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"Ich bin mit dem Auto da.", brüllte er mir durch den sturmähnlichen Wind entgegen.

"Dich lässt man auf unschuldige Verkehrsteilnehmer los? Allein das ist schon eine Straftat für sich."

Er lachte nur darüber und ich folgte ihm grinsend zu seinem Auto. Ein roter Pickup mit großer Ladefläche. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber mir gefiel das Auto.
Sehr gut, sogar.

Ich machte die Tür auf und der Wind knallte sie mir an den Kopf.

Mit einem zweiten Versuch setzte ich mich ins Auto und rieb mir den Kopf.

"Blöder Wind."

Da stieg Joshua aus dem Auto und ging auf den Wind los. Wie man es aus asiatischen Kongfu Filmen kannte, sprang er durch die Luft. Zumindest so ein bisschen. Sagen wir mal so, Ähnlichkeiten waren vorhanden.
Er trat in die Luft, sodass mir der Wind echt schon leittat, so übel er massakriert wurde
Josh machte sich total zum Affen und ich konnte nicht anders, als laut darüber zu lachen.
Als er schwer atmend wieder einstieg, Taten mir die Wangen vom vielen Grinsen weh. Er sah mich an.
Todernst.

"Muss ich mit einem weiteren Attentat auf mein Leben rechnen?"

"Nein, meine Königin, der Feind ist bis auf alle Ewigkeit besiegt. Er wird keinem mehr Schaden zufügen, am wenigsten Euch. Ich habe mich eigenhändig seiner angenommen."

"Und eigenfüßig."

"Und eigenfüßig.", stimmte er mir zu.
Ein stummes Nicken zum Dank und dann hielt ich es nicht mehr aus und musste lauthals loslachen. Der Drang, lachen zu müssen, hatte sich in meinem Hals gesammelt, bis ich es nicht mehr zurückhalten konnte.

Er stieg in mein herzhaftes Lachen mit ein und als es allmählich abklang, blieb ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen, während er losfuhr. Irgendwie gefiel mir dieser Anblick. Zumindest ein kleinwenig.

Ich machte das Radio an und es lief wieder Freaky like me.
Mein Song. Es war schon das zweite Mal, dass dieser Song in Josh's Gegenwart lief. Vielleicht war es dann auch unser Song, haha.

Die Fahrt war nur relativ kurz, aber angenehm. Irgendwie musterte ich die ganze Zeit sein Profil, ich konnte nicht anders. Und seinem Grinsen nach zu Folge, wusste er das. Er versuchte, es zu verbergen, aber er scheiterte darin genau so sehr.
Also scheiterten wir quasi beide gleichzeitig, was mir irgendwo ein Gefühl von Genugtuung gab, hehe.

Wir hielten vor einem durch das nidriege Dach relativ klein wirkendem, aber hübschem Haus. An der Front des Häuschens rankten rote Rosen an einem Gitter vor der Mauer aus Gestein. Joshua sperrte die hellblaue Haustür aus Holz mit den vielen Kassetten auf.
Es gefiel mir und sah sehr einladend aus.

Ich folgte ihm ins Innere und wir befanden uns direkt in der Küche, in der es schon nach frischem Essen duftete.

"Ich hoffe, ihr seid hungrig.", sagte eine Frauenstimme mit portugiesischem Akzent aus dem Flur.

"Sim mamã."
Irgendwie fand ich das wirklich angenehm, wenn er Portugiesisch sprach.

Er nahm seine Mutter in den Arm, sodass ich nicht sonderlich viel von ihr sah. Nur zwei dünne Arme, die sie ihm auf den Rücken legte. Unwillkürlich fragte ich mich, ob es so auch aussehen würde, wenn er mich umarmen würde...

Ach Mann, Delilah, dass ist nicht der Grund, weshalb du hier bist!
Konzentrier dich!

Joshua löste sich von seiner Mutter, gab ihr noch einen Kuss auf die Wange und sie drehte sich um.
Und ich konnte es kaum fassen.

Es war die Frau aus dem Ikea, die mir diese traumhaften Ohrringe geschenkt hatte.

"Mama, das ist Delilah."

"Hallo Frau Pinto."

Ich wollte ihr eigentlich die Hand reichen, da nahm sie mich in den Arm.

"Die Ohrringe stehen dir wirklich gut. Sie waren ein Erbstück meiner Mutter und jetzt gehören sie dir. Und nenn mich doch bitte Susanna.", flüsterte sie in mein Ohr.

Das war meine Bestätigung.
Und es war kein spanischer Akzent, wie anfangs vermutet, sondern ein portugiesischer. Es klang nur ähnlich. Und ich fühlte mich wirklich schlecht, weil es ein Erbstück war. Ich war schon drauf und dran, sie auszuziehen, als sie ihre Hände auf meine legte und ich inne hielt.

"Sie sind genau da, wo sie sein sollten."

Bevor ich etwas darauf erwiedern konnte, fuhr sie fort und ich wollte sie nicht unterbrechen.

"Ich habe für euch Pastéis de Nata gemacht."

Sie drehte sich zu mir. "Ich hoffe, du magst es?"

Hilfesuchend wendete ich mich an Joshua, der mich die ganze Zeit nur mit verschränkten Armen lächelnd beobachtet hatte.

"Was ist das überhaupt?", ich lachte verlegen und konnte nichts dagegen machen, dass mir die Röte ins Gesicht schoss.

"Das sind Puddingtörtchen auf portugiesische Art."

"Jonathan würde mich dafür umbringen. Er liebt Puddingtörtchen."

"Jonathan? Dein Freund?", erkundigte sich Susanna neugierig und mit einem Hauch Skepsis.

"Nein, mein Bruder."

Ihr Lächeln wurde wieder breiter.

"Na dann lass ich euch beide mal alleine. Äh, essen."

Perfektes DramaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt