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LUNA

Die ersten Sonnenstrahlen, die auf meiner Nase tänzeln, motivieren mich zum Aufstehen. Langsam erhebe ich mich vom Bett, nur um festzustellen, dass Nolan nicht mehr neben mir liegt. Normal, er muss früh raus und komisch, normalerweise weckt er mich ständig kurz vorm Verlassen der Wohnung auf, um sich ordentlich von mir zu verabschieden. Das ist einer unserer Rituale.

Er will tatsächlich den Beleidigten spielen.

Meine Wut ist auch nicht ganz verflogen. Ich bin immer noch skeptisch wegen ihm und außerdem zieht er die Scheiße seit Wochen durch. Mit seinen Stimmungsschwankungen und sein passivem Desinteresse gegenüber mir. Auf der Wanduhr in der Küche kann ich erkennen, dass es mittlerweile nach neun ist. Fuck! Tami und ich hatten geplant, dass wir uns um zehn vor unserem Lieblingscafé treffen.

Ich darf nicht wieder zu spät kommen, sonst schulde ich ihr wahrscheinlich wieder irgendwas. Und so sehr ich sie auch liebe, kann Tamilah ein Portemonnaie ziemlich zum Weinen bringen.

Nach einer versuchten 5-Minuten-Dusche, platziere ich mich vor meinem großen Kleiderschrank, um mein Outfit auszusuchen. Scheiße, hätte ich das vielleicht mal früher gemacht, aber durch den Trubel mit Nolan gestern, war gar nicht daran zu denken gewesen. Weil es heute etwas zügig ablaufen muss, entscheide ich mich kurzfristig für einen unauffälligen Look. Zwar weiß ich, dass ein professionelles Model bei jeder Gelegenheit sein Modebewusstsein unter Beweis stellen sollte.

Allerdings fühle ich diesen Vibe heute überhaupt nicht, also finde ich mich später mit einer schwarzen Jeans und Lederjacke ab. Dazu habe ich ein weißes Rollkragenshirt und meine frisch bestellten Dr. Martins kombiniert. Wow, ich sehe wie ein typisches Londoner-Girl aus, obwohl ich nicht mal ansatzweise so abgehoben bin, wie die hier. Deren Verhalten kreischt nach Reichtum und Hochnäsigkeit.

Für ein ausgefallenes Make-Up ist auch keine Zeit. Rasch krame ich Mascara aus meiner Schminktasche und schmiere mir zusätzlich Highlighter über die Wangenknochen. Das muss reichen. Na toll, wo ist jetzt mein Handy und wo verdammt meine Schlüssel? Mist, meine Brieftasche ist auch noch nicht in meiner Clutch!
„Jetzt bloß nicht schwitzen!" ermahne ich mich. Nicht nachdem ich gefühlt den halben Parfümbehälter über mich gekippt habe.

Eine gefühlte Ewigkeit ist vergangen, da habe ich endlich das Trio gefunden und kann endlich die Wohnung verlassen.
Hoffentlich habe ich nichts in der Hektik vergessen. Stürmisch renne ich die Treppen runter, drohe über einige zu stolpern, als ich eine lahme Schnecke versehentlich anremple. Die alte Miss Chessler. Das hat mir noch gefehlt.

„Sie spinnen doch, passen Sie gefälligst auf, junge Dame!" ruft sie mir hinterher, während sie ihren Krückstock in die Höhe schwingt.
„Sorry!" quetsche ich nur aus mir heraus. Mehr sage ich nicht, keine Zeit.
Wieso liegt eigentlich mein Apartment im höchsten Stockwerk?

Ich gelange nach draußen und steuere schnurstracks auf das Café zu, welches zum Glück nur einige Minuten von meinem Hause entfernt ist. Der frische Wind und die kleinen Anzeichen auf Regen zwingen mich, einen Zahn zuzulegen.
Von Weitem sehe ich Tamilah mir lächelnd zuwinken, was mir direkt gute Laune bereitet. Wir haben uns echt lange nicht mehr gesehen, ein Treffen mit ihr ist zur meiner Priorität geworden. Besonders, weil wir extrem viel zu besprechen haben.

„Na sieh mal einer an. Luna Braver. Zuuu spät!" Schadenfroh fällt sie in meine Arme, wobei ihre schwarzen Haare meinen Rollkragen umringen. Als ich mich von ihr löse, schüttele ich widerwillig den Kopf.
„Das hättest du wohl gerne Tamilah Steel. Sieh mal genauer hin." Ich schalte mein Handy an und zeige ihr triumphierend die Uhrzeit.
„Es ist genau 10 Uhr. Scheint so, als würde ich von deinen Schikanen verschont bleiben!" Wir lachen beide.

My Own StalkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt