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Es fängt wieder an. Es scheint normal. Es ist wie immer, nichts deutet auf ungewollte Gefangenschaft. Seine Augen öffnen sich, sein Blick liegt auf dem Boden. Wirklich gar nichts.

Aber dieses Nichts, ist alles. Er ist gefangen. Es ist nicht normal. Es ist alles so fremd, er fühlt sich unwohl, er ist schwach und von Gefühlen gesteuert, einfach nur komplett auf sich gestellt und alleine. Nur im Spielchen mit eingebunden bekommt er Nahrung, nur wenn er etwas dafür als Preis setzt. Nur, wenn es Suga gefällt. Wirklich nur dann. Kein anderer Zeitpunkt erlaubt es. Und seit dieser Ansage auch kein auf den Spitzen seiner Füße gelegtes Schleichen in der Nacht. Er könnte wieder auf Leichen treffen. Wie sie liegend den Boden bestücken. Der neuste Trend? Neulich noch gelebte Auslegung, perfekter Teppich... frisches Blut. Nasse Socken, welche aufziehend die Farbe der Flüssigkeit annehmen, welche ihren Platz in den Adern verlassen hat. Durch fremde Hand ausgeführt. Vielleicht aus Rache, aber es könnte auch Hass sein. Taehyung weiß es nicht. Er ist ungewollt in einer ihm komplett unbekannten Welt gelangt. Eine Welt, welche in ihrer Grausamkeit und all den Taten, ohne Verbindung zum Herzen, erschreckend einfach nur eine dicke Gänsehaut bedeuten kann.

Sein Arm klappt nach vorne. Er beobachtet seine Hand. Sie hängt einfach nur dran und über der Bettkante hinaus, sieht sie schwebend fast schon leblos aus. Wie der Mann.

Er ist zurück, dieser Anblick. Er wusste es. Egal was er in Zukunft ansehen wird, egal was er macht, dies wird ihn aufs Leben folgend ewig keine Ruhe bieten.

Lösend dreht er sich auf den Rücken und starrt die über ihn gelegene Leere voller Luft an. Die Luft, welche er braucht zum Atmen, zum Leben.
Erneut tritt seine Hand in sein Blickfeld. Diesmal reckt sie sich in eine Höhe, welche sein Arm erweiternd erlaubt, jedoch keinen Zentimeter der Streckung mehr. Er will zugreifen. Die Luft zerquetschen. Er will hier weg. Keine Spielfigur mehr sein. Es ist so langweilig. So leblos. Er ist hungrig. Ob das Leben noch einen Sinn hat? So ohne Jimin und als Spielfigur in einem Apartment gefangen? Hat es noch einen....

Warte. Was sind denn das für Gedanken.

Geschwind setzt er sich auf und mit angespannten Muskeln, wird sein verzweifelter Blick wieder fest. Er starrt zwar immer noch in aussichtsloser Leere umher, jedoch nun wieder mit Lust. Zwar wird er nichts gegen Sugas Willen vollziehen, denn die Folgen, welche er ihm versprochen hat, unterstützen seine Neugier nicht. Sondern einfach nur pure, bebende, zitternde, schluchzende und aufgebende Angst in all dieser Einsamkeit.
Suga würde Jimin nicht zurück zu ihm bringen. Der Ältere würde es bei weiterer Freche, weiteren Handlungen, welche nicht nach seinem gedachten Programm verlaufen, einfach fallenlassen.

Diese Vorstellung schmerzt. Diese Vorstellung zieht. Mitten in seiner Brust scheint dieses sonst immer so schnell schlagende Teil, verzweifelt langsam.

Ein plötzliches Klacken und die Tür öffnet sich. Sein Blick zuckt sofort zu dem inzwischen offenen Teil und mustert die Gestalt, welche leicht zögernd in der Öffnung steht. Alleine schon die Wahrnehmung der Präsenz, alleine schon diese Ausstrahlung, er wusste es fast schon sofort. Und der Anblick hat es bestätigt. Es ist nicht der zweite Spieler. Es ist Hoseok. Der Typ, welcher in dunkler Nacht... Leichen durch Häuser, Leichen durch Gänge, Leichen mit Blut... transportiert.

Tick Tack. Er hört es in seinem Kopf. Tick Tack. Es ist wie das Schlagen einer Uhr. Tick Tack. Jede Sekunde. Tick Tack. Er hört es immer wieder. Dabei dachte er doch, er hätte jegliches Zeitgefühl verloren.

Hoseok hat leicht gehobene Mundwinkel und betritt den Raum. Tick Tack. Der rechte Fuß zuerst. Tick Tack. Hat Taehyung Angst? Tick Tack. Nach all den Erlebnissen, was ist wirkliche Angst?

Er empfindet sie oft. Auf jeden Fall deutet er seine Gefühlslage schnell gewagt und in diesem Moment fast schon einfallslos, mit diesem Wort. Aber was bedeutet es eigentlich, wirkliche Angst zu haben?
Ist es die Gänsehaut, welche in den Momenten des Geschehens festsetzend über die Haut rast?
Oder ist es doch eher die Erinnerung, die einen verfolgt, welche in allen Gedanken und auch in nächtlichen Träumen aufzufinden ist?
Was ist dieses Wort, welches er so oft bei Suga verspürt? Also er denkt es. Hat er wirklich Angst vor diesem Mafiaboss?

Bestimmt, alleine die Worte Mafia und Boss, scheinen nicht entzückend den Ruf von Vorsicht in sich zu tragen.

Aber was ist, wenn es keine wirkliche Angst ist?
Vielleicht hat er nur Respekt? Ist von diesem neuen Fortschreiten des Lebens überfordert. Weiß nicht, was er tun soll. Weiß nicht, was geschehen wird?

Nein. Es muss Angst sein. Jedoch ist dieses Wort, was für manche tiefgreifende Gefühle bedeutet, zu seinem Alltag geworden. Was ist nur aus seinem Leben geworden....

Hoseok kommt zum Stehen. Genau vor der Kante des Bettes. Er sieht den Jungen leicht zögernd mit schief gelegtem Kopf an. Aber warum? Hat dieser Schleifer der Nacht, etwa eine Frage in seinem Kopf? Vielleicht die Frage des Empfindens von Angst. Von Taehyung. Diese Frage, welche der Junge sich selbst stellt.
„Taehyung-"
„Warum bist du hier?"
Seine Aussprache ähnelt keiner Frage, obwohl die Worte, welche seinen Mund verlassen haben, ein solches Gebilde formen. Er spricht forsch, seine Stimme klingt gereizt.
„Wenn du mich nicht unterbrochen hättest, würdest du es vielleicht wissen."

„Oh. Tschuldige. Aber von vorhin müsstest du wohl wissen, dass meine Schreie der Panik und Rufe vom puren Herzrasen, dir gerne keine Worte der Erklärung gewähren." Er sitzt noch auf dem Bett. Dafür, dass er vor kurzem noch im Land der Träume war, ist seine Stimme komplett sprengend berauschend. Die Worte huschen ihn aus dem Mund. Er hat keine Angst vor Hoseok. Der Typ könnte die nächste Person, wahrscheinlich sogar direkt vor ihm abstechen. Er würde ihn immer noch mit Worten kritisieren und als nicht vorhandener Gast, die ungewollte Küchenhilfe wie ein Diener behandeln, obwohl dieser es auf jeden Fall nicht ist. Für ihn. Für Taehyung.

„Warum sprichst du jetzt so mit mir? Dafür, dass du vorhin wie die kreischende Hauptrolle von einem Horrorfilm in das Zimmer gerannt bist, ist deine Klappe jetzt wieder echt frech."

„Ich hab keine Angst vor dir. Deswegen."

„Warum hast du keine Angst vor mir? Du hättest jedes Recht dazu?"

„Du bist nicht Suga."

Der Junge weiß es. Es ist kein Geheimnis. In diesem Gebäude muss er niemanden fürchten, außer den Boss höchstpersönlich. Sein Zimmer und Bettpartner. Die Person, welche mit ihm Spiele spielt, ihn gefangen und hier haben will.

All diese Leute, auch Hoseok und Jin, arbeiten einfach nur für ihn.

Und es ist wohl klar, dass dem Spielzeug vom Boss nichts passieren darf. Außer er will es. Er setzt es an. Immerhin ist die Manipulation und der geplante Neustart, von ihm gesteuert.

Niemand darf Taehyung etwas anhaben.

Niemand darf Sugas Pläne durchqueren.
Wie langgezogen in die Zukunft geplant und gut durchdacht diese sind, weiß jedoch niemand. Außer der Kopf des Anführers selbst.

Deswegen hat er keine Angst.
Im jetzigen Moment fühlt er sich irgendwie sogar sicher. Er ist nicht da. Er kann ihm seine Ruhe nicht nehmen.

„Wir sollten Suga suchen. Jin will für dich kochen und der Boss wollte dich eh nochmal sehen."

Und puff diese hauchzarte Hülle, in welcher er sich eben noch eingenistet wohlgefühlt hat, ist zerplatzt. Durch die Worte einer Person, welche ihm doch eigentlich nichts anhaben kann. Eine Person, welche einfach nur eine weitere Figur auf dem Spielfeld ist. Eine Figur auf Sugas Seite, während er ganz alleine ist. Warum wird seine eh schon stehende Erkenntnis des Verlierens immer und immer wieder noch stärker untermalt?

Warum?

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Tick Tack. :')

illegal. | taegi & jikook  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt