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Auf der Mädchentoilette spritzte ich mir erstmal Wasser ins Gesicht und sah mitleidig mein Spiegelbild an.
Der Kopf unnatürlich rot wie eine Tomate, meine Stirn heiß, als könnte man darauf Spiegeleier braten. Tomaten, Spiegeleier, war doch immerhin fast schon ein ganzes Frühstück.
Es war geradezu erbärmlich.
Was machte ich denn hier überhaupt?

Mitleid brachte mich nicht weiter.
Abgesehen davon hatte ich auch gar keinen Grund dazu, mich selbst zu bemitleiden; ein verpatzter Auftritt auf der Bühne - als hätte das nicht jeder großer Schauspieler mal gehabt.
Schließlich war bis heute kein Meister vom Himmel gefallen.
Ich straffte die Schultern, atmete tief durch und trückte die Klinke nach unten.

Gerade, als ich den Flur betreten wollte, lief der Südländer keine zwei Meter von mir entfernt.
Das war es dann wohl gewesen mit dem regulierten Herzschlag und dem natürlichen Teint.

Immerhin war aber meine Laune nicht mehr im Keller und ich fühlte mich tatsächlich für die nächste Stunde gewappnet, auch wenn Amella kein DS gewählt hatte und dadurch keine große Unterstützung in diesem Metier war.
Ganz zu schweigen von Phoebe, die eine Stufe über mir war.

Ich betrat den viel zu großen Saal und das Hochgefühl von eben fing schon langsam wieder an, zu schwinden.

Da klatschte unser Lehrer auch schon in die Hände, um unsere Aufmerksamkeit zu ergattern, und riss mich somit aus meinen, wie Phoebe zu sagen pflegte <melodramatischen Gedanken>.

«Dem Improviesieren haben wir unsere Aufmerksamkeit dann heute ja schon gewidmet, nicht ganz unwichtig dabei ist das deutliche Sprechen. Das trainieren wir dann jetzt.»

Er gab uns Instruktionen, mit den Holzklötzen dieses Saals - die auch als Bänke fungierten - zwei Reihen zu bilden. Zwischen diesen beiden Reihen war eine Distanz von circa zehn Metern; wie gesagt, dieser Raum war ziemlich groß.

Jeder sollte sich hinter solch einen Klotz stellen, sodass der Gegenüber einem selbst zugewandt stand.
Dann wies unser Lehrer uns auch noch an, unsere Bücher herauszuholen.
Willkürlich wählte er eine Seite aus, von der er Textpassagen an die gegenüberliegenden Paare verteilte, sodass es keine Dopplungen gab.

Dabei fiel mir auf, dass mein Gegenüber niemand geringeres, als Nase war, dessen Begeisterung ihm deutlich anzusehen war.
Er sah aus, als wäre er kurz vorm einpennen.
Ganz so, wie ich mich fühlte, sah er aus.

Der Clue dieser Aufgabe war, dass wir, die Seite mit den Textpassagen, dem Patner auf der anderen Seite der Klötzereihe diktieren sollten, sodass dieser ihn aufschreiben und später vorlesen konnten.
Das deutliche Sprechen würde dann in der Hinsicht geübt, dass alle besonders laut und vorallem besonders deutlich sprechen oder rufen mussten, damit die anderen im ganzen Lärm auch die Chance hatten, irgendetwas von den Passagen zu verstehen.

Als unser Lehrer uns mit einem Blick still aufforderte, loszulegen, ging der ganze Trubel los.
Alle riefen um die Wette, um auch als erstes dem Patner den Text zu diktieren und als erstes Paar fertig zu sein.

Ich ging es hingegen relativ langsam an, weil ich auch wollte, dass Nase eine Chance hatte, mitzukommen.

Da brüllte er auch schon das erste Mal hinüber, dass er etwas nicht verstanden hatte.
Dieses Procedere wiederholte sich im Laufe der Aufgabe noch des öfteren, weshalb es ein Wunder war, dass wir überhaupt fertig wurden und er schließlich etwas textähnliches beim Vorlesen vorzuweisen hatte.

Als dann auch zur Kontrolle der Aufgabe der diktierte Text vorgelesen werden musste, konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen.
Als Nase an der Reihe war, fehlte gefühlt jedes zweite Wort, was ich ihm sogar extra deutlich, auf seine Nachfrage hin, vorgegaukelt hatte.

Ob er das mit Absicht gemacht hatte?
Viel eher bliebe er mit seinem Pseudotext im Gedächtnis, als ich mit meinem Pseudoauftritt vorhin.
Obwohl, so etwas Anspruchsvolles traute ich ihm dann doch nicht zu...
Schließlich war er es ja, der mein Urteil gefällt hatte, als er auf meine noch ausstehende Vorstellung zu sprechen kam.

Dieses Thema hatte sich dann wohl erledigt.

Ob gespielt oder nicht, blöd war er allemal.

Nach der Doppelstunde DS traf ich mich außerhalb der Schule mit Amella, da wir in der Zehnten waren und somit das Gelände sogar legal verlassen durften.

Ich umarmte sie überschwänglich und sie warf mir diesen gewissen Blick zu.
Dieser, der klarmachte, dass sie etwas loswerden musste oder alternativ explodieren würde.
Um ihr dieses Schicksal zu ersparen, weil ich bekannterweise ein herzensguter Mensch war, fragte ich sie also nach ihrem Anliegen.

«Was liegt dir auf dem Herzen.»
Sie wies mit dem Kinn über ihre Schulter, wo just in diesem Moment Nase mit seiner Clique um die Ecke kam.
«Okay... Also was gibt es wichtiges über Nase zu wissen, das ich nicht weiß?»
Ich war wirklich überzeugt davon, dass es nichts gab, was mich überraschen konnte, doch Amelle schien dies doch mal wieder zu gelingen.

«Nase ist doch gar nicht so blöd, wie wir dachten.»

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