Wir sitzen stundenlang unter der Öffnung und uns tropft es nass auf die Köpfe. Beinahe schlafen wir ein, doch die ersten Sonnenstrahlen klettern den Brunnen hinunter, um uns zu besuchen.
Plötzlich fängt die Decke an zu Beben und Geröll bröckelt herunter. Einige kleine Körner fallen uns auf die Köpfe und holen uns allmählich wieder aus dem Halbschlaf. Wir brauchen einige Zeit, doch dann schauen wir uns erschrocken an. In allen von uns steht eine Frage: „Was passiert hier?"
Da schaut auf einmal von oben ein Drachenkopf fragend herunter. Über allem glücklich lachend entfährt es mir freudestrahlend: „Zuckerschnäuzchen! Schnell hol uns hier raus." Sie lässt ihren Schweif den Brunnen hinunter, an dem wir uns auch sofort festhalten bis sie uns herauszieht. „Du brillanter Drache.", schmeiße ich mich voll Freude um sie, doch sie schaut nur auf die anderen Beiden. Mir fällt ihr bedrücktes Gesicht auf. „Was- Was ist denn?", sage ich, langsam ihrem Blick folgend, bis es mir auch auffällt. „Oh"
Gabros und Christophs Gestalt verblassen unter dem Sonnenlicht und ich stehe machtlos daneben.
„Es tut mir leid..." flüstere ich, bedrückt auf den Boden schauend und lasse eine kurze Pause.
„Ach und: Danke" Die Beiden nicken mir noch zu und verblassen endgültig. Vorsichtig hole ich die Scherbe aus meiner Tasche hervor und lege sie auf das Buch, dass ich die ganze Zeit in meiner Hand gehalten habe und stecke beides zusammen in meine Tasche, die Zuckerschnäuzchen um ihren Hals hat.
„Zuckerschnäuzchen." sage ich mit Ärger und Rache in meinen Augen, während sie ihren Kopf heruntergebeugt hat, damit ich mich besser auf ihren Rücken setzen kann und ich mich auch sofort auf sie herauf schwinge. „Wir müssen jemanden einen Besuch abstatten."
Mit einem Ruck hebt sie sich in die Lüfte und schaut ratlos herum.
„Da! In den Wald, wo die Bäume höher als die anderen sind!", rufe ich ihr zu und sie beginnt sich durch die Lüfte zu schwingen.
Von oben sieht die Welt ganz anders aus, als ich sie von früher in Erinnerung habe. Ein zerstörter Palast, der mit Feuerspuren in Schutt und Asche liegt. Kein Uhrenturm von Warington, der leicht am Horizont emporragt und versucht auf die Stadt der Zeit aufmerksam zu machen. Und selbst der Wald hat sich gewandelt. Keine Zugstrecke mehr, die durch den Wald hindurchführt. Kein Riss mehr im Boden. Nichts lässt an meine Welt erinnern. Nicht einmal der Horizont ist der gleiche geblieben. Weit im Westen vor der untergehenden Sonne ragen riesige Gebäude heraus, die den Sonnenuntergang verdecken und die Sonne mit ihren spitzen Dächern stören.
Kaum verliere ich mich in Gedanken an früher, schon setzt Zuckerschnäuzchen auf dem Blätterdach zur Landung an und setzt mich zwischen Bäumen ab, wo sie mich besorgt anschaut, da sie selbst nicht durch die Wand aus Blättern, Ästen und Zweigen hindurch kommt. „Ich komme schon klar", versuche ich sie zu beruhigen. Und verschwinde einen Hügel hinunter, zur Höhle, in der ich Nachtschleicher das erste Mal traf. „Merkwürdig" denke ich mir, „Der Eingang stand beim letzten Mal doch noch nicht offen."
Mit Bedacht gehe ich hindurch und rufe mit falschem Selbstbewusstsein: „Nachtschleicher! Komm raus! Ich weiß, dass du hier bist!"
Doch kaum wate ich über den mit Wasser bedeckten Boden um die Ecke, in der ich ihn vermutet habe, bemerke ich, dass die Höhle leer ist. Hier ist niemand mehr, außer einer kleinen Marmorfigur, die einen Kristall darstellt. „Verwunderlich." sage ich und greife nach der ihr, um sie näher zu betrachten. Doch da höre ich einen laut hallenden Ruf von meinem Drachen. „Zuckerschnäuzchen!", schreie ich mit Angst, und mein Selbstbewusstsein zerbricht.
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Grapulore
FantasyInnerhalb einer besonderen Welt, wird die Geschichte um Graf Pummele und Lord Reckless erzählt, deren Rivalität viele Fragen aufwirft. Seid gespannt auf eine Reihe spannender Ereignisse, nervenaufreibender Verfolgungsjagten und dem ergründen dessen...