Licht und Dunkelheit

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Zwei Monate später stehe ich vor dem Spiegel und betrachte mich. Mein weißes Kleid ist ein wenig ausgestellt, hat eine Schleppe und ist mit Spitze, Perlen und Diamanten besetzt. Milans Mutter hatte einen hervorragenden Geschmack. Sarah hat meine Haare frisiert und sie größtenteils offen gelassen. Nur zwei Zöpfe zu beiden Seien hat sie nach hinten gesteckt.

In den vergangenen Monaten wurde das meiste wieder aufgebaut nach der Flutwelle. Milan, Julian und ich waren oft in den Dörfern unterwegs, haben geholfen und nach dem Rechten gesehen. Den Menschen geht es wieder viel besser und sie scheinen glücklicher denn je zu sein. Vor allem, weil unsere Hochzeit bevorsteht. Das Volk wünscht sich eine Königin. Mich. Das bringt mich zum Lächeln.

Nun setzt mir Sarah den Blumenkranz auf, der aus weißen und rosafarbenen Blüten besteht und mich als Braut kennzeichnet neben dem weißen Kleid.

»Und zum Schluss der Schleier«, sagt sie lächelnd und nimmt den bodenlangen Schleier vom Bett, um ihn in mein Haar zu stecken. »Perfekt.«

Sie betrachtet mich gerührt und ich sehe, dass sie Tränen in den Augen hat.

»Freut mich, dass ich dir gefalle«, meine ich und stupse sie liebevoll mit der Schulter an.

»Ich bin so aufgeregt, als wäre es meine eigene Hochzeit.«

Ich muss lachen. »Bei mir geht es im Moment noch. Wer weiß, vielleicht ist es bei dir auch bald so weit.«

Sarah errötet und versucht sich ein Lächeln zu verkneifen. Sie ist frisch mit Kasper zusammen, aber die beiden lassen es langsam angehen.

»Ich mache nur Spaß. Lasst euch ruhig Zeit.«

»Das werden wir.« Sie grinst und zupft eine meiner Haarsträhnen zurecht.

Ich ziehe mir noch weiße Perlenohrringe an, die mir meine Familie für die Hochzeit besorgt hat und bin nun bereit für die Trauung. Ich atme tief durch. Nun werde ich langsam doch aufgeregt. Wer hätte damals gedacht, dass ich den König des Dunkelreiches heiraten werde. Ich muss grinsen und bin gespannt, wie Milan aussehen wird.

Wir haben die Nacht getrennt verbracht. So ist es Tradition. Naja, die Tradition besagt eigentlich auch, dass wir überhaupt nicht in einem Bett schlafen dürfen bis zur Hochzeit. Geschweige denn mehr miteinander tun dürfen, aber diese Regeln haben wir ohnehin schon gebrochen. Heutzutage ist das nicht mehr so wichtig.

Mit meinem Vater zusammen trete ich hinaus in den Garten. Wir lächeln uns an und er streicht mir väterlich über die Wange.

»Du siehst wunderschön aus, Amalia.«

»Danke, Vater.«

Nun rufe ich die Sonne und tauche den Garten in warmes Licht. Ich möchte etwas aus dem Lichtreich hierher bringen. In den letzten zwei Monaten habe ich fleißig daran geübt und kann die Sonne nun beliebig lange scheinen lassen, ohne dass es mich anstrengt. Für die Bewohner des Dunkelreiches ist es ganz aufregend und neu die Wärme der Sonne zu spüren.

Nun ertönt fröhliche Musik.

»Bereit?«, fragt mein Vater und ich nicke.

Nun schlägt mein Herz schneller und wir schreiten voran. Im Rosengarten wurden Stühle für die Gäste aufgestellt, die eine Schneise für mich bilden. Die Trauung findet unter einem weißen Rosenbogen statt.

Wir biegen um die Ecke und ich sehe die zahlreichen Gäste, die gespannt zu uns sehen. Ich lächele glücklich und wage nun einen Blick zu Milan.

Mein Atem stockt, als ich sein Lächeln sehe. Er sieht umwerfend in seiner schwarzen Tunika mit goldenen Verzierungen aus. Zudem trägt er seinen Umhang und seine Krone. Er betrachtet mich überwältig und Julian sagt etwas zu ihm, was ich nicht hören kann, da ich noch zu weit weg bin.

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