Wüste

67 5 0
                                    

Milan und Julian folgen mir die Treppe hinauf, da ihre Zimmer nur ein paar Türen weiter liegen.

»Gute Nacht«, wünsche ich.

Milan wendet sich an Julian: »Geh schon mal weiter. Ich muss noch mit Amalia sprechen.«

Julian nickt und wünscht uns eine gute Nacht. Ich bin auf einmal nervös und frage: »Was gibt es? Möchtest du noch ein Gedicht vortragen?«

Milan schüttelnd grinsend seinen Kopf. »Nein, ich möchte dich um etwas bitten. Ich werde morgen ins Reich der Freiheit reisen und möchte sehen, wie die Menschen dort leben. Einer meiner Berater ist vorher dorthin gereist und hat mit den Menschen gesprochen. Sie sind mit einem Besuch einverstanden, aber bestehen darauf, dass ihnen nichts angetan wird. Was ohnehin nicht meine Absicht ist. Ich möchte ihnen zeigen, wie wir sind. Dass sie keine Angst vor uns haben müssen. Weder vor mir, noch vor den Göttern des Lichtreiches. Sie sollen sehen, dass ich nicht wie mein Vater bin. Ich wäre froh, wenn du mitkommst. Dir werden sie mit Sicherheit mehr vertrauen, als mir. Vielleicht können wir zusammen einige überzeugen in eines unserer Reiche zu kommen. Ich möchte ihnen eine bessere Zukunft anbieten. Sie leben dort in armen und einfachen Verhältnissen.«

»Du willst sie wirklich nicht zwingen in dein Reich zu kommen?«

»Nein, warum sollte ich das tun? Ich schwöre dir, ich möchte ihnen nur ein besseres Leben ermöglichen. Die meisten sind damals wegen der Taten meines Vaters geflohen. Sie dachten, alle Götter wären wie er. Ich möchte sie vom Gegenteil überzeugen. Ich bin mir sicher, sie werden entzückt von dir sein.«

»Warum bist du dir da so sicher? Ich bin auch nur eine Göttin und der Feind in ihren Augen.«

»Weil auch ich entzückt von dir bin«, erwidert Milan mit einem verschmitzten Grinsen. Ich weiß nicht, ob er es ernst meint.

Ich seufze. »Na gut, ich komme mit. Ich möchte zumindest Frieden stiften und sie sollen uns nicht mehr als ihre Feinde ansehen. Außerdem interessiert es mich wirklich, wie sie dort leben.«

Milan strahlt, was meinen Herzschlag beschleunigt. »Ich danke dir. Um sechs Uhr fahren wir los und fahren den Tag darauf wieder zurück. Im Reich der Freiheit ist es ziemlich warm, da es in der Wüste liegt. Nimm also nicht zu warme Kleidung mit.«

»Deinen Umhang kannst du also zu Hause lassen«, sage ich frech und öffne meine Zimmertür.

»Kasper, mein Leibgardist kommt mit. Soll deine Zofe auch mitkommen?«

»Nein, Sarah muss nicht mitkommen. Aber du brauchst einen Leibgardist?«, frage ich provokant.

Milan muss wegen meinem Tonfall grinsen. »Als zusätzliche Sicherheit, weil ich nicht überall meine Augen haben kann. Kasper begleitet mich immer auf meinen Reisen.«

»Achso. Na dann, gute Nacht.«

»Schlaf gut«, sagt Milan sanft und geht.

Zu zweit sitzen wir in der Kutsche und fahren Richtung Süden. Kasper führt die Kuschte, damit nicht noch ein Kutscher mitkommen muss. Stefano begleitet uns bis zum Gebirge und sitzt neben Kasper. Wir lassen einige Dörfer hinter uns und nähern uns dem dunklen Gebirge im Süden.

»Gibt es einen Weg durch das Gebirge?«, möchte ich wissen.

»Ja, einen einzigen. In meinem Reich zumindest. Als mein Vater noch lebte, wurde er immerzu bewacht, damit niemand ins Reich der Freiheit flieht.«

Tatsächlich nähern wir uns nun einem kleinen Tunnel, den wir innerhalb von Sekunden passieren. Schlagartig ändert sich hinter dem Gebirge das Klima und es wird heiß. Im Reich der Dunkelheit ist es im Moment zwar auch warm, vielleicht weil das Sommerwetter aus dem Lichtreich warme Luft über die Grenze weht, aber hier ist es schwül und unangenehm warm. Außerdem ist es hier taghell und die Sonne strahlt vom Himmel herab. Die Kutsche hält an und wir steigen aus. Stefano kann nun seinen Zauber ausführen, für den er hier ist. Er zaubert die Räder der Kutsche fort und ersetzt sie durch zwei Kufen, damit wir durch den Wüstensand kommen.

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt