different

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~ If everything had been different. Would everything be different today? ~

Ich wollte das alles nicht. Nichts von dem was gerade passiert und doch macht dieses scheiss Leben einfach was es will.

Ich habe überlebt, wow und jetzt? Mein Alltag besteht aus Menschen die mich mit mitleidigen Blicken anschauen und versuchen etwas zu machen, damit es mir besser geht. Sie bringen mir essen, schauen Filme oder Serien die einfach an mir vorbei ziehen und sprechen mit mir, als würde ich antworten. Was ich nicht tue.

Ich erkenne die Stimmen, ich erkenne das sie etwas sagen aber nicht wirklich was. Es ist eher ein in Watte umhülltes Flüstern, dass nicht ganz passen will.

Und doch kommen sie jeden Tag wieder und versuche mir das Gefühl von leere zu nehmen.

Was sie nicht können.

Außer vielleicht Jason, denn bei ihm habe ich mittlerweile das Gefühl einen Wutanfall zu bekommen. Er behandelt mich wie ein rohes Ei, trocknet mich sogar ab und zieht mich um, wenn ich schon wieder unter der Dusche sitze und versuche aus dieser komischen Traumwelt rauszukommen. Aber er sieht es einfach nicht, obwohl er mich wirklich jeden Tag besucht.

Er sieht nicht, dass ich es zwar verarbeite, aber nicht so stumm sein möchte. Ich will mit meinen Freunden reden können, aber mein Körper macht einfach was er will und kümmert sich nicht darum, dass ich mich selber jeden Tag im Kopf anschreie endlich zu erwachen.

Es ist schwierig zu erklären was in meinem Kopf passiert, wenn ich es selber nicht mal weiß. Ich bin einfach überfordert mit mir selbst.

Meine Gedanken kommen zu einem abrupten Halt, als sich etwas flauschiges auf meine Beine setzt.

Ich schaue runter. Braune Augen, umrandet von schwarzen, glänzenden Fell blinzelt mir entgegen. Ein Katze, stelle ich fest, die sich jetzt zu einer Kugel zusammenrollt.

Mein Blick schießt nach oben, als ich eine Bewegung in meinem Augenwinkel erkenne. Meine Mom steht am Türrahmen angelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, als müsste sie sich selber halt geben. Ihre Augen sind gerötet und geschwollen und doch liegt Erleichterung in ihnen.

»Du wolltest immer eine Katze haben.« flüstert sie und macht es mir fast unmöglich sie zu verstehen, wobei ich überrascht bin das ich es überhaupt tue.

Ich nicke, schaue wieder nach unten und will schreien, heulen, schluchzen, auseinander brechen und doch bewegt sich mein Körper nicht, meine Augen werden nicht feucht, als ich der Katze dabei zusehe, wie sie eins ihrer Pfötchen legt.

Ich höre ein seufzen und bin für einen Moment überrumpelt, dass ich es wirklich höre. Seit Wochen oder vielleicht auch Monaten, keine Ahnung wie lange das jetzt alles her ist, höre ich nicht mehr wirklich was, als wäre ich in Trance. Ich schaue wieder hoch und begegne dem Blick meiner Mom.

»Peter, er...« sie räuspert sich und kratz sich am hals, als würde es das besser machen. Ein Teil in mir drin horcht bei dem Namen auf, der andere und größere Teil ist immer noch in bleischwerer leere gefüllt. »Er wurde verhaftet.«

Meine Mom blickt mich immer noch an, scheint nach einer Reaktion zu suchen die nicht kommen wird. In mir drinnen reißt etwas. Vielleicht die Mauer, die meine Gefühle ausgesperrt hat, denn für einen Moment spüre ich wirklich so etwas wie Erleichterung, Freude, Trauer, aber es ist so schnell wieder weg das ich mir nicht sicher sein kann.

Ich nicke, denn sonst weiß ich nicht, was ich noch machen soll. Ich will meinen Mund aufmachen, meine Mom anschreien und fragen warum sie mich und mein Leiden erst jetzt wahr nimmt. Ich will heulen um die Menschen die ich geliebte habe, um mich selber, weil ich mich nach Jahren endlich geliebt habe, aber mein Körper und mein Kopf scheinen wieder eine Blockade zu haben, denn es passiert nichts.

Meine Mom wartet ein paar Sekunden, dann seufz sie und kneift die Augen zusammen. Einen kurzen Moment denke ich sie dreht sich um und geht, aber dann geht sie überraschenderweise einen Schritt nach vorne und schließt die Tür hinter sich.

»Finn und Ethan fragen die ganze Zeit nach dir.« sagt sie und lächelt traurig, müde. Anscheinend soll ich wieder etwas sagen, denn sie schaut mich erwartungsvoll an, etwas wie Hoffnung in ihren Augen. Aber ich halt ihrem Blick einfach stand, weil ich nicht weiß was ich erwidern soll. Dass es mir leid tut, dass ich mich bessern werde? Die Worte kommen nicht aus mir heraus und auch wenn sie es tun würden, wären sie falsch, nicht richtig.

Sie lässt ihren Kopf hängen, als sie nach Sekunden merkt das ich nicht reagieren werde. Dann nickt sie, schnieft und läuft zur Tür. Mom macht die Tür auf und ist schon fast weg, als sie sich nochmal umdreht.

»Jason kommt gleich vorbei.« ein Lächeln taucht auf ihren Lippen auf und ich sehe fast schon ein verträumter Ausdruck in ihren Augen. Sie seufz. Ein weiteres Mal. »Er ist so ein toller, junger Mann.« sie quietscht fast und plötzlich bin ich etwas, wie amüsiert. Meine Mundwinkel zucken, ohne das ich etwas dagegen machen kann. »Bitte, bitte, bitte lass ihn mein Schwiegersohn werden. Ich werde niemand anderen aktzeptieren.«

Ohne das ich auch nur etwas dagegen tun kann, entschlüpft mir ein leises kichern. Meine Mom erstarrt, schaut mich aus großen Augen an, bevor sie so sehr anfängt zu strahlen, dass sie der Sonne Konkurrenz machen könnte. Ohne ein weiteres Wort dreht sie sich um und geht.

Ich lege mich auf die Seite und vergesse dabei völlig die Katze, die ich jetzt habe. Sie miaut, läuft dann aber neben meinen Körper entlang und legt sich neben meinem Kopf, auf mein Kopfkissen. Ich betrachte mein neues Haustier, dass jetzt dösend genau vor mir liegt und leise Geräusche von sich gibt.

»Willkommen in dieser verkorksten Familie, Alex« flüstere ich in die Stille rein, bevor ich mir die Decke über die Schultern ziehe und eindöse.

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