Zukunft

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Nachts rufe ich Sarah zu mir.

»Was gibtʼs?«, fragt sie nachdem sie leise die Tür hinter sich geschlossen hat.

»Ich möchte raus gehen. Auf den Jahrmarkt«, sage ich entschlossen.

Sarah sieht mich erstaunt an. »Du weißt doch, dass König Milan es verboten hat. Er hat mich noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, nicht mir dir dahin zu gehen.«

»Ich weiß, aber warum? Was soll an einem Jahrmarkt so schlimm sein? Im Reich des Lichts habe ich nicht die Möglichkeit dazu. Ich bin nun aber hier und möchte den Jahrmarkt besuchen. Er fasziniert mich.«

»Naja, dort gibt es Zauberer aus dem ehemaligen Hof der Künste. Manche Magier verzaubern dich gegen deinen Willen oder überreden dich zu Verzauberungen, für die man danach bezahlen muss. Außerdem ist das kein guter Ort für eine Göttin. Vor allem für eine aus dem Lichtreich. Dort ist alles etwas ... verrucht und dort gibt es Frauen, die ihren Körper verkaufen.« Sarah scheint dieses Thema unangenehm zu sein. Ich muss lachen.

»Ich weiß was sich dort abspielt. Die Sachen mit den Frauen finde ich nicht gut, aber alles andere interessiert mich. Die Tänzer, die Wahrsager ... ich würde mir gerne die Zukunft voraussagen lassen.«

»Ich glaube das ist nur Schwindel. Nur ein Orakel kann dir die Zukunft zeigen, aber den wenigsten zeigt sich ein Orakel.«

»Mag sein, aber ich möchte es sowieso nur aus Spaß machen. Außerdem werde ich wohl für immer hier bleiben müssen, da muss ich doch meine neue Heimat besser kennenlernen«, meine ich schnippisch.

»Das kannst du nicht machen. König Milan wird sehr wütend werden.« Sarah klingt sehr besorgt.

»Ich gehe auf jeden Fall. Entweder kommst du mit oder ich gehe alleine. Ich werde nicht mehr darauf hören was Milan befiehlt. Er hatte die Möglichkeit mit meinem Vater neu zu verhandeln. Mein Vater hätte ihm alles gegeben. Aber nein, Milan möchte auf einmal nicht mehr verhandeln, sondern mich lieber weiter gefangen halten. Ich werde mich ganz sicher nicht mehr an seine Regeln halten.«

»Amalia, ich verstehe deine Wut. Ich kann seine Entscheidung auch nicht nachvollziehen, aber das steht mir ohnehin nicht zu. Aber bitte treibe es nicht zu weit. Ich möchte nicht, dass er dir etwas antut. Ich habe dich echt lieb gewonnen.«

Ich muss und lächeln. »Ich mag dich auch und ja, ich werde es nicht übertreiben. Schließlich möchte ich nicht doch noch hingerichtet werden.«

Sarah seufzt und meint: »Na gut, ich komme mit.«

»Ich liebe diesen Duft«, schwärme ich, als wir beim Jahrmarkt ankommen.

»Riecht ziemlich süßlich, ist bestimmt die Zuckerwatte«, vermutet Sarah.

»Ah, so heißt die Süßigkeit. Ich würde sie gerne probieren, hast du Geld dabei?«

Sarah überlegt. »Ich habe von König Milan Geld für dich bekommen, falls ich dir etwas kaufen soll. Möchtest du es dafür benutzen?«

»Ja, bitte«, antworte ich mit einem Lächeln. Ich bin etwas aufgeregt, da ich so etwas noch nie gegessen habe. Ob die Zuckerwatte meine Wahrnehmung verändern wird? Sarah gibt mir Geld und ich gehe zu dem Süßigkeitenstand, um zu bestellen. Ein Mann, der ein buntes Tuch um seinen Kopf gewickelt hat, fragt: »Welche Farbe darf es sein? Alle Farben sind möglich. Sie haben die gleiche Wirkung«

Ich überlege kurz. Soll ich fragen welche Wirkung die Zuckerwatte hat? Nein, ich lasse mich lieber überraschen.

»Lila, bitte.«

»Gerne«, sagt der Mann und hält einen Holzstiel in eine Maschine. Er dreht den Stiel im Kreis und die lila Watte heftet sich an ihn. »Hier, das macht zwei Amethysen.«

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt