Liebreizend

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Milan wankt ein wenig, während er mich trägt und ich versuche nicht einzuschlafen. Wenn ich die Augen schließe, dreht sich alles, also zwinge ich mich, sie offenzulassen. Ich erschrecke, als wir plötzlich ein gutes Stück weiter vorne sind. Nun wieder. Milan teleportiert sich. Besser gesagt uns.

»Das fühlt sich seltsam an«, kommentiere ich lallend. »Es fühlt sich an, als würde man kurz seinen Körper verlassen.«

»Ist es unangenehm für dich?«, fragt mich Milan.

»Nein, alles gut.«

Wieder teleportiert er uns.

»Habt ihr euch gut amüsiert?«, will er wissen und klingt ungewohnt sanft. Seine Stimme vibriert in meinem Körper, als er spricht.

»Ja, die beiden sind wirklich nett. Ich mag sie. Du solltest deine Vorurteile gegenüber dem Jahrmarkt loswerden. Was hältst du davon, den Jahrmarkt mit mir zu besuchen?«

Milan lacht leise und meint: »Diese Einladung kann ich unmöglich ausschlagen.«

Nun sind wir endlich in meinem Zimmer und Milan lässt mich vorsichtig runter.

»Danke fürʼs Heimbringen.« Tief atme ich durch, um den Schwindel unter Kontrolle zu bekommen.

»Gerne. Schlaf gut und wenn etwas sein sollte, kannst du gerne zu mir kommen.«

Ich werfe ihm einen ungläubigen Blick zu.

»Das meinte ich ohne Hintergedanken. Ich nutze keine Jungfrau in Nöten aus.«

»Das bin ich nicht«, gebe ich zurück und wanke zum Bett.

»Keine Jungfrau oder nicht in Nöten?« Ich höre das Schmunzeln in seiner Stimme.

Ich werfe einen Blick zurück zu ihm. »Beides nicht«, gebe ich mit einem verschmitzten Grinsen zurück und Milan hebt erstaunt über meine ehrliche Antwort seine Augenbrauen.

Es stimmt, was ich sage. Vor zwei Jahren hatte ich meine erste und einzige Romanze mit einem Jungen aus meinem Dorf, den ich bei einem meiner Spaziergänge kennengelernt hatte. Es war nur eine Sommerromanze. Ich war verknallt, mehr nicht und wollte Erfahrungen sammeln. Es war aufregend mit jemandem aus dem Dorf Kontakt zu haben. Das kam schließlich nicht oft vor. Zweimal habe ich mit ihm das Bett geteilt und gemerkt, dass dies nicht der richtige Weg für mich ist. Ich bin mir sicher, es ist besser mit jemandem, den ich wirklich liebe.

»Gute Nacht«, wünsche ich. Nun neigt er seinen Kopf und lässt mich alleine.

Am Morgen muss mir Sarah ein Schmerzmittel für meinen Kopfschmerz bringen.

»Ich danke dir«, sage ich und reibe seufzend meine Schläfen.

»Nichts zu danken. Ich lasse deine Haare einfach komplett offen heute, wenn du nichts dagegen hast. Du wirst wohl heute nicht viel raus gehen, denke ich.«

»Da hast du Recht. Ich werde in meinem Zimmer bleiben und mich ausruhen. Sollte ich nochmal auf die Idee kommen, in die Taverne Wasserquelle zu gehen, erinnere mich bitte daran, nie wieder von dem Brunnen zu trinken. Das ist unterweltliches Zeug.«

Sarah lacht. »Das werde ich.«

Den Tag verbringe ich mit Lesen und bereue so viel getrunken zu haben. Das Schmerzmittel lässt den Kopfschmerz nicht vollkommen verschwinden. Als es Zeit zum Abendessen ist, raffe ich mich auf und mache mich frisch. Ich streiche mein hellblaues Kleid glatt und gehe nun hinunter zum Speisesaal. Milan und Julian betrachten mich lächelnd.

»Noch am Leben?«, fragt Milan amüsiert.

»Offensichtlich«, gebe ich zurück und gehe mit dumpf hämmerndem Kopf zum Tisch. »Hast du keine Schmerzen?«

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt