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Eigentlich sollte er doch Todesangst haben.
Eigentlich sollte er zitternd auf die Knie fallen und jammernd um Vergebung bitten. Bitten, dass Suga es ignoriert und gar vergisst, wie die Ernsthaftigkeit seiner Worte ignoriert wurde.

Jedoch tut der Junge dies nicht. Nein. Das macht er tatsächlich nicht.

Er starrt die Waffe an, welche strikt auf ihn gerichtet, beim Abdrücken mehr als nur treffsicher seinen Tod bedeutet. Er sieht dieses Teil einfach nur an. Wo ist diese Angst? Die Angst vor dem Tod? Warum nimmt sie ihn nicht ein? Warum zerstört sie seine Psyche nicht immer mehr und raubt ihm jeglichen Halt? Endgültig.

Hat er wirklich zur Akzeptanz gegriffen? Oder liegt es an der frühen Realisierung? Schon im Fahrstuhl war er sich wissend sicher. Er wird hier unten sterben. Also warum noch Drama weben. Viel zu aufwendig, wenn der Tod kommend einen eh einholt. Egal, was man macht. Vor ihm steht nämlich eine herzlose Person, wenn diese Gestalt es zu ihrem Ziel setzt ihn umzubringen, dann geschieht dies auch. Keine Worte werden Hinderung bedeuten, vielleicht Zögerung, aber was bringt das schon?
Vielleicht ein Schuss in den Bauch? Ein Schuss, mit dem er krampfend auf den Boden fällt, sich quält und dann doch noch stirbt?

Das bringt doch alles nichts.

Er kann nicht mitentscheiden. Das weiß er. Und wenn die gewünschte Strafe des Bosses der Tod ist, dann endet dieses Spiel halt einheitlich, schnell und komplett wie erwünscht, von ihm entschieden. Ändern kann er immerhin eh nichts...

„Warum zitterst du nicht? Es geht hier um dein Leben, du solltest zittern."
Weiterhin starrt Taehyung ausschließlich den Revolver an. Diese andere Existenz, der Träger, ihm würdigt er keinen flüchtigen Blick. Kein zartes Streifen mit seinen Augen, damit er die Mimik verstehend, studieren kann. Nein. Nein. Das tut er nicht. Sein Sinn ist Jimin.

„Warum sollte ich?"

„Weil es dein Leben ist?"
Verständnislos fliegen die Worte dem Jüngeren entgegen. War klar. Bevor er tötet, will Suga den Schmerz und das Leid in den Augen seines Opfers funkeln sehen. Wahrscheinlich will er beim entscheidenden Schuss sogar Augenkontakt, er will es sehen. Alles beobachten. Er findet es faszinierend. Das Leid anderer, deren Tod, all dieser Schmerz... seine Stellung, sein Leben als Mafiaboss, ist einfach nur perfekt. Anfangs dachte Taehyung, dass dieser kühle Typ vielleicht ungewollt in sowas Grausames geboren wurde, aber mittlerweile weiß er es besser. Der Typ liebt seine Existenz und würde sich dies ergatternd auch immer wieder neu erkämpfen.

„Ja genau mein Leben, an welchen ich seit deiner aufgetretenen Existenz kein wirkliches Interesse mehr habe. Also wenn du schießen willst mach es."

„Aber was ist dann mit deinem Freund Park Jimin? Soll er mein neuer Spielkamerad werden, wenn du weg bist?"

„Lass Jimin aus deinen kranken Handlungen raus!" Taehyung setzt sich in Bewegung, will trotz seiner klaren Unterlegung auf Suga zugehen und diesem klarmachen, dass seine Spielchen in diese Richtung keine Weite erlangen dürfen. Er schafft es jedoch nicht weit, er wird von dem Revolver, welcher sich gegen seine Stirn drückt, gestoppt. Die Höhe ihrer Augen ist gleich, während Taehyung den Boss böse anfunkelt, ist dieser leicht in Freude gestimmt.

„Ach, also darf ich ihn auch nicht befreien? Dies ist immerhin auch eine von mir angeordnete Handlung?"
Der wütende, von den Schlitzen seiner Augen ausgedrückte Blick weitet sich plötzlich. Suga will ihn immer noch retten. War dies alles doch keine Probe? Durfte Hoseok ihn aus dem Zimmer holen und zu Suga führen? Ist doch noch nicht alles verloren?! Obwohl sein Leben scheinbar immer noch auf einer gewissen Kippe steht. Natürlich geht es dabei um die geladene Waffe an seiner Stirn, welche nur einen leichten Druck von einem Finger braucht, um durch den Kopf fliegend die Augen des Jungen auf ewig in ihre Schließung zu drängen.

Und Suga? Dem liegt an dem Jungen scheinbar nichts. Der Mafiaboss würde sich einfach Jimin holen. Ein neues Spielzeug, welches er Kamerad nennt.

„Ich hab nichts gegen deinen Willen gemacht?"

„Doch schon öfter. Aber seit vorhin nicht mehr. Ich habe dich so gesehen, nach der kurzen Zeit des Abstandes, in meine Nähe bestellend herbei gewünscht." Die Augen des Älteren analysieren wieder das Gesicht von Taehyung. Sie wollen Emotionen auffangen, diesmal jedoch keinen Schmerz oder Angst, sondern sie hoffen Erleichterung oder gar sowas wie Freude aufzufangen.

Jedoch bleiben ihre Gesichter beide gleich. Ohne jegliche Emotionen. Während Suga im Inneren verwirrt ist, feiert Taehyung eine Party der Freude.

„Aber die Waffe ist immer noch an deiner Stirn. Somit hast du auf jeden Fall ein Leben außerhalb der Zelle für Park Jimin gesichert, aber was ist mit dir?"
Er will endlich etwas sehen. Der Junge soll sich seiner Kühle nicht anpassen. Er will Emotionen in Taehyungs Gesicht. Denn diese zeigen, wie viel Leben noch in dem Jungen steckt. Er will den kleinen zwar zu seiner Puppe machen und ihn nach seinen Willen gestalten, jedoch wäre dieses Erlangen am heutigen Tage schon viel zu schnell. Er hat doch eigentlich noch gar nichts gemacht. Sein Gegenspieler ist also immer noch nicht ganz betäubt. Taehyung spielt ihm etwas vor, dass gefällt ihm.

„Du kannst ihn Jimin nennen. Wir sind beide noch minderjährig, du musst aus Höflichkeit nicht seinen vollen Namen erwähnen. Ich weiß, wen du meinst."

„Ich aber nicht."
Ist schnelles Zwinkern, unnatürlich in seiner Schnelligkeit, eine Art von Emotion? Ja. Die Emotion der kurzen Verwirrung und des Versuches der Auffassung. Er will aber stärkere Emotionen von dem Jungen, ob dies jetzt Lachen oder Weinen sein sollte, weiß er nicht. Seine Ohren wollen von Emotionen gesteuert etwas auffangen. Ob es ein Schwingen der Freude oder Jammern der Verzweiflung darstellt, ist ihm dabei egal.

„Kannst du mal für mich lächeln, Taehyung?"

„Warum?"

„Mach einfach."

Stark zögernd und auf den ersten Blick erkenntlich auf jeden Fall gestellt, heben sich die Mundwinkel des Jungen leicht an. Seine Augen sind plötzlich auch noch geweitet und überlegend, von Verwirrung gesteuert, versucht Taehyung wohl einen Sinn hinter diesem Lächeln zu erkennen.
„Fein..

...und jetzt sag mir, was du gestern Abend im Flur wolltest."
Der Ältere schiebt den Revolver plötzlich aus seiner Position, an der Stirn, den Nasenrücken entlang immer tiefer.
Plötzlich fallen die Emotionen des Jungen nieder. Sein Lächeln fällt. Suga hat ihm dies nicht erlaubt.
Die langsame Bewegung in die Tiefe ist mit einem Mal schnell und plötzlich drückt die Waffe Taehyungs Kopf in die Höhe und ist an seinem Kinn angelegt.

„Du sollst Lächeln. Ich hab dir das Stoppen deiner gefälschten Freude nicht erlaubt."
Die Mundwinkel des Jungen heben sich krampfend wieder an und Suga zieht den Revolver wieder zurück, während er den Kopf erneut runterdrückt, ruht der Ausschuss abermals auf der Nase des Jungen.
„E-es hatte keinen Grund."
Ein leichtes Schmunzeln huscht über Sugas Lippen. Was in Taehyung eine Frage aufwirft.
„W-aru-", die Öffnung des sprechenden Mundes ausnutzend, ist sie plötzlich in seinem Mund. Der Waffenhals ist in Taehyungs Mund...

„Du sollst mir einfach antworten. Und es muss doch etwas geben, was dich auf die Beine getrieben hat. Sag es mir, oder ich schieße. Startend in deinem Mund."
Der Kehlkopf des Jungen tritt heraus. Und endlich sieht Suga echte Emotionen. Emotionen der Angst. In ihrer Reinheit und Frische sieht er auch das Zittern vom Jungen. Perfekt. Vor ihm steht noch keine willenlose Puppe und auch niemand, dem sein Leben egal ist. Wie Taehyung es vorhin sagte. Dieser kleine Lügner...

„I.. c... h.. "
„Sprich doch bitte deutlicher."
Der Junge hebt seinen Arm und während er nuschelnd auf den Revolver zeigt, zieht Suga diesem wieder aus seinem Mund.

„Jetzt sprich."

„Ich habe ein Schleifen gehört und wollte wissen, woher das Geräusch kommt."
Nickend sieht Suga ihn scheinbar zufrieden an, bis er die Waffe hebt und ohne jegliche Zögerung schießt. Der Junge zuckt zusammen und spürt, wie seine Beine unter der Last seines Körpers zitternd, ein Stehen gerne abbrechen würden.

„Jetzt guck doch nicht so ängstlich..."
Er lässt den Revolver achtlos in seiner Jackentasche verschwinden und während er einen Arm um Taehyung legt, den Jungen beim Gehen somit neben sich zieht, spricht er weiter: „Ich wollte halt noch einmal schießen und weil du als Ziel, durch Ehrlichkeit, weggefallen bist, habe ich die Zielscheibe genommen."

An der Tür angekommen, stößt Suga diese während des Gehens auf.
„Und jetzt gehen wir essen."

illegal. | taegi & jikook  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt