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Nase wagte es an diesem Tag nicht mehr, auch nur daran zu denken, annähernd in meine Richtung zu schauen - nachdem ich ihm einen Killerblick zugeworfen hatte, als ich ihn bei einem seiner vielen Versuche unauffällig rüberzuschauen erwischte. Wobei das wirklich die Untertreibung des Jahrunderts war.

Im Bus wiederum schien er sich an besagten Blick leider nicht mehr zu erinnern.
Er begaffte mich wieder und wieder.
Vielleicht sollte ich ihm mal einen Grund geben, um zu gaffen.

Oder lieber etwas tun, dass er sich nie wieder trauen würde, mich anzuschauen...

Über diese Frage dachte ich die ganze Busfahrt über nach, während ich Musik hörte. Dieses Mal hatte ich extra darauf geachtet, dass die Kopfhörer auch richtig eingesteckt waren.

Das nächste Lied beschrieb meinen Zustand nur zu genau.
In too deep von Sum41.

Irgendwie war ich schon viel zu tief in die ganze Geschichte verstrickt.
Naja, solange mich die Nicknamen-Geschichte nicht in meinen schulischen Leistungen und überhaupt in meinem Leben, besonders in meinem Liebesleben, was irgendwie nicht ganz zu existieren schien, beeinflusste, machte ich mir keine Sorgen.

Ich stieg aus dem Bus und mit dem Schließen der Doppelflügeltür hinter mir, schloss ich mit den Jungs für heute ab.

~

Wie sehr mich die Geschichte in meinem Leben doch beinflusste, wurde mir ein paar Wochen später in DS klar.

Wie ich mir selbst versprochen hatte, betrat ich den Saal mit einer Sonnenbrille, was bei den heutigen Temperaturen gar nicht mal sonderlich für Aufmerksamkeit sorgte.

Als unser Lehrer dann kam, musste er sich jedoch dazu äußern.
«Hast du etwa einen Karter, Delilah?», fragte er belustigt, mit extra lauten Schritten auf mich zu laufend. Allem Anschein nach wollte er sich dessen selbst Überzeugen.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich noch nie betrunken hatte und jedes alkoholische Getränk meiner Meinung nach mit Nagellackentferner gleich zu setzten war, bis auf Krappa, imponierte mir das Nachfragen meines Lehrers sehr. So hatte ich die perfekte Gelegenheit, um einen gewissen Jemand schön in die Pfanne zu hauen. Schließlich musste ich meinen Keks rächen.

Deshalb antwortete ich der Wahrheit gemäß.
«Ehrlich gesagt trage ich die Sonnenbrille, um meine Augen zu schonen.»
«So so, was genau in diesem Raum reizt deine Augen denn so sehr?», wollte mein neugieriger Lehrer wissen.

«Der Anblick eines gewissen Jungen.», ich warf Joshua einen flüchtigen Blick zu, wobei ein Uuuh die Münder der Jungen verließ, und wandte mich anschließend wieder meinem eigentlichen Gesprächspartner zu, «Denn so viel Hässligkeit ertragen meine Augen einfach nicht.»

Ein Lachen bahnte sich den Weg durch die Sitzreihen, ganz zu meiner Befriedigung. Nase verdrehte einfach nur die Augen. Es schien an seinem Ego zu kratzen. Ich hatte den Nagel auf den Kopf getroffen und konnte das Gefühl von Unbesiegbarkeit, das in mir aufkam, nicht unterdrücken.

«Okay, diese Freundlichkeit ist ja kaum auszuhalten. Fangen wir also lieber gleich mit dem Unterricht an.
Was wir heute vorhaben, ist fast so unterhaltsam, wie die Neckereien zwischen Delilah und Joshua.», ging er also doch noch auf meine Selbstschutz-Aktion ein.

«Ihr werdet euch heute in Gruppen, in die ihr euch selbst einteilt, ein Märchen aussuchen, welches ihr dann innerhalb von vier Standbildern darstellt, sodass das Plenum es andhand dieser vier Standbilder erkennen kann. Ach und eins noch; dass alles ohne Requisiten, selbstverständlich. So müsst ihr euch noch ein wenig mehr anstrengen.»

Gut. Das schien mir machbar.
Mit meiner Banknachberin zusammen warben wir noch für ein paar andere Mädels, unserer Gruppe beizutreten, sodass wir der Gefahr aus den Weg gingen, in eine Gruppe von Leuten zu geraten, die wir bis auf die Knochen nicht ausstehen konnten.

Insgesamt gab es vier Fünfer-Gruppen und eine Vierer-Gruppe.
Die Grüppchen, die meistens aus denen bestanden, die sowieso in ein und dieselbe Klasse gingen, hatten sich auch am heutigen Tag zu einer Gruppe zusammengeschlossen.

Nases Clique, die Tussies, die Lustigen und Best-Mitarbeitenden aus der Parallelklasse, die Mitläufer und wir.
Diejenigen, die in keine Kategorie passten und auf ihre ganz eigene Art einzigartig waren. Ich war vollends zufrieden mit der Gruppenaufteilung.

Doch unser Lehrer ganz offensichtlich nicht.
Er legte eine Hand an die Stirn, hoffentlich gespielt theatralisch, und schloss die Augen. Nach kurzem Aufseuftzen nahm er das Ruder dann doch lieber selbst un die Hand.

«Sagt mal, sind wir hier im Kindergarten? Jungs sagen, dass Mädchen iiih sind und Mädchen wiederum sagen, dass Jungs bäh sind?»
Wieder brauchte er eine Verschnaufspause.
War mir ganz recht; ich wollte nicht wissen, wie sehr er sonst an die Decke gegangen wäre.

«Kriegt ihr es allen Ernstes nicht hin, euch in gemischten Gruppen zusammenzufinden?»
Wir schwiegen, was er wohl als stilles Zustimmen verstand.
«Auf, Junge, Mädel. Wie früher in der Grundschule.»

Ach jetzt sind wir also schon nicht mehr im Kindergarten, dachte ich mir sarkastisch.

Doch keiner rührte sich, weil niemand wusste, wer jetzt genau wohin sollte.
Der Einfachheit halber nahm unser Lehrer Nases Clique, da alle Jungs sich in dieser Gruppe befanden, und verteilte sie auf die restlichen Gruppen.

Wie es das Schicksal wollte, beehrte uns Nase mit seiner Anwesenheit.
Und sein dämlicher Freund mit einem mindestens genauso dämlichen Dauergrinsen im Gesicht.
Den nannte ich Huhn. So viel, wie der gackerte, war sein Name mehr als angebracht.

Mir fehlte jetzt schon die Zeit, in der wir Gruppen selbst einteilen durften.

Perfektes DramaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt