Gabe

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»Dies war mein Geschenk, werter König«, sage ich laut zu Milan, der mit gekräuselten Lippen seinen Kopf zum Dank neigt.

»Und nun feiert weiter!«, ruft Milan durch den Saal.

Die Menschenmenge bewegt sich und beginnt zu tanzen oder umherzulaufen.

Julian kommt auf mich zu, während Milan zu seinem Thron schreitet. Sein Umhang gleitet majestätisch über den Boden. Viele Augenpaare folgen seinem königlichen Gang. Ich muss zugeben, dass auch ich von seiner Ausstrahlung fasziniert bin. Er flößt einem Respekt und Angst ein. Aber zugleich wird man dazu verleitet ihn anzustarren. Seine Ausstrahlung hat etwas Mystisches, Königliches und Verführerisches. Zudem ist er wirklich attraktiv. Noch nie bin ich einem so gutaussehenden Mann begegnet.

Ich schweife mit meinen Gedanken ab ... Ich konzentriere mich nun auf Julian, der vor mir steht und sagt: »Du singst wie eine Nymphe.«

»Das nehme ich mal als Kompliment.« Ich muss grinsen. Nymphen haben zwar einen anrüchigen Ruf, aber sie haben wunderschöne Stimmen.

»War auch so gemeint. Jetzt kommen die Menschen vom Jahrmarkt und haben ihren Auftritt.«

Meine Stimmung hellt sich auf und ich sehe mich um. Ich erkenne Elisa, die sich mit drei weiteren Tänzerinnen vor dem Thron in Stellung bringen. Die Menge macht ihnen Platz. Als die Musik erklingt, beginnen sie zu dem schnellen Rhythmus zu tanzen.

Begeistert dränge ich mich durch die Menge, fast bis nach ganz vorne, um eine gute Aussicht auf die Show zu haben. Mit einem Lächeln betrachte ich die Darbietung.

Kurz huscht mein Blick zu Milan, der zu meinem Schreck mich ansieht anstelle der Tänzerinnen. Seine Lippen formen sich zu einem Lächeln und er sieht mich mit einem wissenden Blick an. Keine Ahnung was in seinem Kopf vorgeht. Ich richte meine Konzentration wieder auf die Tänzerinnen, aber ich spüre Milans Blick noch immer auf mir.

Nach der Tanzeinlage hat ein Magier seinen Auftritt und zaubert unglaubliche Dinge wie einen Elefanten, den er kurz darauf wieder verschwinden lässt. Diese außergewöhnlichen Tiere kenne ich nur aus Büchern. Nun zaubert er zum Schluss seiner Darbietung eine riesige Statue, die genau wie Milan aussieht.

»Die könnt Ihr in Eurem Schlossgarten aufstellen, mein König«, sagt der Magier und verneigt sich vor ihm.

»Ich möchte keine Statuen von mir selbst aufstellen.«

»Ich kann jede Statue zaubern, die Ihr möchtet«, bietet der Magier an.

Ein amüsiertes Grinsen breitet sich auf Milans Gesicht aus, als er sagt: »Dafür schwebt mir nur eine Dame vor, aber ich denke nicht, dass sie das zulassen würde. Ich werde bei Gelegenheit darauf zurückkommen. Hab Dank, Stefano. Du hast uns alle mit deinem Können beeindruckt.«

Stefano verneigt sich wieder und verschwindet in der Menge. Ich beschließe, dass es für mich Zeit ist zu gehen und ich möchte noch eine Runde durch den Schossgarten drehen, bevor ich zu Bett gehe. Die Sterne glänzen über mir während ich an einer Reihe hoher Hecken vorbei schreite, die violett leuchtende Blüten besitzen. Ich berühre sie vorsichtig und ich spüre das Leben in ihnen. Erschrocken lasse ich die Blüte wieder los. Das habe ich noch nie gespürt. Erneut berühre ich die Blüte und fühle, wie sich das Wesen der Blüte mit meinem Geist verbinden möchte. Ich kenne das nur aus Erzählungen meiner Mutter. Sie verbindet ihren Geist mit den Pflanzen und bringt sie zum Wachsen oder verändert sie nach ihrem Willen.

Ich versuche einfach mein Glück und versuche die Farbe zu ändern. Ich lege meinen ganzen Willen hinein und denke an die Farbe Blau. Tatsächlich ändert sich die Farbe der Blüte in blau. Ich schnappe erschrocken nach Luft. Ich kann kaum glauben, dass ich nun auch die Pflanzengabe meiner Mutter besitze. Nicht mal Marie hat diese Kraft bekommen. Ich lächele glücklich und will mich wieder der Blüte widmen, als ich plötzlich Milans Stimme höre: »Blau, meine Lieblingsfarbe. Du hast wohl mehr Kräfte, als ich dachte.«

Licht und DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt