Taverne

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Am nächsten Morgen weckt mich Sarah. Sie stellt ein Tablett mit Frühstück auf den kleinen Tisch im Salon.

»Ich darf also alleine essen?«, frage ich und freue mich darüber.

»Du wirst nur abends mit König Milan und Julian speisen. Tagsüber sind beide beschäftigt, vor allem König Milan.«

»Fällt er harte Urteile? In meinem Reich wird erzählt, er sei so grausam ist wie sein Vater.«

»Sie sind gerecht«, sagt Sarah nur, was alles heißen kann.

»Und was wird nun von mir verlangt? Was soll ich hier machen?«

»König Milan lässt ausrichten, dass du zum Zeitvertreib alles bekommen kannst, was du willst. Er meinte du liest gerne?«

»Ja, ein paar Bücher wären nicht schlecht.«

»Kein Problem, ich besorge dir welche. Im Schloss gibt es eine Bibliothek, die zeige ich dir bei Gelegenheit«, meint Sarah und lächelt.

»Danke, das ist lieb.«

»Na dann, guten Appetit. Solltest du mich sonst mal brauchen, ziehe einfach an der Schnur hier drüben. Dann läuten mehrere Glocken, die alle für mich bestimmt sind und in allen Bereiche der Bediensteten hängen. Ich komme dann zu dir.«

Ich nicke und Sarah lässt mich alleine.

Nachdem ich ein weißes Kleid mit Schleppe angezogen habe, beschließe ich das Schloss auf eigene Faust zu erkunden. Da kann man immer mehr entdecken, als bei einer Führung.

Zuerst laufe ich den oberen Flur entlang, der nochmals zwei Abzweigungen hat. Ich traue mich nur ein paar der Türen zu öffnen, nachdem ich zuvor daran gelauscht habe. Es sind Salons und Schlafzimmer, die in verschiedenen Farben gehalten sind. Außerdem finde ich noch eine Abstellkammer und ein Kaminzimmer. Nun fällt mir eine Tür auf, die einen Spalt offen steht. Dieses Zimmer befindet sich zwei Türen weiter von meinem. Vorsichtig spähe ich hinein und sehe ein Himmelbett aus dunklem Holz und schwarzer Bettwäsche. Die Bettpfosten sind kahl, ohne Vorhänge. Die Wände sind mit einer dunkelblauen Tapete mit Schnörkelmuster bedeckt und ein Fenster befindet sich wie in meinem Zimmer in einem Erker. Außerdem sehe ich einen Sekretär, auf dem sich Papierhaufen, Bücher und ungeöffnete Briefe stapeln. An der Wand hängt ein Gemälde, auf dem die königliche Familie zu sehen ist, inklusive der verstorbenen Königin, Milan und Julians Mutter.

Entweder ist es Milans oder Julians Zimmer, vermute ich. Schnell weiche ich zurück und gehe weiter. Zwei Dienstmädchen mit Putzutensilien kommen mir entgegen und halten für einen Knicks inne, ehe sie weiterhuschen und ein Zimmer betreten. Eine andere Tür fällt mir nun ins Auge, die reich mit Schnitzereien versehen ist. Vorsichtig drücke ich die Türklinke nach unten, aber die Tür ist abgesperrt. Was wohl dahinter ist?

Ich bin mittlerweile im Erdgeschoss angekommen und gehe durch endlose Flure, die mit Gemälden bestückt sind. Während ich laufe, singe ich mein liebstes Volkslied. Meine Stimme hallt durch das Schloss, was mir nichts ausmacht. Ein Diener geht an mir vorbei und verbeugt sich mit einem Lächeln. Ich komme nun zum Ballsaal, den ich schon bei der Führung durchs Schloss gesehen habe. An der Decke hängen viele Kristallkronleuchter, deren Glühbirnen schwach leuchten, da es im Moment draußen nur dämmert. Lila Farben durchziehen den Himmel. Die Wände sind mit einer weiß-goldenen Tapete versehen. Zahlreiche Rundbogenfenster, die bis zum Boden reichen, sind an den Wänden angebracht, sodass man hinaus in den Schlossgarten sehen kann. Den möchte ich auch noch erkunden.

Ich laufe an den Gemälden vorbei, die hier im Ballsaal Gold eingerahmt sind und singe noch immer. Auf einmal höre ich Schritte über mir und sehe hinauf zur Empore, die kreisrund an den Wänden verläuft. Milan steht am goldenen Geländer und betrachtet mich fasziniert. Ich höre auf zu singen und setze mich in Bewegung um zu gehen, als er sagt: »Du musst nicht aufhören zu singen. Du hast eine schöne Stimme. Was ist das für ein Lied?«

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt