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LUNA

„Warte, du schleppst mich bis hierhin und behauptest dann, dass du nicht tanzen kannst?"
„Das, was du da versuchst sind Gesellschaftstänze, die beherrsche ich nicht." beteure ich.

Ich bin nicht professionell, doch Rhythmus finden und sich zum Beat bewegen, ist keine große Kunst. Bei Tango, Walzer oder wie auch immer diese festgelegten Tänze funktionieren, bin ich raus. Außer Tänze der scharfen Art. Ich hab damals extra für Nolan Lapdances gemacht.
Scheiße, jetzt denke ich wieder an ihn. Nein. Nein. Wie war das nochmal? Ich will Spaß, keinen Schmerz.

Spaß haben, hier. Spaß haben da. Ist das jetzt dein neues Lieblingswort?

„Keine Sorge, dann improvisieren wir einfach." Er zwinkert mich an.
„Was meinst du?"
„Ich setze mich hin und schaue dir zu." Seine Finger gleiten über mein Arm, worauf er eine Spur Gänsehaut hinterlässt.
„Tanze, als wäre ich dein einziger Zuschauer." Die Gänsehaut vergrößert sich auf zwei Spuren.

„Wir können doch trotzdem zusammen auf die Piste." argumentiere ich.
„Nein. Ich will dir dabei zusehen. Komm schon, ich bestehe darauf."

Drei Spuren. Die Luft fühlt sich wieder so knisternd an, wie an dem Tag, als wir zusammen geshootet hatten. Irgendwie hat es sich so angefühlt, als wäre ich Nolan mental fremdgegangen, einfach nur bei dem Anblick von Kyles eingeölten und nackten Oberkörper.

„Your wish is my command." lächele ich ihn an, während ich nun den obersten Hemdknopf öffne.
„Daran könnte ich mich gewöhnen." Zurück an unserem Tisch lehnt er sich zurück. Ein kleines Nicken in meine Richtung, verrät mir, dass ich loslegen soll. Warte, diesen Song kenne ich doch. Dass das jetzt der perfekte Moment ist, um eine kleine Show zu starten, ist ungewöhnlich, allerdings verläuft nicht jeder Tag wie der heutige. Wieso sollte ich also nichts Untypisches tun?

Meine ersten Schritte beginnen steif, ich fühle mich immer noch etwas unwohl im Mittelpunkt zu stehen. In seinem Mittelpunkt. Und in dem Mittelpunkt der Tanzfläche. Die Tanzfläche, die bis eben viel voller war, zeigt nur noch die Zweisamkeit einzelner Paarungen. Selbst die Quasseltante von der Toilette befindet sich mit vermutlich Mason zwischen Cocktails und guter Laune. Und doch bemerke ich in der Menge die großen Haselnussaugen, die auf meiner Haut brennen. Wie ein Zuschauer, der darum fleht, dass alle Trailer sich in Luft auflösen sollen, damit er endlich seine Popcorn zum Film essen kann.

Der Film beginnt jetzt.

Der Sound überflutet mich und mein Körper gibt sich den Takten hin. Ich denke an die Tanzeinlagen von heute Nachmittag und die gewagten Stripteases vor Nolan. Schon passiert alles von selbst. Wie im Rausch bekomme ich nur halb mit, wie immer mehr Personen, während dem Tanzen innehalten oder in meine Richtung schauen. In einem normalen Zustand wäre mir das mehr als peinlich. Doch jetzt, will ich endlich wieder loslassen.

Und vielleicht Kyle ein bisschen scharf machen. So scharf, dass dieses Knistern von eben mich heute Nacht zum Höhepunkt kutschiert. Die Anziehungskraft zwischen uns, ohne ihn richtig anfassen zu können, ist wie eine ewige Folter. Bei der Vorstellung Kyle nah an meinem Ohr keuchen zu hören, strenge ich mich noch mehr an und tänzele gegen Ende des Songs immer mehr zu ihm hin, bis ich an unserem Tisch angelangt bin. Er rutscht auf seinem Stuhl etwas höher.

„Wow." Seine Stimme klingt ungewöhnlich rau. „Hat sich gelohnt, dich eine Weile fantasieren zu lassen."

Ohne mich sichtlich über seine Reaktion zu freuen, weil mein Inneres Ich gleich vor Freude ins Koma fällt, schenke ich ihm ein Kuss auf die Wange.

My Own StalkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt