Kapitel 3 - Sol

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Luna wagt es nicht auch nur eine Sekunde zu zögern und steigt in ihre Kutsche, die sich wie vom Blitz getroffen in die Lüfte schwingt. Doch Nachtschreiber steht nur entgeistert da und schaut ihr noch kurz nach, aber nicht ohne noch etwas zu sagen. „Was soll das heißen?", schreit er ihr nach, jedoch hört sie es nicht mehr, denn unlängst ist sie am Horizont verschwunden.
„Wer oder was ist Sol? Du kannst mich hier nicht einfach stehen lassen!"
Entschlossen geht er an die Steuerkonsole und zieht ihr, mit der ihm höchstmöglichen Geschwindigkeit, hinter her. Unerschütterlich wie ein Berg fliegt das Luftschiff los. Nach einiger Zeit muss er schließlich einsehen, dass er sie nicht mehr einholen kann und beschließt sie abzufangen.
„Pampelu!", spricht Luna ernst zu dem Häschen, das mit gespitzten Ohren zuhört. „Wenn wir ankommen, dann hol mir eine der weißen Rosen. Keine der Blauen, die Weiße. Ich bin mir bewusst, dass wir beim letzten Mal fast alle verbraucht haben, aber wir brauchen unbedingt eine Weiße." Pampelu nickt kurz und die Kutsche landet so holprig, wie es seit tausend Jahren nicht mehr der Fall war. Das Häschen hüpft, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken los und Luna steigt vorsichtig aus ihrer geliebten Kutsche heraus und geht schnurstracks in ihr Schloss. Die Schlosstür knallt, als sie hereintritt, mit einem lauten Geräusch zu, dass man nur vom so Geräusch Angst bekommt.
„Was soll das heißen? „Sol"? Jetzt gib mir endlich eine Antwort!"

Luna dreht sich erschrocken um und sieht, wie Nachtschleicher mit einer Hand vor der Tür steht.
„Wenn du es unbedingt wissen möchtest, dann komm mit. Ich habe keine Zeit, die ich noch verlieren kann."
Er nickt einmal einwilligend.
„Aber bitte, um Himmels willen, mach die Tür wieder auf. Mein kleiner Nordstern muss dann auch hereinkommen. Ich brauche ihn."
Nachtschleicher zuckt nur mit den Schultern und öffnet gleichgültig die Tür, während Luna vor eilt.
Mürrisch läuft er ihr hinterher. „Was ist bloß so wichtig, als dass sie nicht diese eine Sekunde hätte warten können.", denkt er sich.
Die Traumzauberin aber nimmt keine Rücksicht darauf ob er hinterherkommt, denn schließlich sollte er auch gar nicht hier sein. Sie geht hinter die Treppe und öffnet dort eine Kellertür. Blaue Dampfschwaden kriechen ihr entgegen. Sie sind so blau, wie ihr ganzes Schloss und auch der Rosengarten. Sie hustet leicht von dem Qualm und zieht ihren vollkommen weißen Fächer unter ihrem Gewand hervor, mit dem sie sich den Weg frei fächert. Sie schaut kurz zurück zu Nachtschleicher.
„Kommst du?"
„Ja, doch!", hallt es nur mürrisch zurück. Er geht einen Schritt schneller und bevor Luna die Tür los lässt, huscht er hinein. Er stolpert und fängt fasst an die Treppenstufen herunterzustürzen, da hält ihn Luna noch schnell fest und zieht ihn zurück, bevor er die tausenden Stufen fällt.
„Wie du siehst, wir haben jetzt etwas Zeit, während wir hinunterlaufen. Da kann ich dir alles in Ruhe erklären." Er nickt vorsichtig, während er in den Abgrund herab schielt, den die blauen Dämpfe herauf kriechen.
„Sol", fängt Luna an, „ist mein Bruder. Her hat all das hier geschaffen."
„Das Schloss?"
„Nein, diese Welt. Er wollte sie einst als Experiment haben, doch als er sah, wie gut sich das Leben hier entwickelt, wollte er allen das Leben so stark erschweren, um zu sehen, inwiefern ein Lebewesen belastbar ist. Ich konnte es aber nicht zu lassen. Was wenn sie fühlen! rief ich ihm entgegen als er das nächste Unheil säen wollte, Was soll denn dann sein? fragte er nur und er griff in seine Tasche. Bevor er auch nur ein weiteres Fünkchen Unheil streuen konnte, schlug ich ihm mit einem herumstehend Brett auf den Hinterkopf. Er fiel direkt in Ohnmacht und um ihn dort zu halten, braute ich einen Trank, der ihn für tausend Jahre in einer Schlafrealität hält. Die tausend Jahre sind bald um."
Sie hält Nachtschleicher eine leere Sanduhr entgegen.
„Aber laut dieser Uhr sind sie doch schon herum."
„Nein", antwortete sie, „Sie sind erst dann rum, wenn die Sonne aufgeht. Den Trank erneut zu brauen dauert eine halbe Nacht, ihm diesen aber zu verabreichen die andere Hälfte."
„Und nun?", fragte Nachtschleicher, während sie die letzten Stufen herunter gehen.
Unten angekommen antwortet Luna ihm erst: „Also jetzt. Jetzt brauen wir." Hinter Nachtschleicher kam Pampelu die Treppe herunter getapst mit einer weißen Rose im Schnäuzchen.

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