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Uns davon schleichen konnten wir jetzt nicht mehr. Nicht, ohne mehr Aufsehen zu erregen, als wir es jetzt im Sitzen schon taten.

Somit blieb uns gar keine andere Wahl, als hier auszuharren.
Wobei es uns auch wirklich hätte schlimmer erwischen können.

Der Südländer verschwand so schnell wie er gekommen war, auch schon wieder von der Bildfläche, da er sich offenbar erst noch seine Sportklamotten anziehen musste.

Seinen kaminroten Hoodie hätte er aber auch anlassen können.
Was faselte ich denn schon wieder, er sah in allem sportlich und verboten gut aus.
Schade nur, dass er uns seine Augenweide verweigerte und wir uns mit dem, was eben sonst noch da war, begnügen mussten.

Wir sahen den Spielern beim warm machen zu, im Wissen, das keiner von ihnen auch nur annähernd an unseren Südländer ran kam.

Gerade waren sie die Arme am dehen.
Der Reihe nach gingen Amella und ich durch und äußerten unsere Meinung zu den Typen.
Bei denen, dessen Achseln von Büschen umwuchert waren, gab es nicht viel zu sagen. Außer Eww.

Als wir gerade über den nächsten herziehen wollten, stockte mir der Atem.
Das war kein gewöhnlicher Spieler.
Das war auch nicht der Südländer.
Das war Nase.

«Was?», völlig geschockt sah ich vor mich.

«Seit wann spielt der denn Basketball?»
Verwirrt folgte Amella meinem Blick, bis ihr entgeistertes Gesicht mir offenbarte, dass sie genauso überrascht war, wie ich selbst.

Da wollten wir uns von unserem Schock erholen und wie auf's Stichwort erschien der Südländer auf dem Spielfeld.

Jetzt war er am Zug.

Durch sein Verspäten musste er die ganzen Warm-mach-Übungen aufholen - in beachtlichem Tempo.
Die Runden lief er geradezu mühelos, bei den Liegestützen schien der Boden sich ihm entgegenzu strecken und das Dehnen ließ er gleich ganz aus.
Bei seinem athletischen Körper...
In Null Komma Nichts hatte er die anderen eingeholt.

Er unterhielt sich zwar nicht großartig mit seinen Teamkameraden und doch wirkte es so, als würde er den Sport nur neben bei tun, als galt seine Aufmerksamkeit etwas ganz anderem, als der vermeindlichen körperlichen Belastung, unter der mein Körper schon längst Insolvenz gemeldet hätte.

Um nicht ganz zu vergessen, weshalb wir eigentlich gekommen waren, wedelte Amella mit dem letzten pan cake vor meiner Nase herum.

Im ersten Augenblick tat ich so, als hätte ich ihn nicht gesehen, im zweiten aber schon langte ich gierig nach ihm.
Amella - die gute Ute wusste genau, was ich vorhatte - riss ihren Arm gerade so rechtzeitig in die Höhe, sodass mein Arm gegen ihren prallte und der unschuldige kleine pan cake durch die Luft katapultiert wurde.
Über den Zaun vor uns hinweg.
Auf das Feld der Jungs.

Im Sprung, gerade, als er den Ball in den Korb warf, waren seine Augen nicht etwa bei dem Ball, wie man es erwartet hätte, sondern sie lagen auf mir.

Wenn wir sowieso schon gesehen worden waren, hätten wir auch direkt gehen können.

Eymen hatte mich eben im Sprung angeschaut.
Während er den Ball in den Korb beförderte, wie es sich gehörte, hatte ich den pan cake über die hohen Grenzen hinweg fliegen lassen.

Eine reife Leistung.
Fand ich zumindest.
Vielleicht sollte ich mich im Volleyball probieren.
Genau diesen Gedanken teilte ich Amella mit, als wir schnurstraks unsere sieben Sachen zusammen gesucht und den kleinen Hügel verlassen hatten.
Eben noch diente er uns als Zuschauerempore, sowie als Bühne für unsere kleine Aufführung.
Jetzt hingegen war er der Ort der Verbannung.

Genau genommen verbannten wir uns selbst, weil diese Reihe an peinlichen Ereignissen hier und heute ihren Höhepunkt erreicht hatte.
Dachten wir jedenfalls.

Ja, Amella hatte mal wieder Recht.

Nein, ich hatte mal wieder nicht auf sie gehöhrt.

Ja, das eben war mehr als nur peinlich.

Und ja, es war auch mehr als nur realistisch, dass ich mir in Anbetracht dieser uangenehmen Umstände Eymens Blick nur eingebildet hatte.

Selbst wenn er rübergeschaut hätte, so hätte mir der pan cake mit seinem perfekten gold braunem Teint die Show gestohlen.

Wow. Das ich mich jemals mit einem pan cake vergleichen würde, hätte ich ja auch nie gedacht.

Eine Weile irrten Amella und ich ziellos durch die Gegend, machten mal hier, mal dort an der Bank halt, um unseren Beinen eine Pause zu gönnen.

Die Jungs in Trikots von eben hätten sich bei unserem Benehmen, oder viel mehr unseren Szenen, vor lauter lauter sicher schon ins Hemd gemacht.
Wir stürtzten uns auf die Bank, kaum, dass sie in der Nähe war - mit einem Verdurstenden zu vergleichen, der über den nächsten Brunnen herfiel - und verließen unter nicht zu unterschätzendem Ächtzen widerstrebend  den heißgeliebten Ort der Ruhe.

Allein das führte mir wieder einmal vor Augen, wie unsportlich ich doch war. Eine von vielen Situationen, die mich knallhart mit der Realität konfrontierte.

Vielleicht sollte ich Amella gleich mit zum Volleyball schleifen.
Wobei, immerhin hatte sie mich die ganze Zeit zum Aufstehen und Weitergehen animiert.

Den Gedanken an Volleyball schob ich schnell beiseite - spielen konnte ich es sowieso nie - da dachte ich an Basketball.

Ich liebte die Bälle, aber sie offenbar mich nicht.

Und ganz abgesehen davon, bekämen mich keine zehn Pferde dazu, im gleichen Team wie Eymen und Joshua zu spielen.

Spielen, was in meinem Fall viel mehr die Bezeichnung von bemitleidenswertem Umherirren verdient hätte.
Und doch war dieser Gedanke gar nicht so abwegig.

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