Wasser

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Ich weiß, was das Kribbeln bedeutet und betrachte mit rasendem Herzen die Stelle. Beinahe hätte ich einen erleichterten Laut von mir gegeben, als ich Milan näher kommen sehe. Er legt einen Finger an seine Lippen und bedeutet mir damit, leise zu sein. Ich strahle vor Freude. Milan lächelt, aber mustert mich besorgt. Er geht vor mir in die Hocke und streicht zärtlich über meine unverletzte Wange. Selbst im schwachen Licht der Höhle sehe ich das Funkeln in seinen blauen Augen.

Binnen einer Sekunde verschwindet er vor meinen Augen und teleportiert sich zu Pavel. Sofort übt er einen Schlag auf ihn aus. Pavel rappelt sich augenblicklich auf und greift sich den Schürhaken beim Kamin. Ich stehe erschrocken auf und klammerte mich an die Gitterstäbe.

Nun höre ich Lärm über der Höhle. Es klingt nach Kämpfen. Milans Armee muss hier sein. Milan und Pavel kämpfen unerbittlich. Es scheint, als lässt sich Pavel mit Absicht zu einer Wand drängen. Nun begreife ich auch warum, denn ein Schwert liegt auf einer Kommode. Er hatte wohl vorgesorgt wegen unserem vergangenen Kampf. Blitzschnell tauscht er den Schürhaken gegen das Schwert. Milan kämpft noch beeindruckender als beim Turnier. Ich höre mehrere Schritte näher kommen und ich bekomme fürchterliche Angst, da Milan in der Unterzahl sein wird. Doch ich erblicke goldene und schwarze Rüstungen. Ich gebe einen erleichterten Laut von mir.

Unter den Männern und Frauen erblicke ich auch meinen Vater und ich bekomme Tränen in meine Augen. Pavel nutzt den Moment und rennt zu einem Schrank, den er mit voller Kraft zur Seite schiebt. Dahinter kommt ein Ausgang zum Vorschein, aus dem Tageslicht dringt. Milan schießt sein Feuer auf Pavel, aber erwischt ihn nur am Arm, da er schnell durch den Ausgang verschwindet. Milan knurrt und kommt mit meinem Vater zu mir gelaufen. Milan bringt das Schloss, der Zelle mit seinem Feuer zum Schmelzen und kann so die Tür öffnen. Milans Blick fällt auf meine Handschuhe. Seine Verwirrung steht ihm ins Gesicht geschrieben.

»Die Handschuhe verhindern, dass ich meine Kräfte benutzen kann. Man braucht einen Schlüssel dafür«, teile ich ihm mit.

Milan legt seine Finger an die Verschlüsse und lässt sie mit seinem Feuer schmelzen. Wieder wundere ich mich darüber, nicht verbrannt zu werden, aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt um nachzufragen. Schnell streife ich die Handschuhe ab und wir fallen uns in die Arme. Danach umarme ich meinen Vater, der vor Erleichterung aufseufzt.

»Endlich seid ihr hier«, sage ich.

Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass mein Vater mitkommen und mit Milan zusammenarbeiten würde. Ihre Soldaten kämpfen mit Sicherheit in der Burg. Auch als Ablenkung, damit mein Vater und Milan hierher gelangen konnten.

»Schnell, wir lassen ihn nicht entkommen«, sagt Milan und wir rennen zum Ausgang, den Pavel benutzt hat.

Wir gelangen auf ein Plateau aus schwarzem Fels. Dahinter befindet sich das Meer. In der Ferne kann ich das Festland von Amethysia erkennen. Pavel hat uns bereits erwartet und breitet seine Arme aus. Ein Ärmel seiner Tunika hängt zerfetzt und verkohlt an ihm herab. Die Haut darunter ist aufgeplatzt und blutet. Gleich wird er seine Kraft benutzen. Wir bleiben einige Meter von ihm entfernt stehen.

»Endlich begegnen wir uns alle miteinander«, meint Pavel und lässt das Meerwasser zu einer Wand am Ufer werden.

Milan und mein Vater sehen ehrfürchtig zu. Pavel lässt das Wasser zusammenfallen und über das Plateau schwappen. Der Felsboden ist nun mit einer riesigen Wasserpfütze bedeckt.

»An deiner Stelle, Zoran, würde ich meine Blitze lieber bei mir behalten. Wenn du sie jetzt einsetzt, bekomme nicht nur ich sie ab, sondern auch ihr«, sagt Pavel mit einem bösen Grinsen und deutet auf die Pfütze, in der wir alle stehen. Nun wendet er sich an Milan: »Und dein Feuer, kleiner König, werde ich im Handumdrehen löschen.«

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt