LUNAUngeduldig sitze ich vor dem Fenster mit einem Kamillentee in der Hand. Kamillentee soll angeblich gegen Stress helfen. Ein weiteres Mal halte ich nach Nolan Ausschau, aber nichts. Keine Spur von ihm. Kinder in bunten Regenjacken hüpfen draußen von einer Pfütze in die nächste, während die Regentropfen um die Wette an der Fensterscheibe entlang rinnen.
Das gedämpfte Kindergelächter ist dermaßen ansteckend, sodass ich bei diesen Anblick ein wenig schmunzeln muss. Nicht weit von denen, sitzt ein älterer Herr an der Bushaltestelle mit der aktuellen Tageszeitung in der Hand. So wie es aussieht, scheint er eher ein Nickerchen zu brauchen. Ich ertappe ihn mehrfach beim Eindösen. Dabei verrutscht seine Lesebrille immer weiter nach vorne. Mein Blick wandert irgendwann von der Haltestelle zur Konditorei, die vor Kurzem eröffnet hatte. Die Fassade in leichtrosa und die dekorierten Schaufenster laden quasi zu einer Kostprobe ein.
Die Kinder, der Opa, die Konditorei. Immer wieder lande ich bei diesen Anhaltspunkten. Wie lange stehe ich schon hier?
Schließlich öffne ich das Fenster, wobei die feuchte Luft das Wohnzimmer durchströmt. Automatisch beginne ich, die Luft von draußen einzusaugen, trete hinaus und beuge mich etwas über, um meine Ellenbogen auf dem glatten Terassengeländer niederzulassen. Ich nehme ein Schluck von dem Tee. Mich erreicht das erste Mal ein Gefühl von Wärme, die sich durch die Flüssigkeit einen Weg in meinen Körper bannt. Meine dunkelbraunen Locken, die heute mal offen gelassen habe, fallen etwas nach vorne, allerdings verbanne ich die vorderen Strähnen direkt hinters Ohr. Nervös schaue ich auf die Uhr.
Wo bleibt er denn?
Zum x-ten Mal scanne ich die Straße nach Nolan und bemerke zunächst nicht, dass ich einen zufälligen Passanten zu lange beobachtet habe. Ich bin zu beschäftigt damit, ihn zu analysieren. Es scheint so, als wäre er joggen gegangen oder Ähnliches. Das verrät zumindest seine Kleidung. Sein Trainingsanzug ist leicht durchnässt, seine Ohren von Kopfhörern bedeckt.
Auf jeden Fall kann ich mich nicht entscheiden, ob seine braunen Haare vom Sport oder von dem Regen nass sind. Aber...
Dieser Wet-Look macht ihn nicht unattraktiver..Leicht definierte Wangenknochen, gebräunte Haut, schöne Körpergroße.. - definitiv ein gutaussehender Mann.Erst als ich aus meiner Hypnose aufwache, spüre ich, wie stark er die Stirn runzelt, als sich unsere Blicke treffen.
Sein unsicheres Grinsen, was er mir schenkt, vergrößert nur das Schamgefühl in mir.Wie peinlich!
Hastig gehe ich zurück in das Apartment, verriegele die Balkontür und ziehe die Gardinen zu, überlege sogar schon die Jalousien runterfahren zu lassen. Du siehst ihn wahrscheinlich eh nicht wieder. Aber sieht man sich nicht immer zweimal im Leben? Vorsichtig ziehen zwei Finger die Gardine. Ich traue mich ein letztes Mal ein Blick in seine Richtung zu riskieren und beobachte wie er gelassen zu der frisch eröffneten Konditorei joggt. Erleichtert atme ich auf. Hoffentlich vergisst er dieses, was auch immer das gerade war. So wie ich mich kenne, werde ich aber noch Tage später darüber nachdenken.
Nolan ist immer noch nicht hier. Das Abendessen steht bereits seit einer Stunde auf dem gedeckten Tisch. Hätte ich gewusst, dass er so lange brauchen würde, wäre in meiner kochenden Wut zu viel Salz geraten. So ungenießbar, wie der Gedanke, gleich in die Luft zu gehen. Haushaltstechnisch gibt es wenig auszurichten. Der Müll liegt schon lange draußen und der Boden glänzt. Er sollte doch schon längst hier sein!
Okay. Ruhig.
Ich muss aufhören mir ständig Sorgen zu machen, das stresst mich nur und meistens umsonst. Nolan ist erwachsen, nicht mein Kind. Und wenn schon.
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My Own Stalker
Teen FictionWochenlang kommt er zu spät nach Hause. Wochenlang scheint er nicht mehr dasselbe zu sein. Möchtegern Model Luna und der reiche Geschäftsmann Nolan verbinden schon 3 Jahre. Sie sind das perfekte Paar. Und das seit der High School. Aber als sie erf...